„Am 11.
wurde mit dem Bau von zwei Minenschächten begonnen und gleichzeitig zwischen
beiden eine offene Sappe vorgetrieben, um den Gegner über das Miniergeräusch zu
täuschen. Der tapfere Unteroffizier Laurer der 1. Kompagnie, der mit einer
Meßleine die Entfernung vom feindlichen Graben genau feststellen wollte, fiel
leider bei diesem Unternehmen. Fünf Freiwillige eilten ihm zu Hilfe, mußten
aber, nachdem drei von ihnen verwundet waren, unverrichteter Dinge wieder
umkehren.
Im alten
Hauptgraben wurden indessen Sturmleitern angebracht und Depots von
Handgranaten, Sandsäcken und Stahlschilden angelegt. Die Mitwirkung der
Artillerie wurde sichergestellt und die Sturmtruppe hinter der Front vorgeübt.
Am 16.
nachmittags erhielt die Stellung rechts von der Schneise zum erstenmal
Artilleriefeuer. Hochgehaltene Strohpuppen mit Helmen bekamen Infanteriefeuer
aus dem feindlichen Graben; Beweis, daß der Gegner diesen nicht geräumt hatte.
Am 19.
abends waren die Minenschächte nach manchen Hemmungen durch Grundwasser endlich
bis unter den feindlichen Vorgraben geführt, am 20. wurden sie mit je 4½ Zentner
Westphalit geladen und verdämmt und zwei geballte Ladungen mit elektrischer
Zündung etwa 100 m südlich der Sprengstellen bei Nacht auf die feindliche
Brustwehr gebracht. Der Sturm war auf den 21. festgesetzt.
Die
Einzelanordnungen für den Sturm wurden durch den Abschnittskommandeur, Major
Blezinger, in mustergültiger weise getroffen, während die technische Leitung in
den Händen des stets bewährten Leutnants Busch lag, der für seine hiebei
bewiesene Umsicht und Tatkraft später mit einem württembergischen Orden
ausgezeichnet wurde. Aus 60 freiwilligen, zum großen Teil von der 7. Kompagnie,
wurden drei Sturmtrupps gebildet. Den rechten Trupp führte Sergeant Steiner,
den mittleren Offizierstellvertreter Carle, den linken Offizierstellvertreter
Holz, alle drei ebenfalls von der 7. Kompagnie (Küffner); jedem Sturmtrupp
waren fünf Pioniere beigegeben.
Als am
21. – einem Sonntag – der Tag zu grauen begann, standen die drei Trupps im
Hauptgraben des rechten Flügels bereit, ebenda der Bataillonsstab und in einem
kleinen Unterstand ein Fernsprechtrupp und Leutnant d. R. Busch bei seinen
Zündleitungen, die für den Fall eines Versagens doppelt gelegt waren. Beide
Bereitschaftskompagnien (9. und 12.) waren in den dahinterliegenden Gräben
untergebracht; die Regimentsreserve (10. und 11.) unter dem Regimentskommandeur
stand in den Gehöften nördlich Basseville-Cabt. bereit. Punkt 6.50 Uhr wurde,
wie befohlen, gezündet, und schon im nächsten Augenblick ein gewaltiges
Aufbrüllen und Dröhnen, der Erdböden schwankt, eine mächtige dunkle Wolke
steigt empor, mit Krachen und Klatschen stürzen die emporgeschleuderten
Erdmassen mit Baumstämmen, Ästen und Leichen wieder zu Boden; rollendes
Infanterie- und Artilleriefeuer setzt ein und hinein in diese Trümmerwelt
werfen sich die unverzagten Kämpfer.
Durch die
Sprengung waren mitten in der feindlichen Vorstellung zwei Trichter entstanden,
der eine 25, der andere 18 m im Durchmesser bei 5–6 m Tiefe.
Alle drei
Stoßtrupps, gefolgt von Abteilungen mit Sandsäcken, Stahlschilden und
Handgranaten in Säcken, gelangten in den feindlichen Vorgraben. Ein kurzer
Kampf Mann gegen Mann, dann geht’s dem Hauptgraben zu. Der Gruppe Steiner
schlägt jedoch in Front und rechter Flanke starkes Feuer entgegen; ein weiteres
Vorgehen ist unmöglich; sie muß sich darauf beschränken, den rechten Trichter
zu besetzen und zu halten. Carle und Holz erreichen unterdessen den
Hauptgraben, räumen mit der Besatzung auf, soweit sie nicht geflohen ist und im
Zurückgehen schwere Verluste erleidet. Dann wendet sich Holz nach links, um ein
möglichst großes Stück des feindlichen Grabens in die Hand zu bekommen.
M.-G.-Feuer setzt dem Vordringen ein Ziel. Leider fiel der tapfere Führer,
Offizierstellvertreter Holz, nachdem er seine Aufgabe glänzend gelöst.
Der
eroberte Graben (etwa 150 m lang) wird nun nach rechts und links abgedämmt und
durch die Arbeitskolonnen zur Verteidigung eingerichtet. Und schon eilen, wie
gerufen, die Unterstützungen herbei – zwei Züge der 7. ein Zug der 9. Kompagnie
–, gerade recht, um den ersten feindlichen Gegenstoß (7.25 Uhr vorm.) mit
großen Verlusten für den Gegner abzuweisen. Alles geht wie am Schnürchen; aber
auch hier tritt ein schwerer Verlust ein: Hauptmann Miller von der 2.
Ingenieur-Inspektion, der prächtige Führer der 9. Kompagnie, der bei uns eine
seinem Wunsch nach Teilnahme am Kampf entsprechende Betätigung gefunden hatte,
fiel durch Kopfschuß. Er war einer der Unsrigen geworden und wird bei uns
weiterleben.
9.20 Uhr
erfolgte der zweite, 11.15 Uhr der dritte Gegenstoß des Feindes. Trotzdem sie
durch wirkungsvolles Minenwerferfeuer vorbereitet wurden, brachen sie in dem
Feuer der Grabenbesatzung zusammen. Die eroberte Stellung war fest in unserer
Hand. Die Verbindungsgräben waren bis Mittag bereits so weit gefördert, daß
Verwundete und Tote zurückgebracht werden konnten. Unsere Verluste betrugen 20
Tote, 50 Verwundete. Die Verluste des Gegners wurden auf 200 bis 250 Tote und
Schwerverwundete geschätzt; viele waren in ihren Unterständen verschüttet
worden. Gefangene wurden nur wenige gemacht: 1 Offizier, 5 Mann vom 16.
Queen-Lanciers-Regiment und 8 Mann der 8. Kompagnie 77. franz.
Linien-Regiments. Unser Angriff war gerade auf die Naht zwischen Franzosen
(rechts) und Engländern (links) gestoßen. Die englischen Gefangenen machten
einen vortrefflichen militärischen Eindruck, was von den Franzosen, meist
ältere Leute, nicht gesagt werden konnte.
Es dürfte
von Interesse sein, auch die gegnerische Seite über unseren Minenangriff zu
hören. Leutnant Herbert G. Archer berichtet in der „Times“:
Am 20. Februar erhielt unser Regiment den Befehl, Schützengräben nur 20 Yards von der deutschen Stellung zu besetzen. Ich wurde nebst anderen Offizieren hierfür bestimmt; aber Leutnant Patrick, der bisher noch keine Erfahrung im Schützengrabendienst hatte, bat so inständig, einen Coup gegen die Deutschen machen zu dürfen, daß er vom Regimentskommandeur an meiner Stelle dafür bestimmt wurde. Ich übernahm seinen Dienst, nach den Pferden zu sehen, die in einiger Entfernung hinter der Front untergebracht waren. Nur diesem Umstand verdanke ich meine Rettung; denn als der Schützengraben in die Höhe flog, wurde Mr. Patrick schwer verwundet. Der Schützengraben, den wir Befehl erhielten zu besetzen, scheint vom Feind unterminiert worden zu sein; aber die hinterhältigen Halunken ließen unsere Leute den Schützengraben volle 24 Stunden unbehelligt besetzen, ehe sie sprengten, wodurch sie möglichst viele von uns hineinbekamen. Am 21. bei Tagesanbruch gab es eine furchtbare Explosion, die 5 unserer Offiziere sofort tötete (ein anderer ist seither gestorben), 5 andere verwundete und eine große Anzahl von Unteroffizieren und Mannschaften außer Gefecht setzte. Der Schützengraben war vollständig verschüttet. Unmittelbar nach der Explosion griffen die Deutschen uns an. Unsere Reserven, denen ich zugeteilt war, wurden eingesetzt und halfen den armen Teufeln, die übrig geblieben waren, den Feind zurückzutreiben, was mit beträchtlichen Verlusten geschah. Wir mußten uns dann erneut eingraben und waren im Gefecht für weitere 48 Stunden, ehe wir abgelöst wurden. Wir bargen eine Anzahl von Toten und Verwundeten, aber 2 Offiziere und 5 Mann fehlten uns noch immer. Unser Regiment ist außerordentlich schwer betroffen worden, insbesondere in bezug auf Offiziere.“
aus: „Das 8. Württembergische
Infanterie-Regiment Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden im Weltkrieg 1914-1918“,
Stuttgart 1929
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