„Unsere Posten und
Patrouillen bemerkten am 4. Mai kurz vor Tagesanbruch starke Bewegung im
feindlichen Graben. Kurz darauf wurde festgestellt, daß der Gegner im Begriff
stand, aus seiner Stellung abzuziehen. Unverzüglich wurde die Artillerie von
den gemachten Wahrnehmungen verständigt. Das in Stellung befindliche III.
Bataillon unter Major Goez nahm sofort die Verfolgung des Gegners auf. Richtung
und Ziel des Vorgehens waren schon seit Tagen bekannt. Trotz der Verluste durch
die feindliche Artillerie stießen die Kompagnien doch bis zum Nordwestrand
unseres Waldes vor. Hier fanden sie sich jedoch einer stark befestigten und gut
ausgebauten Stellung auf der Doppelhöhe 60 gegenüber, an deren Angriff mit den
vorhandenen Mitteln nicht zu denken war; sie gruben sich daher ein. Das
Zurückbringen der Verwundeten auf der vom Feinde eingesehenen Schneise brachte
auch den wackeren Krankenträgern Verluste.
Ein Blick in die
verlassene englische Stellung zeigte, daß sie zwar taktisch richtig angelegt
war, sich aber im Ausbau bei weitem nicht mit der unsrigen messen konnte. Nicht
weniger als 17 Minenstollen waren gegen unseren rechten Flügel vorgetrieben.
Große Mengen von Infanteriemunition, Handgranaten, Ausrüstungsstücken und
Konserven hatten die Engländer zurückgelassen. Als besondere Merkwürdigkeit
fand sich ein Sack mit stählernen Handschellen vor, die ihrer Stärke nach zum
Fesseln eines Elefanten genügt hätten. Einzelne scheinbar zufällig liegen
gebliebene Gegenstände, wie z. B. Ferngläser, waren durch Draht mit einem
Sprengkörper verbunden, der bei Aufheben des Gegenstandes explodierte und dem
Finder übel mitspielte. Nach aufgefundenen Papieren hatte die Besatzung dem 1.
und 2. Cambridgeshires-Regiment und den Royal-Irish-Fusiliers angehört.
Im Zwischengelände
lagen noch 173 unbeerdigte Leichen vom November 1914 her, darunter 53 von
unserem Regiment. Das Begraben dieser Leichen war eine harte Arbeit, grauenhaft
das Abnehmen der Erkennungsmarken und Bergen des Privatbesitzes. Es fand sich
jedoch ein wackerer Mann, der auch diese Arbeit nicht scheute. Ein anderer
126er suchte und fand die Leiche seines am 2. November gebliebenen Bruders. In
einer Zeltbahn trug er die Reste nach unserem Waldfriedhof und bestattete sie
dort.“
aus:
„Das 8. Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 126 „Großherzog Friedrich von
Baden“ im Weltkrieg 1914-1918ׅ, Stuttgart 1929
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