„Am 21. August
abends lagen die Grenadiere im Kampfe mit dem westlich Spiczki eingenisteten
Gegner; am folgenden Tage (22. August) wogte der Kampf hin und her. Wiederholt
griffen die Russen, von ihrer auf dem nördlichen Orlanka-Ufer stehenden
schweren Artillerie unterstützt, in Massen an; doch ohne Erfolg. Gegen 4 Uhr
nachmittags gelang es dem Regiment, die Höhe 166 westlich Spiczki zu gewinnen,
während das Inf.-Regt. 125 weiter südlich die Höhe 179 in Besitz nahm.
Am 23. August, 9
Uhr vormittags war das stark befestigte Dorf Spiczki in den Händen der
Grenadiere.
In diesen Kämpfen
hat sich ein Angehöriger des 3. Zuges der M.-G. 119, Anton Hudelmaier von
Mögglingen OA. Gmünd, besonders ausgezeichnet. Sein Zugführer, Leutnant Hans v.
Graevenitz berichtet darüber:
„Vor Spiczki waren
in dem Abschnitt von 3 Infanteriekompagnien 9 Maschinengewehre eingebaut
worden. Während der Nacht 22./23. August war der Russe sehr unruhig und schoß
dauernd auf unsere Gräben, die wir nach Abschluß der Vorwärtsbewegung schnell
aufgeworfen hatten.
Mit den 3 unter
meinem Befehle stehenden Maschinengewehren befeuerte ich die am Südrand von Spiczki
liegenden Russen, deren Bewegungen in der Nacht durch das dahinter liegende
brennende Dorf gut zu sehen waren, ebenso die vom Ostrand von Spiczki nach Höhe
179 zurückgelegenen Staffeln des Gegners. Das Hauptaugenmerk war aber auf die
Flankierungsanlage, 300 Meter südlich vom Westrand Spiczki gelegen, gerichtet;
dort steckte ein feindliches Maschinengewehr. Bald nahm auch dieser Gegner das
Feuer auf uns auf, es gab ein regelrechtes Feuerduell, wir hatten leider 2
Verwun-dete dabei.
Inzwischen war es
hell geworden. Am linken Gewehr war der Gewehrführer ausge-fallen; ich sprang herüber
und hing mich als Richtschütze an das Gewehr. In unserem gutsitzenden Feuer
versuchten die Russen ihr Maschinengewehr nach rückwärts aus der Stellung
herauszuziehen und in das Dorf zurückzubringen. Ihre Bewegungen brachen aber in
unserem Feuer zusammen, sie standen von ihrem Versuche ab, ihr Maschinen-gewehr
blieb 100 Meter links der dortigen Schanze liegen.
Mit meinem Gewehr
überwachte ich das liegengebliebene Gewehr, an welchem jede Bewegung unter
Feuer genommen wurde, während sie anderen Maschinengewehre des Zuges die
Flankierungsanlage selbst und die dahinter gelegenen Staffeln der Russen
beschossen. Das Feuer der Russen verstummte auf einmal, so daß ich dachte, sie
hätten sich durch die nach rückwärts führenden Verbindungswege zurückgezogen.
Ich sagte nun, das Maschinengewehr, das wir mit unserem Feuer erledigt hatten,
müsse als Beute her. Anton Hudelmaier meldete sich sofort als Freiwilliger
hierzu. Er pirschte sich, mit einer Pistole 08 und einem kleinen Spaten
bewaffnet, derart durch das gewellte Gelände an das feindliche Maschinengewehr
heran, daß ich das Maschinengewehr links der Schanze, meine 2 anderen Gewehre
die Schanze selbst beschießen konnten, was auch tüchtig besorgt wurde. Als
Hudelmaier auf etwa 200 Meter an die Schanze herange-kommen war, erschienen in
dieser plötzlich einige Köpfe.“ –
Hudelmaier gibt
über diesen Augenblick folgende Schilderung: „Im feindlichen Graben wurde es
mit einem Schlag lebendig, aufgepflanzte Bajonette kamen auf die Brustwehr und
ich sah den ganzen Graben voll Russen. Ich ließ mich hierdurch jedoch nicht
beeinflussen und in dem Gedanken, Gott verläßt keinen Deutschen, kam ich
glücklich bis an den feindlichen Graben. Der russischen Sprache unkundig,
konnte ich nur durch Winke zu verstehen geben, sie möchten sich ergeben; nach
einigem Besinnen kam dann auch ein Russe zu mir heraus, gab mir die Hand, und
dann folgte gleich der größte Haufen p. p.“ –
Leutnant von
Graevenitz berichtet weiter: „Hudelmaier zog 32 Mann und das Maschi-nengewehr
aus der Russenschanze und brachte alles zu uns in den Graben. Ich saß während
des Vorgangs, der sich unter meinen Augen abspielte und für den ich
verant-wortlich war, wie auf glühenden Kohlen.
Unsere Artillerie
setzte nun auch ein und beschoß die weiter rückwärts gelegenen russischen
Gräben. Die Russen, etwa 500 Mann, liefen aus ihren Gräben zunächst zurück,
dann nach rechts zu Inf.-Regt. 125 herüber. Die Schanze der Russen war sauber
mit Schrapnelldach und Schießscharten ausgebaut, von 32 Mann besetzt und mit
einem Maschinengewehr bestückt; ein Offizier und ein Feldwebel waren auch dabei,
welche während der Gefangennahme nach rückwärts ausreißen wollten, was aber nur
dem Offizier glückte, während der Feldwebel auf das von uns einsetzende Feuer
sofort umkehrte. Nachdem diese Schanze genommen war, konnte der Angriff des
Bataillons in östlicher Richtung und die Besitznahme des Dorfes Spiczki
vonstatten gehen, was schon am 22. August beabsichtigt war.
Gegen 2 Uhr
nachmittags wurde ich mit Hudelmaier zum Regiment befohlen; letzterer erhielt
sofort das E. K. II. Für wiederholt bewiesene Tapferkeit ist ihm später (Januar
1917) auch das E. K. I und die württembergische Goldene
Militär-Verdienstmedaille verliehen worden.“
Über die Orlanka
zurückgedrängt, hatte der Gegner nach Fliegermeldungen die Höhen nordöstlich
Orla besetzt.“
aus: „Das Grenadier-Regiment
„Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927
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