Donnerstag, 25. Juni 2015

25. Juni 1915


„Endlich der 25. Juni sollte der Tag des Angriffs werden. Während dem I. Bataillon die Aufgabe zufiel, dem Feind die Murawkaschanze zu entreißen, hatte das III. Bataillon das ganze Wäldchen von Kot und darüber hinaus in Besitz zu nehmen.
Von 9.30 Uhr vormittags ab trat die Artillerie, verstärkt durch Minenwerfer, in Tätigkeit; erst kamen die rückwärtigen Verbindungen, dann die Hauptangriffspunkte mit anschließenden Gräben an die Reihe.
10 Uhr vormittags – es war ein heißer Tag, wie am 12. Juni – traten, 300 bis 400 Meter vom Feind entfernt, die vier Wellen des III. Bataillons: 1 Zug Pioniere 5. Kompagnie Pionierbataillon 13 mit Handgranaten und Drahtscheren ausgerüstet, dann 12., 11., 10. Kompagnie in lichten Schützenlinien auf 20 Schritt folgend, dabei 1 Zug Pioniere mit Äxten und Sägen zum Niederlegen des Wäldchens, 1 Kompagnie Stabstruppe III auf 100 Meter folgend, mit Stahlschutzschilden und großem Schanzzeug, und schließlich die 9. Kompagnie links rückwärts zum Sturm an. – Heftig läßt der Feind seine Geschütze speien, doch unentwegt arbeiten die tapferen Pioniere am Drahthindernis und öffnen der Infanterie den Weg!
Seiner Kompagnie weit voraus stürmt Oberleutnant d. R. Gehring gegen des Feindes Geschoßhagel an, begeistert folgen ihm seine Musketiere, das feindliche M.-G.-Feuer, das auch von der Flanke übel mitspielt, nicht achtend.
Leutnant d. R. Eberhard wird durch die russischen Drahthindernisse im Vorwärts-stürmen gehemmt und muß sein junges Leben lassen, mit ihm manch tapferer Musketier. Wo sich noch Widerstand zeigt, sind genug tapfere Alt-Württemberger, die ihn gewaltsam brechen. Mehrere russische M.-G. werden noch im Feuern überrannt und erbeutet.
Unterdessen brach 10.15 Uhr vormittags, nachdem die Artillerie das Feuer auf das Hintergelände verlegt hatte, das I. Bataillon zum Sturm auf die Murawkaschanze in drei Wellen in ähnlicher Weise vor. Wiederum Pioniere an der Spitze, dann dicht dahinter 3. und 4. Kompagnie, 1 Zug M.-G.-K., mit 200 Meter Abstand 1. Kompagnie und Stabstruppe I. Bataillon, wie III. Bataillon ausgerüstet.
Ein kurzer, energischer Kampf und das Regiment hatte nach 45 Minuten alle Angriffspunkte mit einer Beute von 280 Gefangenen, 3 M.-G., darunter 1 deutsches mit zahlreicher Munition im Besitz. Außerdem fielen viele verwundete Russen in unsere Hände. Doch wie immer nach solchen Angriffen, die Hauptarbeit steht erst bevor. Mit aller Kraft geht es an den Ausbau der genommenen Stellung, der verdammte Sandboden will nicht halten! Währenddessen arbeiten die Pioniere mit Leibeskräften, um endlich das Wäldchen dem Erdboden gleichzumachen. Heiß brennt die Sonne auf die erschöpften Mannschaften, an Wasser fehlt es, dagegen nicht an russischen Kugeln, die der Feind aus einer neuen, etwa 400 Meter entfernten Stellung herübersandte. Hindernisse, M.-G., Minenwerfer werden eingebaut, jede Minute ist kostbar, denn nur zu gut weiß man, daß der Russe alles daran setzten wird, uns wieder zu vertreiben. Man sieht auch von Przasnysz Verstärkungen in Wellen anrücken, die in den feindlichen Gräben verschwinden.
Mit Einbruch der Dunkelheit sind an den günstigsten Stellen Scheinwerfer eingebaut; sie sind von der Grabenbesatzung wenig geschätzt, da sie nur das feindliche Feuer in erhöhtem Maße auf sich ziehen. Die größte Arbeit ist getan. Verbindungen sind hergestellt, die Verbände wieder geordnet. An Verlusten hatte das Regiment 20 Tote, 124 Verwundete zu beklagen.
An Ruhe war nicht zu denken. Mit der Waffe im Arm sammelte jeder neue Kräfte, wo er stand und war. Aber Leuchtpatronen sind wenigstens da, und wenn auch vor Müdigkeit die Augenlider zufallen, geschlafen wird nicht, heute muß alles wachen, zumal die Nacht stockdunkel ist; sie erleichtert dem Feind das Herankommen!“

aus: „Das Infanterie-Regiment „Alt Württemberg“ (3. Württ.) Nr. 121 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1921


aus: „Das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart, 1927

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