„Am 22. April
blies das XXIII. und XXVI. Reserve-Korps zum erstenmal an der Westfront Gas
gegen die feindlichen Linien.
Herzog Albrecht
gab das Zeichen zum Angriff, als der Wind von den britischen Inseln herkam und
Franzosen und Kanadiern ins Gesicht wehte. Im Morgengrauen eröffneten die
deutschen Batterien das Feuer und um fünf Uhr zischte das Gas aus den Röhren.
Die grünen Schwaden krochen in die feindlichen Gräben, strichen durch die
Batteriestellungen und wallten bis Boesinghe. Überall verbreiteten sie
taumelndes Entsetzen. Vom Tod dahingerafft lagen in den Gräben die Verteidiger
und hinter den Geschützen die Kanoniere, Von panischem Schrecken erfaßt, wichen
die Franzosen über den Kanal nach Süden und gaben Steenstrate, Het Sas und
Pilkem preis. Auch Langemark fiel in deutsche Hand.
Die linke Flanke
der Kanadier lag in einer Tiefe von drei Kilometer aufgerissen. Die Artillerie
mußte mehr als fünfzig Geschütze stehen lassen, darunter die zweite Londoner
Batterie, welche in den vergangenen Wintermonaten den Houthulsterwald zu Kleinholz
zerschlagen hatte.
Nun griff Herzog
Albrecht nach links aus und packte die britische Hauptstellung südlich von
Wallemolen an. Teile der 54. Reserve-Division nisteten sich auf dem Kamm
östlich von Gravenstafel ein und trieben Kanadier, alt englisches Fußvolk und
abgesessene Gardereiter vor sich her.
Von der 54.
Reserve-Division waren daran beteiligt die Korps-Reserve bildenden Bataillone
der Regimenter 245, 246 und 247.
Es wurde das
Regiment von Hagendorff gebildet, bestehend aus III./245, II./247 und 3., 4.
und 9. Kompagnie 246. Die Kompagnien von 246 standen unter dem Kommando von
Hauptmann Kölle. Die Abteilung Kölle rückte am 24. April 1915, 3 Uhr vormittags
aus der Fabrik Dadizeele nach Moorslede ab. Dort Formierung des Regiments von
Hagendorff als Korps-Reserve.
5.30 Uhr
nachmittags Abmarsch des Regiments, Reihenfolge 245, 247, 246 über Paschendaele
nach Gehöft etwa einen Kilometer südlich von Spriet. Hier wurde aus den
Feldküchen verpflegt und die Truppe untergebracht. Am 25. April 1915, 4 Uhr
vormittags, war das Regiment Hagendorff zum Angriff am Paddelbeek in südlicher
Richtung angesetzt.
9.30 Uhr
vormittags wurde der Angriffsbefehl jedoch zurückgezogen. Das Regiment
marschierte 10.30 Uhr vormittags nach Poelkapelle. Gegen Abend wurde der Gegner
auf der ganzen Poelkapelle-Front angegriffen und aus seiner Stellung gedrängt.
Das Bataillon Kölle wurde hinter den Abschnitt westlich von Wallemolen
vorgezogen. Der in südwestlicher wie südöstlicher Richtung zurückweichende
Feind, durch seine Reserven verstärkt,
hielt den weiteren Ansturm der deutschen Angriffswellen auf. Das aus
zwei Richtungen flankierende englische Feuer führte anscheinend für die
Angreifer zu Unklarheiten über die Angriffsrichtung und im Zusammenhang damit
entstanden größere Lücken in der Front. In dieser Lage wurde das Bataillon
Kölle zur Aufklärung und Verstärkung der deutschen Linien am Abend des 25.
April eingesetzt.
7.30 Uhr
nachmittags ging die 3. Kompagnie unter Oberleutnant Irion in südlicher
Richtung gegen die Höhen der Straße Mosselmarkt-Fortuin vor. Dorthin hatte sich
der Gegner zurückgezogen. Heftiges Maschinengewehr- und Infanteriefeuer schlug
den vorgehenden Schützenlinien entgegen.
Die 4. Kompagnie
schwärmte mit einem Zug in die Schützenlinie ein und verlängerte den linken
Flügel der 3. Kompagnie. Mit Einbruch der Dunkelheit drang dieser Zug in die
feindliche Hauptstellung ein und besetzte das davor liegende Gehöft A. Die 3.
Kompagnie war inzwischen etwa 800 Meter über die feindliche Hauptstellung
hinausgestoßen. 400 Meter nördlich des Straßenkreuzes Buit nahm sie Front nach
Südosten. Starkes Maschinengewehrfeuer von vorne und aus der rechten Flanke
machte ein weiteres Vorgehen unmöglich.
Die beiden
restlichen Züge der 4. sowie der 9. Kompagnie blieben in Reserve.
Während der Nacht
lag die 3. Kompagnie innerhalb der deutschen Linien am weitesten vorne, wurde
von zwei Seiten befeuert und hatte große Schwierigkeiten, den Anschluß aufrecht
zu erhalten. Am 26. April lief von ihr die Meldung ein, daß infolge des starken
Nebels und der herrschenden Dunkelheit die Verbindung nach rechts (R.I.R. 247)
und nach links (R.I.R. 245) abzureißen drohe. Daraufhin ging 2.30 Uhr
vormittags die 9. Kompagnie zur Verstärkung vor.
Nach Klärung der
Lage durch Patrouillen nahm die 3. Kompagnie den vom Gegner besetzten Höhenkamm
nebst einigen Gehöften. Es kam hierbei zu einem kurzen Handgemenge, wobei der
Gegner etwa siebzig Tote und Verwundete verlor. Ein kanadischer Offizier und
zwei Mann wurden gefangen genommen. Die neu erreichte Linie wurde sofort
ausgebaut. Sie bot auf dem beherrschenden Höhenkamm ein ausgezeichnetes
Schußfeld bis über die Straße Zonnebeke-Langemark hinaus. Die 9. Kompagnie war
inzwischen gleichfalls bis zur Höhe vorgedrungen. Einen Versuch des Gegners,
die verlorenen Gräben wieder zu besetzen, wies sie zurück. Auch durch die
tapferen Kämpfer der 9. Kompagnie wurden dem Gegner große Verluste zugefügt.“
aus:
„Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 246“ Stuttgart, 1931
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