Freitag, 26. Juni 2015

26. Juni 1915


Hans Scheurlen
geboren am 23. Juni 1895 in Stuttgart
gefallen am 26. Juni 1915 in Rußland

Scheurlen war der Sohn des Majors Otto Scheurlen. Er hat bis zu seinem 12. Lebensjahr das Gymnasium in Reutlingen, dann das Karlsgymnasium in Stuttgart durchlaufen. Schon in den Knabenjahren zeigte sich sein klarer, in sich geschlossener, zielbewußter Charakter. Das Liebste war ihm des Sonntags eine Wanderung in den nahen Bergen der Schwäbischen Alb. Nach dem Gymnasium war er ein Vierteljahr in Besançon, um sich in der französischen Sprache zu vervollkommnen und am 1. Oktober 1913 trat er als Einjähriger im württembergischen Grenadier-Regiment „Königin Olga“ ein, dem sein Vater 25 Jahre angehört hatte. Ein gewandter Turner und guter Schütze tat er trotz seiner jungen Jahre den Dienst leicht und machte sich als frischer, froher Soldat allerseits beliebt. Nach einem halben Jahr kam er als Studierender der Medizin nach Tübingen und trat im Sommersemester 1914 bei unserer Burschenschaft ein. Mit der Mobilmachung meldete er sich als Freiwilliger bei seinem Regiment und  setzte es durch, mit ihm schon am 4. August in seiner alten 2. Kompagnie ins Feld zu rücken auf den westlichen Kriegsschauplatz. Durch ein Dorf in Lothringen marschierend bekam er aus einem Haus einen Schuß in den Rücken, der aber in der Hauptsache von der Kaffeebüchse aufgefangen wurde. Das Strafgericht an den feindlichen Dorfeinwohnern war ihm der erste schwere Kriegseindruck. Kurz darauf am 23. August wurde er bei einem der ersten Treffen durch einen Granatsplitter an der linken Hand verwundet und lag längere Zeit im Karl-Olgaspital in Stuttgart, bis er am 19. Januar 1915 mit Ersatztruppen wieder zu seinem Regiment, das nun in Polen stand, stoßen konnte. Seiner verletzten Hand wegen kam er nun zu einer Maschinengewehrabteilung und wurde bald zum Leutnant befördert. Das E. K. II hatte er schon in Frankreich erhalten. Am 6. April erlitt er bei einer starken Beschießung seiner Stellung eine schwere Verschüttung, sah seinen Freund, Leutnant Freiherrn von Pechmann,  neben sich 2 Stunden lang leiden und sterben, ohne daß er, selbst eingeklemmt und im russischen Feuer liegend, hatte helfen können. Erst nach einstündiger Arbeit konnte er befreit werfen. Nach 14 Tagen trat er, wenn auch von den erlittenen Quetschungen noch hinkend, wieder Dienst. Auf 25. Juni früh war ein Sturm angesagt. Froh, daß es endlich vorwärts gehen sollte, stellte er seine Gewehre ein. Das Glas am Auge behufs Einschätzung der Entfernung wurde er von der feindlichen Kugel in den Kopf getroffen. Auf sein Grab auf dem Gutshof von Romeny Febory nördlich von Praschnitz setzten ihm seine Maschinengewehrleute ein Kreuz mit der Inschrift: „Hier ruht unser lieber Leutnant Hans Scheurlen“. Er selbst war mit dem Gedanken des Todes im Felde vertraut und hatte sich bestimmt dahin ausgesprochen: „Wo ein Soldat fällt, soll er bleiben, da ist Heimaterde. Wenn die Angehörigen wüßten, was es für uns draußen ist, diese Ausgrabungen, sie würden es lassen.“ Kurz vor dem Angriff sprach er noch mit einem Freunde, Konrad von Alberti, und seine letzten Worte zeigten, daß ihm der Gedanke an seine Mutter – sein Vater war schon 1907 gestorben – doch schwer auf der Seele lag. Der Nachruf des Regiments lautet: Den Heldentod für König und Vaterland fand am 26. Juni 1915in treuester Pflichterfüllung Leutnant Hans Scheurlen, Ritter des Eisernen Kreuzes II. Kl. und des Friedrichordens II. Kl. mit Schwertern. Ein leuchtendes Beispiel von Tapferkeit und treuer Kameradschaft hat er sich in den schweren Stellungskämpfen durch unermüdliche Tätigkeit und Umsicht in hervorragender Weise ausgezeichnet. Bei Vorgesetzten, Kameraden und Untergebenen gleich beliebt, betrauert das Regiment tief den schweren Verlust dieses ausgezeichneten jungen Offiziers. Als einer der Besten wird er in den Herzen aller Grenadiere fortleben. So wird er auch fortleben in unseren Herzen.“

aus: „Die Gefallenen der Burschenschaft Germania zu Tübingen, Gedenkschrift für die im Weltkrieg gefallenen Bundesbrüder 1914–1919“, Stuttgart ohne Jahr



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