„Der große deutsche Angriff gegen die Verdunfront bereitete sich vor. Der
Angriff auf dem Ostufer der Maas sollte begleitet werden durch eine gewaltige
Artillerieschlacht auf dem Westufer, um feindliche Reserven zu binden und
feindliche Artillerie, die nach dem Ostufer flankieren konnte, zu zerschlagen.
Ein gewaltiges Leben setzte seit Ende Januar hinter unserer Front ein;
Barackenlager entstanden in den Wäldern, Munitions-depots von ungeahnter Größe
füllten die Trümmer von Bantheville, Förderbahnen krochen durch den Wald, und
überall arbeiteten Armierungstruppen a Batteriestellungen und an Waldwegen. Die
Nächte lebten; eine schwere Batterie nach der anderen hielt ihren Einzug im
Wald von Montfaucon. Geschütz reihte sich neben Geschütz am Preußenweg, in der
Wiesenschlänke.
Die Fahrer der Verpflegungsfahrzeuge wußten wieder alles aufs genaueste.
Vauquois sollte erobert werden.
In der Stellung arbeiteten Infanterie und Pioniere Tag und Nacht am Ausbau
schußsi-cherer Unterkünfte. Allein in T sollen schußsichere Unterkünfte für ein
ganzes Bataillon neu geschaffen werden. Man ahnte es: Ausgangsstellungen für
eine Angriffsunter-nehmung.
Immer wieder verzögerte sich der Beginn des Tanzes. Das Wetter war
abscheulich; Regen, Schnee, Nebel den ganzen Tag; Dreck und Schlamm waren ärger
denn je. Die Gräben fielen ein, die neuen Stollen ersoffen, trotzdem Tag und
Nacht an den Pumpen gearbeitet wurde wie auf einem lecken Schiff.
Immer wieder mußte das „Konzert in Romagne“ (so hieß der Deckname für den
Beginn der Artillerieschlacht) verschoben werden. Es waren kostbare Tage:
schußbereit standen die Batterien; die Angriffsdivisionen lagen in weitem Kranz
um Verdun; aber das Wetter war mit dem Feind verbündet. Hat er Wind bekommen
von dem, was ihm droht? Sagen ihm seine Spione, seine Flieger, seine Ballons,
das Auge und Ohr seiner Posten in Gräben und Fernwarten nicht, daß es in den
Wäldern von Malancourt und Montfaucon nicht stimme? Hört er nicht bei Tag und
Nacht Kraftwagenkolonnen auf der neuen Umgehungsstraße bei Montfaucon rattern?
Wozu der Lärm, wozu die neuen Straßen, die Förderbahnhöfe, die Arbeit in den
deutschen Stellungen?
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das Überraschungsmoment durch die
Ungunst der Witterung und vielleicht, wie wir oben argwöhnten, noch durch
anderes verloren war, als endlich am 21. Februar, Schlag 8 Uhr vormittags, das
„Konzert in Romagne“ begann.
Und dennoch schien der Feind überwältigt. Es war ein Konzert ohne Flöten
und Geigen, nur schrille Dissonanzen und wilde Bässe – das ganze Waldgebiet von
Montfaucon schien zu brodeln. Aus dem wirren Hämmern der Abschüsse lösten sich
die Lagen, die schwirrend und singend über unsere Köpfe weg nach Süden und
Südosten eilten. Sie stürzten sich hinein in den Hessenwald, hinüber nach
Parois, Recicourt und Dombasle, die Bahnlinie zu sperren, die dort von Clermont
nach Verdun führt und die Maasfestung mit dem französischen Hinterland
verbindet. Die ganze Luft war erfüllt von einem unentwirrbaren Krachen und
dumpfen Hämmern. Der Hessenwald dampfte von weißem Gischt der Einschläge, über
Avocourt hingen schwarze Sprengpunkte, an den Lauf-gräben, die vom Eulenwald
nach der Straße Avocourt – Esnes führten, stieg Erdfontaine neben Erdfontaine
auf.
Tag und Nacht zischte, heulte und pfiff es über uns weg, ohne Pause.
Allmählich antwortete auch der Franzose. Auch er hatte seine Kräfte verstärkt.
Neben den Feuerüberfällen der Feldbatterien traten schwere Kaliber ins Gefecht,
stürzten sich auf Montfaucon, auf Straßen und Wälder. Die Feldwachen vor Q und
S wurden ein beliebtes Ziel dieser unheimlichen Gäste, die sich tief in den
Boden wühlen, ohne Explosionsknall an den Grundfesten des Bodens rütteln.
Heftiger Artilleriekampf – das blieb das Kennzeichen der nächsten Wochen.
Und immer dicker schienen auf beiden Seiten die Batterienester zu werden. So
oft man in Stellung zog, glaubte man eine neue Batterie am Preußenweg, am
Landwehrweg oder an der Wiesenschlänke zu finden – und immer gehässiger wurden
die Feuerüberfälle der Franzosen bei Tag und Nacht. Die Nächte zuckten vom
Blitz der Abschüsse weit in der Runde, und im Osten drüben stand feurige Lohe
am Nachthimmel. Consenvoie, Brabant, Samogneux, Regniéville brannten. Wieder
war der herrische Krieg aufgestan-den, hatte die Gräben verlasen, stürmte über
Berg und Tal, Wälder zerpflückend und Dörfer in den Staub legend. Drüben auf
dem Ostufer der Maas tobte die Schlacht um den Caureswald, um Louvemont und die
Höhen bei Samogneux.“
aus: „Das Württembergische
Landw.-Inf.-Regiment Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922
aus: „Die Württemberger im Weltkriege“, Stuttgart 1927
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