„Am 4. August,
nach dem Eintreten sichtiger Witterung, so gegen 9 Uhr vormittags, setzte
unsere Artillerie das schon in den Tagen zuvor begonnene Einschießen auf die
Bahnlinie fort und ging allmählich zum Wirkungsschießen über. Die russische
Artillerie blieb die Antwort nicht schuldig, aber unser Geschützfeuer war
lauter und heftiger. Der Wasserturm unmittelbar rechts vom Bahnhof, auf dem
sich ein Maschinengewehr unangenehm bemerkbar machte, wurde mitsamt seiner
störenden Waffe zusammen-geschossen, schweres eigenes Feuer lag von 11 Uhr
vormittags ab auf Jusefowo. Gegen 12 Uhr mittags schlugen die Geschosse unserer
21 cm Mörser im Bahnhof Paßjeki und in dessen unmittelbarer Nähe ein, gewaltige
Zerstörungen anrichtend. Um die gleiche Zeit sah man, wie sich das Regiment 128
rechts von uns in den Besitz von Jusefowo setzte, um dort den Zeitpunkt zum
allgemeinen Vorgehen gegen die Bahnlinie abzuwarten. Sehnsüchtig harren unsere
beiden vorderen Bataillone, das I. rechts, das II. links, mit ihren inneren
Flügeln auf den Bahnhof Paßjeki angesetzt, dieses Augenblicks.
Der uns nicht mehr
unbekannte Höllenlärm des Sturmschießens setzt ein. Die Augen der Führer bohren
sich in das Zifferblatt der Uhr. 1 Uhr 53 Minuten! Die zum Zerschneiden der
Drahthindernisse bestimmten Gruppen verlassen den Graben und gelangen in einem
Sprung vor das feindliche Drahthindernis, 1.55 Uhr nachmittags folgen die
Kompagnien vorderer, dicht dahinter die Kompagnien zweiter Linie. Zischend
pfeifen die Geschosse der Maschinengewehre in unsere Reihen, stöhnend brechen
Verwundete zusammen, lautlos sinken zu Tode Getroffene nieder. Besonders leidet
das I. Bataillon, das auf einen vor dem Bahngeleise angelegten, noch dicht
besetzten Graben stößt, der so vorzüglich unter Anpassung an das Gelände
verkleidet war, daß er nicht erkannt wurde und daher vom Artilleriefeuer
beinahe ganz verschont blieb. Doch nichts vermochte die Wucht unseres Vorstürmens
zu hemmen. Um 3 Uhr nachmittags waren Bahnhof und Bahnhofsgelände in unserem
Besitz, 920 Russen (darunter 2 Offizier) gefangen.
Das liest sich
leicht und einfach. Welche Tapferkeit, Selbstverleugnung und
Aufop-ferungsfreudigkeit von Führer und Mann aber dazu gehörten, um diesen
raschen Erfolg zu erzielen, läßt sich kaum in Worte kleiden. Die schweren Opfer,
die wir dabei bringen mußten, mögen für die Größe dieser Waffentat sprechen. Es
starben den Heldentod für ihr Vaterland Rittmeister d. R. Drag.-Reg. 26 Cnyrim,
Oberleutnant d. R. Wanner, die Leutnants d. R. Kirchberger und Strienz sowie
Leutnant Eberbach, mit ihnen 53 todesmutige Unteroffiziere und Mannschaften.
Verwundet wurden 7 Offiziere (darunter die Hauptleute d. R. Henning und Ruthardt),
2 Fähnriche und 146 Mann. Leutnant Ackermann starb am 6. August an den
erhaltenen Wunden.“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr.
125 im Weltkrieg 1914–1918“ׅ, Stuttgart 1923
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