„Die Abteilungen
waren am 22. Juni, von 3 Uhr vormittags feuerbereit. Gegen Mittag kam die
Nachricht, daß die befestigte Stadt Lemberg von den verbündeten Truppen
genommen sei. Gleichzeitig kam der Befehl zum Vormarsch über Kulikow und
Zwertow auf Zoltance. In Kulikow lag gleich am Westeingang ein großer
Judenfriedhof. Die Stadt bestand größtenteils aus ärmlichen Strohhütten der
russophilen Ruthenen. Um den Markt waren die mehrstockigen Steinhäuser der
jüdischen Bevölkerung fast vollständig ausgebrannt. Zwei Kirchen standen in
ihrer üppigen Größe in krassem Gegensatz zu der Unterkunft der christlichen
Bevölkerung. Nach Mitteilung eines polnischen Verwalters hatte die Bevölkerung
nach einer umfangreichen Plünderung die Gebäude der Juden angesteckt. Jetzt
begrüßte die bedrückte Judenschaft die Deutschen unter Anheben des Käppchens
mit dem Ruf: „Hoch Deutschland!“ und „Winschen Glick, meine Herren!“ Als die
Division Zwertow erreichte, wurde der Westrand von Zoltance von gegnerischen
Schützen besetzt gemeldet. Die II. Abteilung wurde 2 km westlich Zwertow am
Waldrand entlang vorgezogen und ging sofort zwischen Zwertow und dem Wald Las
Zastaje in Stellung. Die Beobachtung wurde an den Nordrand des Waldes Las
Zastaje vorgeschoben. Die feindlichen Schützenlöcher wurden noch vor Dunkelheit
unter lebhaftes Feuer genommen. Die I. Abteilung wurde westlich Zwertow
bereitgestellt. Die eigene Infanterie kam am Abend nicht mehr zum Sturm. Die
II. Abteilung war von 6 Uhr an feuerbereit; die I. Abteilung hatte mit
Tagesanbruch die Höhe südlich des Waldes Las Zastaje erkundet und die 1.
Batterie dem Res.-Inf.-Regt, das durch den Wald in Richtung Zahajka vorging,
zur Unmittelbaren Unterstützung des Infanterieangriffs zugeteilt. Die 1.
Batterie ging 11 Uhr vormittags auf der Höhe südlich des Waldes östlich Las
Zastaje in Stellung. Die 2. und 3. Batterie wurden vorläufig bereit gestellt.
Da die Beobachtungsverhältnisse wegen Nebels ungünstig waren, begann die
planmäßige Beschießung der feindlichen Stellungen erst 9.30 Uhr vormittags. Das
Feuer wurde entsprechend dem Vorgehen der eigenen Infanterie geregelt. Die I.
Abteilung nahm im Verlaufe des Gefechts Stellungswechsel auf Höhe Zahajka vor.
Der Sturm wurde besonders wirksam unterstützt durch einen Infanterie-Zug unter
Leutnant Trick, der von Höhe 373 direkt feuerte. Nach dem Gelingen des Sturms
wurde aus allen Rohren Verfolgungsfeuer auf den zurückflutenden Gegner
abgegeben. Etwa 2 Uhr nachmittags gingen die Abteilungen auf den nächsten Wegen
in beschleunigter Gangart auf Zoltance vor. Zum erstenmal waren die Russen in
gewöhnlichen Schützenlöchern ohne Hindernisse uns entgegengetreten; ihre
Verluste waren entsprechend: fast in jedem Schützenloch lag ein toter oder
verwundeter Russe, etwa 300 Gefangene wurden gemacht. Das Regiment hat über
1700 Schuß verfeuert
Zoltance brannte
noch an einigen Stellen, als die Batterien den Ort erreichten. Es machte den
Eindruck einer für die dortigen Verhältnisse überaus sauberen Stadt. In nur etwa
50 Häusern waren die Bewohner, austrophile Ruthenen, zurückgeblieben; der Rest
der Einwohnerschaft von 750 Häusern, war mit den Russen als „moskophil“
weggegangen. Die Stadt besaß eine ausnehmend schöne Kirche in byzantinischem
Geschmack. Die Division bildete die äußerste Spitze des Keils, der nördlich von
Lemberg vorgetrieben wurde. Mit dem Besitz von Zoltance wurde für den Gegner
die Bahn Lemberg – Kaminonka Struwilowa
unterbrochen. Entsprechend der Eigenart der Lage standen die Batterien um
Zoltance und waren nach Art des Igels nach verschieden Richtungen feuerbereit.
Der Einsatz der Artillerie spielte sich am 23. Juni folgendermaßen ab: Die 5.
Batterie ging südlich Zoltance mit Front nach Osten in Stellung und nahm einen
gegnerischen Schützengraben auf Höhe Kalezow unter Feuer, der nach kurzer
Beschießung vom Gegner geräumt wurde. Kurz darauf wurde die 4. Batterie neben
der 5. Batterie eingesetzt. Die I. Abteilung ging mit der 3. Batterie zuerst am
Nordrande von Zoltance in Stellung und feuerte entlang der nach Nordosten
führenden Straße und beschoß eine seitwärts trabende russische Batterie. Später
wurde auch die 1. und 2. Batterie gegen Klodno eingesetzt. 6.30 Uhr abends
erhielt die 6. Batterie den Befehl, auf Höhe Mobilka in Richtung nach Norden in
Stellung zu gehen. Sie bekam beim Auffahren starkes russisches Schrapnell- und
Granatfeuer von Norden und Osten. Für die Nacht wurde angeordnet, daß die Batterien
feuerbereit in ihren Stellungen verblieben. Der Ausdruck „Sperrfeuer“ war noch
unbekannt, im Prinzip wurde aber genau so verfahren, als ob Sperrfeuer
angeordnet gewesen wäre.“
aus:
„Das Württembergische Feldartillerie-Regiment König Karl (1. Württ.) Nr. 13 im
Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1928
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