„Auf schlechten
Feldwegen rückte das Füsilier-Regiment um 11 Uhr abends als Vorhut der Division
über Tarnogora – Romanow nach Krasnostaw. In der Morgendämmerung erreichte die
Spitze die Stadt. Nebel stiegen aus dem Wieprztal.
Vom Verlauf der
eigenen oder feindlichen Linien war nicht das mindeste bekannt. Zu Erkundungen
war keine Zeit gewesen. Als es hell wurde, erkannte man drüben auf den
Osthängen des Wieprz-Tals russische
Abteilungen, an denen man bisher im Schutz der Dämmerung auf kaum 1400 Meter
entlang marschiert war. Es war damals noch Bewegungskrieg reinster Sorte! Über
den Reitertrupp des Regimentsstabs pfiff eine Salve hinweg.
Der
Regimentskommandeur versammelte das Regiment zunächst im Südteil von
Krasnostaw, gedeckt gegen die feindlichen Höhen, und erkundete die Kampflage.
Allmählich klärte sich das Bild.
Der Russe hatte
sich östlich Gory und Zastawie eingegraben und lag im Kampf mit dem Regiment
Elisabeth, das er stellenweise durch starke Teilangriffe schwer bedrängte.
Südlich vom Regiment Elisabeth waren deutsche Truppen nicht aufzufinden. Es
„sollte“ südlich Zastawie ein in seiner Stärke und Zusammensetzung unbekanntes
„Detachement v. Luck“ stehen, mit dem Fühlung zu nehmen vorläufig aber nicht
gelang.
Gegen 3 Uhr
vormittags schlugen die ersten feindlichen Granaten in Krasnostaw ein. Um die
selbe Zeit flackerte auch auf den Höhen jenseits des Wieprz das Infanteriefeuer
auf, das bisher geschwiegen hatte. Gleichzeitig ging bei Oberst von Triebig,
der sich bei der Kirche von Krasnostaw befand, der Divisionsbefehl ein, „im
Angriff mit dem Regiment, zusammen mit den Elisabethern, sich in Besitz der
Höhe 256 östlich Gory zu setzen“.
Südlich vom
Gardekorps, so hieß es im Divisionsbefehl weiter, sollte die 22.
Infanterie-Division im Kampf um den Wolica-Abschnitt stehen. Diesen Übergang zu
erleichtern, war der Zweck des Angriffs der 105. Division.
Oberst von Triebig
gab hierauf folgenden Befehl an seine Bataillone:
„Der Feind hält
die Höhe 256 östlich des Wieprz. Garde-Grenadier-Regiment Elisabeth liegt mit
rechtem Flügel etwa am Weg Gorny – Lany. Füsilier-Regiment 122 setzt sich
rechts vom Regiment Elisabeth in den Besitz der Höhe 256, I. Bataillon im
Anschluß an die Garde, III. Bataillon rechts vom I. Das II. Bataillon rückt
hinter den rechten Flügel des Regiments zum Schutz der Südflanke. Ich bleibe
zunächst an der Brücke von Krasnostaw.“
Die Ausführung
dieses Befehls begann etwa um ½4 Uhr morgens. Die Bataillone überschritten die
Wieprz beinahe unbehelligt vom Feind und stellten sich am Ostrand von Gory
bereit. Von diesem Dorf aus zogen sich die Hänge sehr steil nach Osten hinauf,
so daß im Dorfe unten völlig ungesehen die Entfaltung der Truppe vorgenommen
werden konnte.
Gegen ¼5 Uhr
morgens erstiegen die 3. und 4. Kompanie rechts vom II. Bataillon der Garde-Grenadiere
die Steilhänge. Gleichzeitig beschoß der Russe Gory und die vorgehenden
Schützen mit Schrapnells. Um ½5 Uhr wurde das Feuer auf den etwa 900 Meter
entfernten Gegner eröffnet. Wenig später traten auch die vordersten Kompanien
des III. Bataillons rechts vom I. in den Kampf.
Nach kurzem
Feuergefecht hatten sich die Kompanien des Füsilier-Regiments bis 5 Uhr auf
2100 Meter an den Feind herangearbeitet. Nachdem von hier aus der Russe weitere
15 Minuten unter lebhaftes Feuer genommen worden war, sah man einzelne Leute
des Gegners durch die Kornfelder zurückschleichen. Andere liefen unter
Schwenken von weißen Tüchern über. Die Höhe 256 wurde hierauf um ½6 Uhr morgens
vom I. und III. Bataillon erstürmt und dabei etwa 100 Russen gefangen.
Dadurch daß das I.
Bataillon nun nicht in östlicher, sondern etwas südöstlicher Richtung zum
Angriff vorgegangen war, hatte sich bei Wegnahme der Höhe 256 zwischen diesem
Bataillon und dem Regiment Elisabeth eine Lücke gebildet. Eine Schwenkung oder
ein Seitwärtsrücken war angesichts des Feindes, der noch östlich Höhe 256 mit
seinen Hauptkräften in Stellung lag, nicht möglich. Aus diesem Grunde wurde um
½8 Uhr vormittags das II. Bataillon des Regiments auf dem linken Flügel in der
erwähnten Lücke eingesetzt. Diese Bewegung dauerte mehrere Stunden, da das
Bataillon, das den Schutz der Südflanke des Regiments übernommen und hierzu
bereits zwei Kompanien südöstlich Zastawie entwickelt, hatte, diese Teile erst
wieder einziehen und im Wieprz-Tal nach Norden rücken mußte. Gegen Mittag war
die Verschiebung durchgeführt. Die Fortsetzung des Angriffs wurde auf ½1 Uhr
nachmittags festgesetzt.
Es galt nun, den
Gegner, der auf den Höhen westlich Lany lag, zuwerfen und Lany zu erreichen.
Der Feind war stark. Seine Artillerie entwickelte seit 9 Uhr vormittags eine
äußerst lebhafte Tätigkeit. An mehreren Stellen traten empfindliche Verluste
ein. In Gory flog ein Munitionsdepot in die Luft.
Nur langsam
konnten die Kompanien ostwärts Boden gewinnen.
Gegen 2 Uhr
nachmittags gingen aus den Waldstücken südlich Lany überraschend starke
feindliche Abteilungen zum Angriff gegen das III. Bataillon vor, das unter dem
Befehl des Hauptmanns v. Seel auf dem rechten Flügel des Regiments kämpfte. Das
Bataillon warf jedoch nicht nur den Angreifer mit blutigen Köpfen zurück, sondern
drängte ihm auch noch bis zur Höhe 245 nach und hielt sich dort tapfer gegen
einen weiteren russischen Vorstoß, der gegen ½3 Uhr einsetzte.
Beim I. und II.
Bataillon war um diese Zeit der Angriff völlig ins Stocken geraten. Oberst von
Triebig schob daher das ihm seit 1 Uhr nachmittags unterstellte III. Bataillon
des Infanterie-Regiments 129 zwischen das I. und II./122 ein, um den Angriff
erneut in Fluß zu bringen. Allein das sehr starke feindliche Artilleriefeuer
und die unzureichende eigene Artillerieunterstützung – unsere Batterien hatten
sehr ungünstige Stellungen – machten einen weiteren Angriff unmöglich. Die
Division entschloß sich deshalb gegen ½5 Uhr nachmittags, den Angriff für
diesen Tag einzustellen. Die Bataillone erhielten den Befehl, sich für die Nacht in den erreichten Stellungen
einzugraben. Als weiterer Rückhalt für feindliche Vorstöße wurde am Abend noch
das II. Bataillon des Infanterie-Regiments 129 dem Füsilier-Regiment
unterstellt und nach der Mulde südlich Gory gezogen.“
aus:
„Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz Joseph von Österreich, König von Ungarn (4.
württ.) Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921
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