„Die Minenstollen
vor unserer Front sollten nach Ansicht der Sachverständigen eine Gewähr gegen
unbemerktes Minieren des Gegners bieten. Ein Unterfangen desselben durch tiefer
gegrabene Minenstollen wurde bei dem hohen Grundwasserstand für unmöglich
gehalten. Aber am 19. Juli, 8.10 Uhr abends, brachte der Engländer auf der Naht
zwischen unsern Kompagnieabschnitten B und C eine Mine zur Entzündung, die
einen Trichter von seither nicht gekannter Größe auswarf und über 100 Mann der 7. und 8. Kompagnie, 2 Maschinengewehre,
je 1 Infanterie- und Artillerie-Beobachtungs-stand, 1 Sprechstelle, 2
Minenschächte und 1 Handgranatendepot in die Luft sprengte bzw. verschüttete.
Der Trichter hatte eine Tiefe von 12 m und einen Durchmesser von 40 m, sein
Auswurf erstreckte sich 60 – 80 m rings um den Kraterrand, die Gräben je nach
ihrer Entfernung von ihm ganz oder teilweise füllend. Gleichzeitig mit der
Sprengung eröffnete der Gegner starkes Artilleriefeuer gegen die Abschnitte A
und B und das Hintergelände, und seine Infanterie drang in einer Breite von 150
– 200 m in den Sprengtrichter und die anschließenden Stellungsgräben ein. –
Hier traten ihnen jedoch sofort die Handgranatentrupps der 7. und 8. Kompagnie
(Abschnitt B und C) entgegen.
Leutnant d. R.
Goetze hatte erst am Nachmittag die 7. Kompagnie (Abschnitt C) von dem
verwundeten Oberleutnant Küffner übernommen, der als Nachfolger des Hauptmanns
Moschner seiner Kompagnie ein ebenso vortrefflicher Führer und Erzieher
geworden war, wie dieser. Leutnant d. R. Goetze befand sich zur Zeit der
Sprengung mit dem Unteroffizier Georgi von der 5./Pion.-Batl. 15 an der
Einmündung des Schloßwegs in die Stellung. Mit einigen rasch zusammengerafften
Leuten begannen sie sofort den rechts von ihnen eingedrungenen Engländer mit
Handgranaten gegen den Trichter zurückzutreiben. Von einem zur Unterstützung
gesandten Handgranatentrupp der 6. Kompagnie unterstützt, gelangten sie bis auf
20 m an den Trichter heran, wurden aber hier durch starkes M.-G.-Feuer des
Engländers zum größten Teil außer Gefecht gesetzt. Der Rest grub sich im
Trichterschutt ein.
Im Abschnitt B (8.
Komp.) warf sich Leutnant d. R. Jehle dem eingedrungenen Feind mit zwei Gruppen
entgegen. Hierbei fand der tapfere Offizier, der sich erst im März in einer gefahrvollen
und abenteuerlichen Fahrt aus Chile nach der Heimat durchgeschlagen hatte, den
Heldentod. An seine Stelle trat Leutnant d. R. Matt, dem es gelang, den Gegner
in hartnäckigem Handgranatenkampf allmählich auf den Trichter zurückzutreiben.
Als aber der Nachschub an Handgranaten infolge einsetzenden starken
Artilleriefeuers aufhörte, errang der Engländer wieder einige Vorteile. Ein
Versuch desselben, die 8. Kompagnie vom Trichter aus im Rücken zu fassen,
scheiterte jedoch an der entschlossenen Gegenwehr der braven Mannschaft und
bald traf auch die angeforderte Unterstützung – ein Zug der 9. Kompagnie – ein und festigte hier
die Lage.
Währenddessen
besetzten die Bereitschaftskompagnien (11. und 12.) die zweite Stellung; die
Regimentsreserve wurde mit der 9. Kompagnie im Geyerweg, mit der 10. in der
Meisengasse bis zum Gefechtsstand des Abschnittskommandeurs vorgezogen, die
Divisionsreserve (I. Batl.) in die dritte Stellung. Infolge der großen
Ausdehnung des Sprenggebiets, der hereinbrechenden Dunkelheit, des starken
Artilleriefeuers, das die Sprechleitungen zerstörte und die Meldegänger
behinderte, dauerte es aber geraume Zeit, bis der Abschnittskommandeur, Major
Blezinger, die Lage übersehen konnte.
Als erste Hilfe
sandte er die 12. Kompagnie nach dem besonders gefährdeten Abschnitt C. Sie
traf noch rechtzeitig ein, um die Verluste durch Verschüttungen und
Artilleriefeuer zu ersetzen, den durch Leutnant Goetze vom Gegner gesäuberten
Grabenteil zu sichern und bei der Abwehr eines frontalen Angriffs mitzuwirken,
der vor unsern Hindernissen zusammenbrach. Auch das auf Anfordern prompt
einsetzende Sperrfeuer unserer Artillerie hatte hierbei kräftig mitgewirkt.
9.25 Uhr abends
erhielt Hauptmann Winghofer, der Führer der eben eingetroffenen Regimentsreserve
(9. und 10. Komp.) den Befehl, mit je einer Kompagnie, im Schloßweg und Seeweg
vorgehend, den Trichter von Norden und Nordosten anzugreifen, unterstützt durch
die Feuertätigkeit der 8. und 7. bzw. 12. Kompagnie. 10.45 Uhr abends sollte
der Sturm beginnen. Ein Zug der 9. Kompagnie wird auf Anfordern zur Verstärkung
des Abschnitts B entsandt, von den gegen 10 Uhr abends eintreffenden beiden
Kompagnien des I. Bataillons die 3. an
Stelle der 12. zur Beset-zung der zweiten Stellung verwendet und die 2. als Reserve
des Abschnittskom-mandeurs zurückbehalten.
10.35 Uhr stehen
9. und 10. Kompagnie bereit und treten wie befohlen zum Angriff an. Während
aber der Angriff der 10. Kompagnie aus dem Seeweg heraus im feindlichen
Artillerie-Sperrfeuer zum Stehen kommt, scheitert der Angriff der 9. an dem
starken M.-G.-Feuer aus dem Trichter.“
aus:
„Das 8. Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 126 „Großherzog Friedrich von
Baden“ im Weltkrieg 1914-1918ׅ, Stuttgart 1929
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