„Aber die
Gesamtlage hatte sich doch wesentlich gegen früher geändert. Sichtlich hatte
der Brite jetzt darauf verzichtet, mit den bisherigen Mitteln Hooge und die
Höhe 55 in seinen Besitz zu bringen. Sie hatten sich als unwirksam erwiesen.
Verschiedene Anzei-chen deuteten vielmehr darauf hin, daß er es nunmehr mit Gas
und einem Minenangriff großen Stils versuchen werde. Aber das eine wie das
andere Mittel bedingte, daß er das deutsche Artilleriefeuer nicht unnötig
herausforderte. Noch ein drittes kam dazu, unsere Lage zu erleichtern – das
sichtliche Ruhebedürfnis des Engländers.
Das häufige
Ablösen seiner Stellungstruppen war dem Stellungsbau selbst wenig förder-lich;
das hatte sich in der englisch-französischen Groenenburgstellung deutlich
gezeigt. In Gummistiefeln, mit einer sehr soliden und praktischen Bekleidung
und Ausrüstung und bei glänzender Verpflegung hatte es sich dort schon einige
Zeit aushalten lassen; aber im Hoogeboden war das doch etwas anderes. Auch
hatten wir zur besseren Entwäs-serung unserer dem Bellewaarde-Teich
nahegelegenen Gräben damit begonnen, von Zeit zu Zeit den Spiegel des Teichs um
1 bis 2 m zu senken und das abfließende Wasser unter unserer Stellung hindurch
nach den englischen, tiefer gelegenen Gräben abzulei-ten, was sicher nicht zu
deren Verbesserung beigetragen hat, und schließlich hatte unse-re Artillerie all
die Zeit her auch nicht ohne Erfolg geschossen. Die englischen Gräben waren
daher wohl in einem ebenso üblen, wahrscheinlich in einem noch übleren Zu-stand
als die unsrigen, so daß sie auch dem „Tommy“ nicht mehr gefielen und er das
Bedürfnis empfand, etwas für sie zu tun. Er mußte also wohl oder übel Ruhe
halten, wenigstens bis er seine Stellung in Ordnung gebracht hatte, gerade wie
wir auch. Und daß das nicht so bald geschah, dafür sorgten der solide Landregen
im Spätherbst und die Regenstürme, die der flandrische Winter mit sich zu
bringen pflegt.
Das
Artilleriefeuer hielt sich demzufolge auf beiden Seiten meist in mäßigen
Grenzen, und dementsprechend waren auch die Verluste nicht groß; ja es gab in
der Folgezeit Tage, an denen auf unserer Seite überhaupt keine Verluste eintraten,
eine ebenso neue wie erfreuliche Erscheinung. Das kam dem Stellungsbau in hohem
Maße zugute, der noch schwieriger geworden war, seit das wochenlange feindliche
Artilleriefeuer die ohnehin geringe Standfestigkeit des Bodens derart gelockert
hatte, daß die Sandsack-packungen vielfach keinen Halt mehr fanden, bei jedem
stärkeren Regen einrutschten und die empfindlichen Entwässerungsanlagen
vernichteten.“
aus:
„Das 8. Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 126 „Großherzog Friedrich von
Baden“ im Weltkrieg 1914-1918ׅ, Stuttgart 1929
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