„Der Heimkrieger
ist empört über die Untätigkeit der Divisionen im westen. Wenn er etwas zu
sagen hätte, wenn er zu befehlen hätte, dann wären die Engländer längst in’s Meer
geworfen, dann wäre Paris längst erobert! So aber muß man dauernd lesen: „Im
Westen nichts Neues“. – „Heiliger Strohsack, was schaffen denn die eigentlich?“
– Er stellt sich die Sache so vor, als ob wir den lieben langen Tag auf der
faulen Haut liegen und nur an Essen und Trinken denken würden.
Unwillig schüttelt
er nochmals sein Haupt, greift zum Glas und nimmt einen kräftigen Schluck, um
den Ärger runterzuspülen. – „Päule, noch eins!“ – Und wenn er dann so und so
viele Glas Bier oder „Viertele“ sich einverleibt hat, wenn er weidlich
räsoniert und geschimpft hat, dann zieht er hochbefriedigt nach Hause. – „Was
ist er doch für ein Mordskerl!“ – Voll Behagen legt er sich neben sein Weible,
zieht seine Decke über die Ohren, murmelt noch einmal: „ja wenn – ich –!“, und
schon ist er sanft entschlafen.
Währenddessen
stehen draußen an der Westfront vom Meer bis zur Schweiz, an der hunderte von
Kilometern langen Front feldgraue Männer in schwerem Dienst und halten bei Wind
und Wetter, bei Regen und Schnee treue Wacht, damit er ruhig schlafen kann.
Währenddessen sinken ungenannt und unbekannt so viele brave Menschen unter dem
feindlichen Blei, zerrissen von der feindlichen Granate dahin. Hunderte müssen
ihr junges Leben lassen, bei Hunderten erfüllt sich das Schicksal, Hunderten
zerbricht die Seele im Leib. Oft und oft wanken sie nur noch Gespenstern gleich
einher, abgerackert, ausgemerkelt. – Und am andern Tag steht wieder in der Zeitung:
„Im Westen nichts Neus“.
Je stiller dieses
Heldentum der Front ist, desto größer ist es. Sie machen nicht viel Aufhebens
von sich, die Leute an der Westfront. Unverdrossen, selbstlos tun sie ihre
harte, schwere Pflicht, durch Not und Tod fest zusammengeschweißt, Offiziere,
Unter-offiziere und Mannschaften.“
aus: „Ehrenbuch
des württembergischen Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 248“, Stuttgart 1932
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