Donnerstag, 9. April 2015

9. April 1915


„Anfang April trat eine merkliche Änderung ein. Nicht nur äußerlich begann die graue Natur sich mit frischem Grün und leuchtendem Gelb der Rübenfelder zu beleben. Das feindliche Artilleriefeuer, dessen Zeiten und Ziele man gut kannte, änderte sich. Statt der heftig krachenden französischen Granaten kamen englische Aufschlagschrapnells. Und nachmittags schossen sich schwere Batterien, die man seit Monaten nicht mehr gehört hatte, auf Terhand, Becelaere und die kleinen Waldstücke im Zwischengelände ein. Bald entdeckte man denn auch im feindlichen Graben die englischen Tellermützen. Anfangs benahmen sich die neuen Gegner recht vorwitzig. Sie versuchten das Handgranatenwerfen wieder einzuführen. Als aber die doppelte Antwort kam, wurden sie schnell bescheiden und bauten an ihrem Graben auch Drahtnetze auf. Eines Tages warfen sie einen Zettel herüber mit der Inschrift: „Sing the song of hate, we have not heard it.“ Wir warfen einen Zettel zurück mit den Worten: „Mit unseren Gewehren.“

Schon am nächsten Tage wurde das wahrgemacht. Der Gefreite Reiner kroch bei hellichtem Tage an den feindlichen Graben, band an dem Schutznetz ein Seil an, Kam glücklich zurück und zog dann mit Hilfe von andern die ganze Drahtstellage der Engländer um. Diese, im Glauben ein Angriff käme, sprangen auf die Brustwehr. Aber die ganze Hexenkesselbesatzung hatte im Anschlag gelegen und fand nun lohnende Ziele.

Der vor dem linken Teil der Stellung liegende „Gockelhof“ war auch ein beliebtes Ziel für Patrouillen. Bei einem allzu kühnen Vorstoß am hellen Tag am 9. April fand leider Leutnant Wagenhäuser den Tod.“

aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 247 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1923

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