„Schon vom ersten
Tag an, den das Regiment wieder in der alten Stellung zubrachte, überschüttete
uns die feindliche Artillerie mit einem wahren Hagel von Geschossen aller
Kaliber. Man glaubte, es handle sich um einen der gewohnten morgendlichen
Feuer-überfälle, aber bald war man sich darüber klar, daß es sich doch um etwas
mehr handeln mußte. Es war die Einleitung zu einer siebentägigen
Artillerievorbereitung (18.–24. September) voller Schrecken.
Der tägliche
Verlauf war etwa folgender: Bei Tagesanbruch eine etwa einstündige heftige
Beschießung, dann eine etwa ebenso lange vollständige Feuerpause. Hernach
folgte ein stetiges langsames Zielschießen, das sich gegen Mittag zu
trommel-feuerartiger Heftigkeit steigerte. Dieses Feuer hielt bis in die späten
Nachmittagsstunden an. Gefeuert wurde auf alle noch benützbaren Gräben und
jeweils mit Fliegerbeo-bachtung. Das Hauptfeuer lag auf dem Storchschnabelwald
und der Kampfstellung. Schützen- und Laufgräben wurden eingeebnet. Das Feuer
lag mit der gleichen Heftigkeit auf unserem linken und rechten Nachbarabschnitt.
Zwischendurch kreuzte der Gegner das Feuer, um eine flankierende Wirkung zu
erzielen. Auch die vom Engländer so gern angewandte Schießart, nach einer
schweren Granate unmittelbar mehrere Schrapnells folgen zu lassen, fehlte
nicht. Er wollte hiermit die von der schweren Granate ins Freie flüchtenden
Leute treffen. Über der Kampfstellung lag dauernd eine dem Auge
undurchdringliche Staubwand, die fortwährend durch neue Einschläge gespeist
wurde. Aber auch unsere Artillerie war bei der Hand und überschüttete die
feindlichen Infanterielinien sowie auch ihre Batteriestellungen mit einem Feuer
von gleicher Heftigkeit. Abschuß und Einschlag konnte man nicht mehr
unterscheiden, es war ein ständiges Rollen in der Luft.
Die zur Verfügung
stehenden Unterstände wurden jeden Tag weniger. Das Gelände vor und hinter der
Stellung bot den Anblick eines frisch gepflügten Ackerfeldes, alles braune
Erde, von grün keine Spur mehr.
Mit Einbruch der
Nacht setzte eine fieberhafte Tätigkeit ein, um die Schäden auszubessern. Die
Stellung mußte unter allen Umständen verteidigungsfähig gehalten werden. Von
der Bereitschaft her kamen lange Reihen Trägertrupps mit Brettern, Sandsäcken,
Handwerkzeug, Faschinen, Hindernissen. Emsige, rastlose Tätigkeit füllte die
Nacht aus. Aber auch diese Tätigkeit konnte nicht in Ruhe ausgeübt werden, der
Gegner benützte die Mondhelle und störte durch Feuer den Fortgang der Arbeit.
Trotz größter Vorsicht brachte jede Nacht eine Erhöhung der Verluste, welche
tagsüber eingetreten waren. Der tägliche Abgang betrug bereits 20 bis 30 Mann.
Namentlich war der Verlust durch Verschüttung groß, immer wieder mußten Kameraden
einander ausgraben. Freilich wurde mancher so gründlich verschüttet, daß er als
„vermißt“ in die Verlustliste kam.
Von besonderer Bedeutung
war die moralische Erschütterung der Grabenbesatzung. Vielen war es unmöglich,
die abends zugeführten Lebensmittel auch nur anzurühren. Von anderen wird
berichtet, daß sie planlos, wie irr, in der Stellung umherliefen. Und doch
wurden alle diese Prüfungen von der Grabenbesatzung mit einer Leidenswilligkeit
und Geduld ohnegleichen, einer Zähigkeit und Ausdauer, für die jedes Wort des
Lobes unzureichend ist, ertragen. An die Schulterwehren gelehnt, an die vordere
Grabenwand angepreßt, in den Beobachtungsnischen hinter den Schießscharten
zusammengekauert, ließen sie all diese Schrecknisse über sich ergehen, stets
bereit, verwundeten Kameraden zu helfen. Die braven Sanitäter waren Tag und
Nacht unterwegs, um Linderung zu schaffen.“
aus:
„Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 246“, Stuttgart 1931
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