„Endlich der 25.
Juni sollte der Tag des Angriffs werden. Während dem I. Bataillon die Aufgabe
zufiel, dem Feind die Murawkaschanze zu entreißen, hatte das III. Bataillon das
ganze Wäldchen von Kot und darüber hinaus in Besitz zu nehmen.
Von 9.30 Uhr
vormittags ab trat die Artillerie, verstärkt durch Minenwerfer, in Tätigkeit;
erst kamen die rückwärtigen Verbindungen, dann die Hauptangriffspunkte mit
anschließenden Gräben an die Reihe.
10 Uhr vormittags
– es war ein heißer Tag, wie am 12. Juni – traten, 300 bis 400 Meter vom Feind
entfernt, die vier Wellen des III. Bataillons: 1 Zug Pioniere 5. Kompagnie
Pionierbataillon 13 mit Handgranaten und Drahtscheren ausgerüstet, dann 12.,
11., 10. Kompagnie in lichten Schützenlinien auf 20 Schritt folgend, dabei 1
Zug Pioniere mit Äxten und Sägen zum Niederlegen des Wäldchens, 1 Kompagnie
Stabstruppe III auf 100 Meter folgend, mit Stahlschutzschilden und großem
Schanzzeug, und schließlich die 9. Kompagnie links rückwärts zum Sturm an. –
Heftig läßt der Feind seine Geschütze speien, doch unentwegt arbeiten die
tapferen Pioniere am Drahthindernis und öffnen der Infanterie den Weg!
Seiner Kompagnie
weit voraus stürmt Oberleutnant d. R. Gehring gegen des Feindes Geschoßhagel
an, begeistert folgen ihm seine Musketiere, das feindliche M.-G.-Feuer, das
auch von der Flanke übel mitspielt, nicht achtend.
Leutnant d. R.
Eberhard wird durch die russischen Drahthindernisse im Vorwärts-stürmen gehemmt
und muß sein junges Leben lassen, mit ihm manch tapferer Musketier. Wo sich
noch Widerstand zeigt, sind genug tapfere Alt-Württemberger, die ihn gewaltsam
brechen. Mehrere russische M.-G. werden noch im Feuern überrannt und erbeutet.
Unterdessen brach
10.15 Uhr vormittags, nachdem die Artillerie das Feuer auf das Hintergelände
verlegt hatte, das I. Bataillon zum Sturm auf die Murawkaschanze in drei Wellen
in ähnlicher Weise vor. Wiederum Pioniere an der Spitze, dann dicht dahinter 3.
und 4. Kompagnie, 1 Zug M.-G.-K., mit 200 Meter Abstand 1. Kompagnie und
Stabstruppe I. Bataillon, wie III. Bataillon ausgerüstet.
Ein kurzer,
energischer Kampf und das Regiment hatte nach 45 Minuten alle Angriffspunkte
mit einer Beute von 280 Gefangenen, 3 M.-G., darunter 1 deutsches mit
zahlreicher Munition im Besitz. Außerdem fielen viele verwundete Russen in
unsere Hände. Doch wie immer nach solchen Angriffen, die Hauptarbeit steht erst
bevor. Mit aller Kraft geht es an den Ausbau der genommenen Stellung, der
verdammte Sandboden will nicht halten! Währenddessen arbeiten die Pioniere mit
Leibeskräften, um endlich das Wäldchen dem Erdboden gleichzumachen. Heiß brennt
die Sonne auf die erschöpften Mannschaften, an Wasser fehlt es, dagegen nicht
an russischen Kugeln, die der Feind aus einer neuen, etwa 400 Meter entfernten
Stellung herübersandte. Hindernisse, M.-G., Minenwerfer werden eingebaut, jede
Minute ist kostbar, denn nur zu gut weiß man, daß der Russe alles daran setzten
wird, uns wieder zu vertreiben. Man sieht auch von Przasnysz Verstärkungen in Wellen
anrücken, die in den feindlichen Gräben verschwinden.
Mit Einbruch der
Dunkelheit sind an den günstigsten Stellen Scheinwerfer eingebaut; sie sind von
der Grabenbesatzung wenig geschätzt, da sie nur das feindliche Feuer in
erhöhtem Maße auf sich ziehen. Die größte Arbeit ist getan. Verbindungen sind
hergestellt, die Verbände wieder geordnet. An Verlusten hatte das Regiment 20
Tote, 124 Verwundete zu beklagen.
An Ruhe war nicht
zu denken. Mit der Waffe im Arm sammelte jeder neue Kräfte, wo er stand und
war. Aber Leuchtpatronen sind wenigstens da, und wenn auch vor Müdigkeit die Augenlider
zufallen, geschlafen wird nicht, heute muß alles wachen, zumal die Nacht
stockdunkel ist; sie erleichtert dem Feind das Herankommen!“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „Alt Württemberg“ (3. Württ.) Nr. 121 im Weltkrieg
1914–1918ׅ, Stuttgart 1921
aus: „Das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart, 1927
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen