„Warschau war
unser! Wenn auch die strategische Zange Hindenburgs diesen Erfolg erzwungen
hatte, wir hatten mitgekämpft und hatten Glück gehabt. Keinen Schritt hatten
wir zurückgemacht und unsere Verluste waren gering.
Wir bezogen
Alarmquartiere in einigen größeren Gebäuden in der Mitte der Stadt. – Die drei
stolzen Warschauer Brückenbauten lagen teilweise gesprengt im Flußbett. – Die
Russen gönnten uns den ruhigen Besitz des langumstrittenen Warschau nicht.
Unaufhörliches Infanterie- und Maschinengewehrfeuer rollte von Praga über die
Weichsel herüber und gefährdete jeden Verkehr. In den Häusern am Ufer war fast
keine Fensterscheibe mehr ganz. Die Polen konnten an die Preisgabe ihrer
Hauptstadt nicht glauben und vermuteten nur eine russische List. Im Volke hieß
es: „In vier Tagen sind die Russen wieder hier.“ ( … )
Um russischen
Gelüsten zur Rückkehr vorzubeugen, wurden noch am ersten Abend Truppen an die
Weichsel geworfen. Das I. Bataillon erhielt den Auftrag, die Weichsel von der
als Richtstätte bekannten Alexanderzitadelle bis zum Fort I zu sichern. Bei
strömendem Regen zog es durch das übel gepflasterte Judenviertel und den noch
brennenden Koweler Bahnhof hindurch in das nördlich gelegene Weichselgelände.
Die finstere Nacht wurde erhellt durch Brände auf der Weichsel, wo die Russen
alle Schiffe und Kähne, sowie den Rest einer Schiffsbrücke mit Petroleum
begossen und angezündet hatten. Auch von Praga her flammte es an zahlreichen
Stellen auf. Zeitweise erschütterten Detonationen die Luft.
Auf ein Telegramm
des Regimentskommandeurs kam folgender Funkspruch aus Stuttgart: „Ganz
überrascht und sehr beglückt durch Ihre Meldung, spreche ich Ihnen und dem
Regiment meinen herzlichsten Glückwunsch aus. Ich bin mit den braven
Landsturmmännern stolz, daß es Ihnen vergönnt war, als Erster diesen großen,
wichtigen Abschnitt durch Ihren Einzug zu besiegeln. Gott stehe Ihren Waffen
auch ferner bei. gez. Wilhelm.“
Das
Infanteriefeuer ließ nicht nach. Um 12.30 Uhr vormittags hatten die Kompagnien
des I. Bataillons ihre Sicherungsmaßnahmen an der Weichsel getroffen. Da die
Beobachtungen ergaben, daß über der Weichsel nur noch Kosakenschwärme,
wahr-scheinlich auch freiwillige oder dazu gezwungene Zivilpersonen, aus den
Ufergräben feuerten, wurde am 7. August nachmittags eine Demonstration mit
Schießen aller Waffen veranstaltet. Man sah nur einige Leute flüchten.
Am 8. August
nachmittags schwamm der Sanitätsgefreite Albert Schmid (3. Kompag-nie) über den
Fluß und stellte fest, daß die Gräben unbesetzt seien.
Am gleichen Tage
löste das II. Bataillon die von der 47. Reserve-Division in der Stadt und auf
den zahlreichen Forts gestellten Wachen ab. Nicht unerwähnt darf gelassen
werden, daß ein sofortiges Nachdrängen über die Weichsel wünschenswert gewesen
wäre, schon um dem Kosakengelichter das weitere Abbrennen, Plündern und
Stehlen, sowie das Sprengen großer Petroleumbehälter bei Sheran (auf dem
rechten Weichselufer gegenüber Kloster Bjeljany) zu wehren. Dazu fehlten
zunächst nähere Nachrichten über den Feind, Mittel zum Übersetzen und auch
Truppen, da das ganze Warschau noch voll von Spionen und russischen
Heeresangehörigen steckte, die ihre Uniform einfach mit Zivilkleidung
vertauscht hatten und bei Schwächung der Division Gereke Aufruhr-versuchen
leicht zugänglich gewesen wären.“
aus:
„Das 1. Württ. Landsturm-Infanterie-Regiment Nr. 13 im Weltkrieg 1915–1918“,
Stuttgart 1920
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