Donnerstag, 18. Juni 2015

18. Juni 1915


„Reserve 120 ist am ersten Angriffstag so bedenklich erschöpft, daß der Kommandeur vor dem Feindessturm um Ablösung  vorstellig werden muß. Dennoch hält das Regiment den Sturm im Labyrinth, im „Ulmer Weg“ aus, den schwersten des Krieges bisher. Das I. Bataillon vorn, dann das II., dann das III.
Vor der Front des Regiments hat der Angreifer überhaupt keinen Erfolg. An einzelnen Knoten ist das Handgemenge wohl so ernst und dicht geworden, daß man den Führer der 2. Kompagnie, Leutnant Winter, mit drei Soldaten zusammen tot aufeinander-gestürzt findet.
Dort, wo es gilt, ein Loch zwischen dem Nachbarregiment zu stopfen, wachen der Unteroffizier Aspacher und seine Gruppe. Die Wellen der schwarzen und weißen Franzosen schieben sich davor hin und her. Der Gefreite Decker – jeder wird im brennenden Augenblick zum Befehlshaber – schreit: „Kameraden, Schnellfeuer!“ Hurra, Handgranaten, Gewehrsalven schmettern, krachen, klatschen durcheinander. Prächtige Ziele, nie kommt das Korn aus dem Franzosenrock heraus. Vom Artilleriestand 116 sieht Leutnant d. R. Geißmayer die Infanterie ihr Feuer in die Sturmlinien abgeben, offen auf dem Graben stehend: Wie Wild vom Hochstand aus werden die anrennenden Feinde abgeschossen.
Die schier ganz aufgeriebene 4. Kompagnie wird in der Nacht durch die 5. abgelöst.
Auch diese hält gegen breite Angriffe. Der „Ulmer Weg“ bleibt in den Händen des Regiments. Doch nebenan dringt der Feind durch den Talweg ein und setzt sich fest. In der übernächsten Nacht wird er unter Mithilfe der Achten, geführt von Leutnant d. R. Gültig, wieder hinausgejagt.
Das II. Bataillon verlor am 18. Juni auch seinen vortrefflichen Führer, Hauptmann Döhn fiel zusammen mit dem Leutnant d. R. Schönleber.“


aus: „Schwäbische Kunde aus dem großen Krieg“, 4. Buch, Stuttgart 1921

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