„In der Nacht vom
6./7. September gelingt es den Grenadieren unter unserem Schutze das andere
Ufer zu gewinnen und des Gegners Stellung in Besitz zu nehmen; damit fällt auch
die Stadt Wolkowysk in deutsche Hände! Der Blick von den Höhen diesseits des
Roßbaches ins russische Land hinein war überwältigend! Man stand plötzlich an
einem Talrand, weit sichtbar russische rotbraune Erde, dunkle Kiefernwälder und
statt der Ortschaften wehende Rauchfahnen. Unten im Tal das brennende Städtchen
Wolkowysk mit seinen großen zerstörten Bahnanlagen und Materialschuppen usw.,
auf den Straßen in der Ferne ganze Schwadronen abziehender Kosaken! – Am 8.
September wird durch Wolkowysk über Gut Popojewo marschiert; nach kurzer Rast
wird das Detachement Wencher gebildet, dem das Regiment, M.-G.-K. und die 2./65
angehören. Der Auftrag war, noch in der Nacht Pacewicze zu nehmen und nach
Möglichkeit darüber hinaus vorzustoßen. Vom Gegner war kaum etwas, jedenfalls
nichts Positives bekannt. Nach den anstrengenden Tagen zuvor war dieser
nächtliche Vormarsch ins Ungewisse keinesfalls sehr willkommen, zumal die
übrigen Teile der Brigade zur Ruhe übergehen konnten. – Zum Glück hellte sich
das Wetter auf, so daß auch die Stimmung sich wesentlich besserte, um so mehr
da unser Vormarsch auf guter Straße vor sich ging. – Solange das Tageslicht den
Weg zeigte, ging es gut vonstatten, aber als die Dämmerung hereinbrach, man die
Karten nur noch mit Hilfe der elektrischen Taschenlampen, welche meist durch
die feuchte Witterung kaum mehr leuchten wollten, lesen mußte, da gab es
Stockung auf Stockung, erst recht, als die Nacht hereinbrach, so daß man kaum
seinen Vordermann sehen konnte. Im übrigen sah man in der Ferne, rechts und
links der Vormarschstraße brennende Ortschaften und Gehöfte, das sicherste
Zeichen, daß wir den Russen dicht auf den Fersen sind. Endlich nach kurzem
Nachtgefecht wurde das Dorf Pacewicze vom III. Bataillon genommen und einige
Gefangene dabei gemacht. Nachdem die notwendigen Sicherungen ausgestellt waren, brachte man sich in erhöhter
Gefechtsbereitschaft an den Ortsausgängen unter. Der Morgen des 9. September
klärte uns auf, daß wir uns in einer äußerst gefährlichen Lage befanden, ein
Glück, daß die Russen ebensowenig über unsere Lage orientiert waren. Bis auf
wenige hundert Meter waren die Kompagnien nachts auf russische starke
Stellungen ahnungslos angelaufen. Kosakenpatrouillen trieben sich sogar
rückwärts unserer Stellung herum und gefähr-deten ernstlich unsere
Verpflegungsfahrzeuge. Gut Pacewicze und der Westrand des Waldes von Zelwianka
war stark ausgebaut und besetzt.
Bis auf 400 Meter
kamen die Bataillone an den Gegner heran und verblieben, da bei der vorhandenen
geringen Geschützzahl ein Angriff zunächst keinen Erfolg versprach, in der
Defensive. Das II. Bataillon mit den M.-G.-Zügen 222/223 wird sofort näher
herangezogen“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „Alt Württemberg“ (3. Württ.) Nr. 121 im Weltkrieg
1914–1918“ׅ, Stuttgart 1921
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