„In der
Nacht vom 18./19. Dezember brachen die Russen beim Nachbarregiment mit
gewaltsamem Gegenangriff durch. Die 12. Kompagnie führte der Unteroffizier
Müller aus Besigheim; sie ließ den Feind nicht heran. Doch plötzlich sah sich
Müller in Flanke und Rücken seiner Kompagnie bedroht. Kutz entschlossen ließ er
kehrt machen und schlug sich durch energisches Draufgehen durch, den Russen
hierbei noch schwere Verluste zufügend. Kaum von neuem in Stellung, benützte er
die erste Gelegenheit, am andern Tag in flottem Gegenangriff wieder seine alte
Stellung zu erobern. Von der 9. Kompagnie sehen wir an anderer Stelle den
Musketier Frenz, als er eben der Bzura zuspringen wollte, mit schwerem Arm- und
Brustschuß liegen. Das feindliche Feuer nicht achtend, eilt ihm der Gefreite
Brodowsky derselben Kompagnie zu Hilfe, kniend verbindet er ihn und zieht ihn
mit Unterstützung eines Kameraden bald kriechend, bald kniend vorwärts in eine
Mulde, bis sie glücklich in Deckung gelangen und mit Einbruch der Dunkelheit den
Verwundeten bergen können.
In der
wackeren M.-G.-K. befand sich der Unteroffizier Laub aus Pflugfelden. Er sieht,
wie vier Russen ein M.-G. zurückziehen. Auf die Frage des Kompagnieführers:
„wer holt es?“ springt er mit seinem Kameraden Wolfangel aus Ettingen und
Ziegler aus Pflugfelden vor, worauf die Russen, die aufgepflanzten
Seitengewehre sehend, flüchten. Nicht weit vom feindlichen Graben kommen sie
glücklich in den Besitz des M.-G. und schaffen es bei Dunkelheit, hocherfreut
über ihre Tat, zurück.
Ein
andermal gelang es der russischen Übermacht – es war das einzige Mal – ein
M.-G. zu entreißen. Alle Schützen hatten ihre Pistolenmunition verschossen. Der
Schütze Gaiser wird erstochen, Baur I verwundet, Böhringer durch einen Stich in
die Hand kampfunfähig, die andern überwältigt, an Händen und Beinen gepackt und
gefangen. Aber nicht lange! Nicht umsonst hat der Kompagnieführer im Frieden
seine Leute zu schnellem Entschluß erzogen; sie benützen den ersten Moment,
sich durchzuschlagen und kehren wohlbehalten zurück. Dem braven Schnaufer aus
Eglosheim und Unteroffizier Maier aus Backnang war es inzwischen gelungen, das
zweite Gewehr zu retten, sogar den liegengebliebenen Dampfablaßschlauch aus dem
schon vom Feind besetzten Graben wiederzuholen.
Wieder an
anderer Stelle griffen die Russen am 19. früh morgens unsere Gräben an und
begannen sie teilweise schon mit Erfolg aufzurollen. Während noch in der Front
gekämpft wurde, erscheint der Feind im Rücken. Da sehen wir Teile der 6.
Kompagnie aus dem Graben heraus im Kampf, mit dem Bajonett sich den Weg
schaffend, um sich aus der unglücklichen Lage zu befreien. Inzwischen hat ein
Reservezug dieser Kompagnie einen Keil gebildet, um die Anstürmenden blutig
abzuweisen. Mutig steht ein Unteroffizier – sein Name ist nicht mehr bekannt –
auf einem Sandhügel vor der Artillerie und sammelt mit mächtiger Stimme seine
Kameraden, mit ihnen eine schützende Mauer für die Artillerie bildend. Mehrere
Salven und starkes Feuer genügte zur eiligen Flucht der Feinde.“
aus: „Das Infanterie-Regiment „Alt Württemberg“ (3. Württ.)
Nr. 121 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921
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