Leutnant Ernst Faber (stehend) und sein Bruder Fritz (geb. 9. Januar 1896 in Berlin,
gefallen am 31. Oktober 1914 bei Messines als Fahnenjunker beim Grenadier-Regiment „Königin Olga“)
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708
„Der Vormarsch am
24. Oktober 1915 von einer Schlucht zur anderen war, nachdem es wieder die
ganze Nacht geregnet hatte, in eisigem Regensturm und über angeschwollene Bäche
schwierig und anstrengend. Das Gelände selbst war für den Feind zu
Feuer-überfällen und Überraschungen gegen uns wie geschaffen, doch er nutzte
diesen Vorteil nicht genügend aus.
Nach kurzem
Aufenthalt durch feindliches Feuer gewinnt die Vorhut der Division die Höhen
365 und 388, 4 – 5 Kilometer südlich und südöstlich Vencani. Von dort aus sah
man die Serben bei ihrem Rückzug südöstlich Progoreoci die Vagan- und
Orlovica-Berge hinaufsteigen. Hier mußten wir wohl auf ernsthaften Widerstand
stoßen. Der Himmel war uns inzwischen wieder freundlicher gestimmt; der Regen
hatte aufgehört. Eulen strichen in der Dämmerung über die Täler. Bei herrlichem
Mondschein zeichne-ten sich die Umrisse der Berge und Wälder scharf in dem
Silberlicht ab.
Am 25. Oktober in
der Frühe stand die 26. Inf.-Division und die 44. Res.-Division angriffsbereit
gegen die Höhen südlich und südöstlich Progoreoci. Die deutschen Mörser,
Kanonen und Haubitzen senden ihre Grüße zum Feinde hinüber; vielfach bricht
sich das Echo des Artilleriefeuers in den Bergen, Rauch- und Erdsäulen steigen
in den feindlichen Stellungen empor. Indessen klettert die deutsche Infanterie
oft in Reihen und fast unsichtbar die
bewachsenen Berghänge zum Feinde empor, der, vorzüglich im Gelände versteckt,
da und dort seine Gewehre und Maschinengewehre spielen läßt.
Während des
Anstieges gegen den östlichen Teil des Vagan-Berges erhalten die Grena-diere vom
Orlovica und westlichen Vagan sehr lästiges Flankenfeuer; hierbei erlitt der
tapfere Leutnant Faber (9.) gegen 2 Uhr nachmittags den Heldentod.
Gegen 4.30 Uhr
nachmittags werden 2 Kompagnien I. dem III. Bataillon für den Angriff
unterstellt. Das II. Bataillon ist Reserve der Brigade.
Beim Nachlassen
unseres Artilleriefeuers ging der Feind jeweils sofort wieder an den Höhenrand
vor, besetzte seine Gräben und feuerte lebhaft.
Schießend,
kletternd und kriechend geht es langsam aufwärts. Erst spät am Abend ist der
feindliche Widerstand gebrochen und die Höhe wird von den Grenadieren besetzt.
Der
Kompagnieführer der 11. Kompagnie, Leutnant Reiner, schildert den Tag:
„Der Kampf um den
Vagan-Berg war einer der hartnäckigsten und schwierigsten für uns im ganzen
serbischen Feldzug. Das III. Bataillon des Regiments in vorderster Linie; mit
11. Kompagnie (Leutnant Reiner) und 12. Kompagnie (Hauptmann Rampacher) vorne,
9. und 10. Kompagnie in Reserve. Zuerst war die Bahnlinie Lazarevac –
Arangjelovac früh morgens zu überschreiten. Dies ging glatt, die Serben waren
dort in der vergan-genen Nacht ausgezogen und hatten sich auf dem Vagan- und
Orlovica-Berg festgesetzt; beide Berge etwa 300 Meter höher als die Bahnlinie,
mit sehr steil ansteigenden wildromantischen Schluchten. Das Gren.-Regt. 119
hatte den Vagan, das Inf.-Regt 125 den Orlovica zu nehmen. Um 10 Uhr vormittags
trat die 11. Kompagnie und links die 12. Kompagnie, je in einer Schlucht
vorgehend, den Vormarsch an. Durch sehr gewandte Patrouillen wurden schön
gedeckte Annäherungswege erkundet. Wir mar-schierten im Steilhang in einem Bach
über Felsen, Dorngestrüpp und umgefallene alte Bäume bis auf 100 Mater auf die
höchste Höhe des Berges an den Feind heran; unser Weg vom Fuß bis zur Höhe war
etwa 2 Kilometer lang. Einige Male hatten die Serben uns bemerkt, wir kamen in
starkes Flankenfeuer. Um 2 Uhr nachmittags waren wir am Ende der Schlucht. Ein
Mann war gefallen, einer verwundet. Jetzt wurde es schwierig, nur noch Hecken
als Deckung. Feuer erhielten wir von vorne, von rechts und links. Auf dem
Bauche bewegten wir uns in sehr großen Abständen einzeln vor. 3 Halbzüge der
11. Kompagnie feuerten nach allen Seiten auf die serbischen Stellungen. Gegen
fünf Uhr hatte sich ein Zug der 11. Kompagnie ohne Verluste auf der Höhe
eingegraben. Die Serben sahen die deutschen Helmspitzen und zogen unter unserem
Feuer gegen 8 Uhr abends auf der ganzen Höhe aus. Die 11. und 12. Kompagnie
hatten einen Keil in die serbischen Stellungen hineingetrieben. Bis 9 Uhr
abends war die Höhe des Vagan von uns besetzt. In der Nacht war noch großer
Jubel. Die Grenadiere hatten sich überaus tapfer benommen. Oberstleutnant
Ströhlin und General v. Stein beglückwünschten an-derntags die Kompagnien
persönlich. Oberstleutnant Ströhlin betonte hierbei, dieser Tag gehöre in der
Regimentsgeschichte der 11. und 12. Kompagnie.““
aus: „Das Grenadier-Regiment
„Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927
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