„Der 20.
Februar. Major Breyer, der Führer unseres IV. Bataillons übernahm 4 Uhr morgens
den Barrenkopfabschnitt an stelle des gefallenen bayrischen Kommandeurs, des
Oberstleutnants Zenker. Wurden Barren- und Kleinkopf heute nicht genommen, so
war die Schlacht im Gebiet nördlich Münster zu unsren Ungunsten entschieden.
Nachdem ein Versuch des I.-R. 23 zusammen mit 14. und 15./L. 121, sich des
Barrenkopfes in der Dunkelheit durch Handstreich zu bemächtigen, an der Wachsamkeit
und Bereitschaft der Franzosen gescheitert war, entschloß sich die Division zu
neuer Artillerievorbereitung der Angriffe, obschon bereits Mangel an Munition
drohte; der Verbrauch namentlich an schweren Kalibern, überstieg alle
Berechnungen. Die Infanterie mußte das Feld freimachen, das heißt: über die
Hänge zurückgenommen werden, die tags zuvor mühsam genug erklommen worden
waren.
Am
Barrenkopf führte der Sturm kurz nach Mittag unter bedeutenden Verlusten beider
Teile zum Ziel, und unsere Batterien verlegten ihr Feuer auf den Combe- und den
Großhörnleskopf vor, die als nächste an die Reihe kommen sollten. Denn das ist
das Höllische dieses Geländes: hinter jeder Höhe wachsen dem Grenzkamm zu neue,
noch stattlichere Erhebungen auf, welche die vorhergehenden irgendwie
beherrschen und infolgedessen genommen werden müssen. Auf dem Kleinkopf waren
über Nacht neue Drahthindernisse entstanden. In der Morgendämmerung
beobachteten und beschossen wir Alpenjägerzuzug auf dem Weg zur Kuppe; der
Feind verstärkte sich. Dann hämmerten unsere Granaten wieder auf und Vor den
Gipfel; leider schossen einige Batterien hartnäckig zu kurz in unsere eigenen
Reihen und ruhten nicht, bis sie die Infanterie den Hang hinuntergedrängt und
Major Föttinger, der Artilleriekommandeur, zum Abbruch des Vorbereitungsfeuers
gezwungen hatten. Batterie nach Batterie durfte aufs neue beginnen und das
Kurzschießen wurde ausgemerzt. 11 Uhr morgens gingen die Kompagnien dicht
hinter dem aufs höchste verdichteten Artilleriefeuerschleier wieder vor, die
Bayern von Osten, II./L. 121, das jetzt seine 6. Kompagnie zurückerhalten
hatte, von Südosten; rote Flaggen markierten für die Geschütze hinten das
Vorrücken unseres Bataillons, die von Freiwilligen über den kahlen Südhang vorgetragen
uns toll beschossen wurden, denn die Bedeutung dieser Signaltücher konnte der
Feind sich zusammenreimen. Nach einer bösen Kampfstunde hatte das II. Bataillon
die vordersten Anlagen vor der Kuppe in seinen Besitz gebracht, während die
Bayern rechts neben ihm noch nicht so weit waren. Frontal und aus westlicher
Richtung flankierend wetterte das französische Feuer gegen diese Fortschritte,
während unsere Artillerie sich wegen der zu großen Annäherung der Schützen an
den frontalen Feind jetzt auf das Niederhalten der Flankierungsanlagen
beschränken mußte; sie leistete hierin, was man nur verlangen konnte. Am besten
bei Laune zeigte sich allerwege der bayrische Artilleriehauptmann Pickl, der
alles sah und beschoß, mitunter vier verschiedene Gegner auf einmal mit seinen
vier 15-cm-Haubitzen, jedes Rohr nach einer anderen Richtung gestellt, und
zwischendurch noch Zeit für ein munteres Wort in den Fernsprecher fand.
Abschnittsweise drängte dann auch das II./R. 23 von Osten heraufkommend die
Franzosen zurück. Pulverdampf und Rauch hüllte die Kuppe ein, in dem wüster
Gefechtslärm brodelte; immer enger schloß sich unsere Klammer und zuletzt waren
die letzten Gräben und Stützunkte der Kuppe eingeschlossen. „Geballte Ladungen,
Handgranaten, schnell!“ Und Abschnitt v. Sprösser ließ sie im Laufschritt aus
dem nächsten Pionierlager hinaufschaffen. Da der Feind sich nicht ergab, wurde
er mit Sprengmitteln still gemacht; einiges flog in die Luft. Fertig! 3 Uhr
nachmittags nahmen II./L. 121 und die Bayern zu gleicher Zeit von der obersten Haube
des Berges Besitz. „Grad‘ wie auf Schießplatz,“ dozierte zwischen Wehrmännern
und Kriegsfreiwilligen ein bayrischer Leutnant auf der Kuppe zum
Verfolgungsfeuer, „ruhig hinhalt’n a Handbreit unter die Haxen, sonst treffen’s
nix!“ Gräben und Hindernisse entstanden in wenigen Stunden auf der
feindwärtigen Seite des Kopfes, der bis zum
Abend vorläufig eingerichtet war.
Links
daneben am Hörnleskopf war lebhaft geschanzt worden; zwischendurch bekam unser
III. Bataillon hier wuchtige Artilleriefeuerüberfälle. Nachdem es Flanke und
Rücken mit dem Kleinkopf gedeckt wußte, fühlte das III. mit
Offizierspatrouillen vor; die drei wie Schwalbennester an den Steinhängen klebenden
Flecken Hohrodberg wurden durchsucht, wobei aus den Kellern allerlei Alpenjäger
ans Licht zu ziehen waren. Westlich der Linie „am Wald“–Ostseite des Eichwaldes
(Höhe 795) wurde der Feind in einer rückwärtigen, ausgebauten Stellung
erkundet; weiter südlich fand das Landsturm-Infanteriebataillon Karlsruhe die
nächsten Franzosen im Wäldchen westlich Hohrod am Osthang der „Katzensteine“.
Hier waren Nüsse zu knacken, das wußten wir, denn an den Katzensteinen war von
jeher nachdrücklich gebaut worden. Die Dunkelheit schob weiteren Unternehmungen
einen Riegel vor.“
aus: „Das Württembergische Landw.-Infanterie-Regiment
Nr. 121 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1925
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