„In den
Nachmittagsstunden des 25. Juli eröffnete unsere Artillerie das Feuer gegen die
feindlichen Stellungen bei und östlich Kunin. I. und II. Bataillon gehen –
rechts Anschluß an Inf.-Regt. 125 – gegen Kunin zum Angriff vor. Der gut
verschanzte Gegner schoß heftig, besonders mit Maschinengewehren. In dem
deckungslosen Angriffsgelände kam der Angriff zunächst nicht vorwärts. Die
Kompagnien klammerten sich daher an den erreichten Boden an und gruben sich
ein. Das II. drang bis auf 300 Meter an Kunin vor, welches sich als stark
besetzt erweist. Neben braven Grenadieren fiel bei der 8. Kompagnie Fähnrich
Gönner, ein frischer, sehr tüchtiger junger Soldat, durch Kopfschuß. Einer
vorgesandten starken Patrouille der 8. Kompagnie gelang es, einen
vorgeschobenen russischen Posten zu überraschen und ihm 12 Maschinengewehr
abzunehmen. Die Nacht verlief auffallenderweise ruhig; es zeigte sich aber am
folgenden Tag (26. Juli), daß der Russe nicht gewillt war, die wichtige
Bahnlinie Ostrolenka – Warschau leichten Kaufs freizugeben.
Auf die Meldung
der vorderen Linie gegen 6.30 Uhr vormittags, daß Kunin anscheinend frei vom
Feind ist, geht das II. Bataillon vor, um den Ort zu besetzen. Schon ist der
Ost- und Westausgang von uns besetzt und Leutnant d. R. Matthes, der Führer der
6./119, hatte sich persönlich mit Patrouillen ins Vorgelände begeben, da setzte
immer stärker werdendes feindliches Infanteriefeuer von Osten her ein. Aus
Saosha drangen starke feindliche Kolonnen vor, und von Wolka her gehen Russen
gegen den rechten Flügel der Stabstruppe II umfassend vor. Das I. Bataillon
lag noch 500 Meter zurück und konnte bei dem unübersichtlichen Gelände nicht
durch Feuer unterstützen. Um nicht von dem übermächtigen und überflügelnden
Feind umgangen und abgeschnitten zu werden, räumten unsere vorgeprellten Kompagnien
Kunin und gingen mit zurückge-bogenem rechten Flügel 200 Meter hinter den
Dorfrand zurück. Die Lage war kritisch, als die Russen nun in Massen, einer
nicht endenwollenden braunen Flut gleich, vorstürmten.
Der
Bataillonsadjudant II., Leutnant Knoerzer, Alfred, eilt mit dem Unterstab an
die gefährdete Stelle; Offiziere und Mannschaften beteiligen sich gleichmäßig
am Abwehrfeuer. Da trifft das I. Bataillon ein; aber die Lage bleibt immer noch
sehr ernst, weil der rechte Flügel weiter von den Russen überflügelt wird, denn
zwischen Gren.-Regt. 119 und Inf.-Regt. 125 war allmählich eine große Lücke
entstanden. Teile des III. Bataillons (12. Kompagnie und Stabstruppe III)
griffen auf dem rechten Flügel energische ein, wobei der unerschrockene Führer
dieser Stabstruppe, Leutnant d. R. Wildermuth, zum wiederholten Male schwer
verwundet wurde. Doch die Abwehr des Feindes gelingt; der Russe kommt nicht
weiter vor.
Das ganze Regiment
mit der M.-G.-K. war nun zur Abwehr der Russenmassen eingesetzt worden.
Mehrfach wurden
starke Angriffe abgeschlagen; immer wieder versuchte der Feind, den rechten
Flügel der Grenadiere zu umfassen.
Ein Bataillon
Inf.-Regt. 42 war inzwischen dem II. Bataillon zur Verfügung gestellt worden
und verstärkte mit 2 Kompagnien die vordere Linie. Das brachte uns wesentliche
Erleichterung. Die Absicht der 26. Inf.-Division, Saosha wegzunehmen, kam nicht
zur Verwirklichung, weil neu auftretende starke feindliche Kräfte gegen diesen
Ort vorgehen. Der Abend machte dem Kampf ein Ende; 2 Kompagnien des II./119 und
III./121 werden bei Zu Schar als Regimentsreserve bereitgestellt. Schwer waren
die Verluste des Regiments; wieder färbte das Blut zahlreicher tapferer
Schwaben den feindlichen Boden. Leutnant d. R. Krauß (8.) und 55 Unteroffiziere
und Grenadiere waren gefallen, die Leutnants d. R. Schmidlin, Mezger, Zutt,
Wildermuth und Hopf, sowie 188 Unteroffiziere und Mannschaften verwundet, 28
vermißt. In der Nacht hielt der Gegner das brennende Kunin nur mit Patrouillen
besetzt.“
aus: „Das Grenadier-Regiment
„Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927
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