Aus einem
Brief des Leutnant d. R. Alfred Roth (II./IR 125):
„Hier
steht ein Posten, dort hat ein Mann günstiges Schußfeld und feuert, dieser ißt,
jener schreibt, der putzt sein Gewehr oder seine Sachen, einer sinnt in stillen
Gedanken nach der Heimat, ein anderer beobachtet den Einschlag der eigenen oder
feindlichen Donnerkeile, manche tauschen ihre Meinungen und Eindrücke aus oder
erzählen sich von ihren seitherigen Erlebnissen – und über allem dieses
nervenzerrütternde Getöse der Schlacht, das Donnern der schweren und leichten
Geschütze, daß der Boden dröhnt und manche der kunstvoll in den leider nur zu
leichten Sand gebauten Höhlen umfällt oder stark erschüttert wird. Gewaschen
hat sich von uns seit sieben Tagen keiner mehr, heute früh aber haben wir mit
Hilfe der Liebesgaben unsere Wäsche völlig gewechselt, was wohlige Gefühle
weckt. Unter den Liebesgaben befanden sich auch Zigarren. Auf je 10 Mann
entfallen – drei. Wie sie verteilen? Da meint einer: immer drei kriegen eine,
der eine zieht, der andere schnappt nach dem Rauch, der dritte spuckt aus, der
zehnte ist Nichtraucher.
Meine
Ernährung besteht des Morgens aus einigen Schlucken kalten Tees oder Kaffees,
des abends aus kalter Suppe. Das Essen muß aus den Feldküchen kilometerweit
herangeholt werden, wobei fast stets einige Leute abgeschossen werden. Mein
Schokoladevorrat ist ausgegangen, Post bekommen wir nur spärlich. In einer
elenden Hütte entdeckten wir einen Kübel Sauerkraut, das uns roh und kalt ganz
herrlich schmeckte.
Des
Einschwärmen unserer Verstärkungen und das Überbringen von Meldungen und
Befehlen war bis jetzt ungeheuer verlustreich für uns, so daß wir nur noch bei
Dunkelheit und des Nachts es vollziehen. Ein Mann wurde beim Strohholen
abgeschossen. Zahlreiche Tote konnten wir noch nicht begraben, weil die Gefahr
dabei zu groß ist. Unteroffizier Fleck der 8. Kompagnie, ein sehr tüchtiger
Soldat, von seinen Leuten sehr geachtet, weil für sie besorgt, will sich nicht
davon abbringen lassen, einen gefallenen Musketier zu beerdigen. Während er das
Grab auswirft, wird er heftig beschossen. Eben ist er fertig und will den
Gefallenen in das Grab legen, da trifft ihn selbst das tödliche Blei. Fleck
fällt in das von ihm selbst gegrabene Grab. Ehre dem Braven!“
aus: „Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König
von Preußen“ (7. Württ.) Nr. 125 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1923
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