Montag, 11. Januar 2016

11. Januar 1916


„Die Stellung lag zwischen der Bahn Hollebeke – Ypern und dem Kanal Ypern – Menin. Als Zugang diente die Straße Tenbrielen – Kortewilde – Verbranden-Molen. In Kortewilde lagen die Ruhe-Truppen. Straße und Ort erhielten so gut wie kein Feuer. In Kortewilde lebten die Einwohner noch in ihren Häusern und bebauten ihre Felder. Alles machte einen sehr friedlichen Eindruck, wenn man an Binarville zurückdachte. Trotz-dem wurde im Ort und am Rand desselben mit Anlage von schußsicheren Unterständen begonnen, diese Arbeiten führten Russen aus. Die Stellung selbst war vom Inf.-Regt. 99 sehr gut ausgebaut und, was in Flandern die Hauptsache ist, mustergültig entwässert. Infolge des hohen Grundwassers konnte man selten tiefer als 1 Meter in den Boden und mußte die erforderliche Deckung durch Sandsäcke aufbauen. Viel Vertrauen brachte der Argonnenkämpfer dieser Deckungen nicht entgegen, es stellte sich aber später als lange nicht so schlimm heraus, weil die Tätigkeit der englischen Artillerie eine erheblich ruhigere war, als man es bei dem nervösen Franzosen gewohnt war. In vorderster Linie lagen zahlreiche schußsichere Betonstände, auch boten einige Minenstollen Unter-schlupf für alle Fälle.
Die Bereitschaften lagen teilweise ebenfalls in Betonständen, zum Teil in leichteren von Holz. In der sogenannten Kanalbereitschaft waren die Unterkunftsräume in die beim Ausheben des Kanals aufgehäufte Erde eingebaut, hier lag auch der Regimentsgefechts-stand.
Einen besonderen Vorteil hatte der Stellungskampf in Flandern gegen den in Nordfrank-reich, es gab keinen zähen Lehmschlamm. Der sandige Boden ließ sich mit Leichtigkeit entfernen.
In der feindlichen Stellung war der beherrschende Punkt gegenüber unserem linken Flügel die sogenannte große Bastion, ebenfalls aus dem Aushub des Kanals entstanden. Gegenüber auf der anderen Seite des Kanals lag die kleine Bastion. Schon der Vorgän-ger im Abschnitt hatte die große Bastion anminieren lassen und die nördliche Spitze mit einer gewaltigen Sprengung entfernt. Die Engländer hatten sich aber bald wieder festgesetzt und benutzten die Höhe für ihre Artilleriebeobachter. Außerdem waren Scharfschützen imstande, von oben her auf einzelne Leute in unseren Gräben zu schießen. Die Minengänge waren wieder in Ordnung gebracht und wurden von einer Mineurkompagnie unterhalten, ebenso zwei weitere Stollen, die unter die feindliche Stellung führten. Auch der Gegner hatte Minenstollen vorgetrieben. Die Anlage dieses Minensystems hatte große Anstrengungen gekostet bis es gelungen war, durch den Fluß-sand hindurch in standfesten Boden zu kommen.“


aus: „Das Infanterie-Regiment „König Wilhelm I“ (6. Württ.) Nr. 124 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1921

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