„Die Jahreswende 1915/16 brachte die Wiedervereinigung des Generalkommandos
XIII mit seinen beiden württembergischen Divisionen, die aus Serbien (26.
Infanterie-Division) und von den Argonnen (27. Infanterie-Division) angelangt
waren, im Bereich der 4. Armee (Herzog Albrecht von Württemberg) an der
Ypernfront. Korps-Hauptquartier war Welveghem. Mittelpunkt der
Verpflegungstätigkeit, die bezüglich des Kolonnenverkehrs wiederum vom
Generalkommando einheitlich für beide Divisio-nen zusammengefaßt wurde, war Menin,
wo zunächst Korpsproviantamt, Bäckerei und Schlächterei mit Wurstfabrik,
weiterhin Materialdepot und Marketenderei eingerichtet wurden; dazu trat in
Halluin eine Waschanstalt und ein Sägewerk. Als Nachfolger des Oberint.-Rats
Köstlin übernahm die Stelle des Korpsintendanten Int.-Rat Dreiß, dem im April
1916 Int.-Rat Reiff folgte. Die 27. Infanterie-Division, deren Stab in Menin
lag, hatte in Wervicq das Divisions-Proviantamt mit Ausgabestellen und die
Bäckerei mit steinernen Backöfen in Betrieb gesetzt, sowie ein
Durchgangsmagazin für vorüber-gehend anwesende Kommandos. Kaum war dieses
angelegt, so erfolgte starke feind-liche Beschießung, wodurch wiederholt eines
der Magazine vernichtet wurde; daher wurde ein Teil der Ausgabestellen nach dem
nahen Coucou verlegt.
Anlaß zu besonders verantwortungsvolle Tätigkeit gab die gebotene Fürsorge
für den Lebensunterhalt der anwesenden Zivilbevölkerung und die Aufsicht über
die finan-ziellen Verhältnisse der Gemeinden, sowie über die wirtschaftliche
Verwendung aller Landesvorräte. Auch die Einschränkung der Zahl und die genaue
Regelung der Entlohnung der als Zivilarbeiter verwendeten Landesbewohner in den
vom Armeekorps eingerichteten Betrieben wurde notwendig, so bei den technischen
Militärbetrieben in Halluin – Spinnerei, Weberei, Schlosserei, Schreinerei und
Stellmacherei –, ferner bei den Arbeiten der Ortskommandanturen innerhalb der
Gemeinden und bei den Verladungsarbeiten der Trainkolonnen und Magazine. Aufs
strengste wurde überwacht, daß die für die Bevölkerung errichteten
Verkaufsstellen und Geschäftshäuser des spanisch-amerikanischen Hilfskomitees
von keinem Heeresangehörigen in Anspruch genommen wurden, um der feindlichen
Behauptung, diese Stellen würden für die Verpflegung der deutschen Armee
ausgenützt, den Boden zu entziehen. Die Erhebung von Zwangsauflagen, Steuern
und Abgaben in den besetzten Gebieten und deren Verwendung – in erster Linie
zur Deckung der Kosten der Landesverwaltung – behielt sich das
Armeeoberkommando bzw. der Generalquartiermeister vor.
Durch die ganze Verwaltung ging jetzt der Grundzug größter Sparsamkeit und
Rücksichtnahme auf die schwierigen Verhältnisse in der Heimat. Zur Verhinderung
von Mehr- und Doppelempfängen der Truppen, für die bei ihnen andauernd Neigung
bestand, setzte scharfe Kontrolle ein. Die Fleischportion wurde auf 320 g,
später auf 250 g ermäßigt, auch ein fleischloser Tag eingeführt; die
Kartoffelportion auf 500 g festgesetzt und Zuschüsse, wie Eier und Wein, auf
die Truppen in vorderer Linie und auf besondere Fälle, z. B. anläßlich des
Sturmes auf die Doppelhöhe 60 im Juni 1916, beschränkt. Die Rationssätze für
alle „nicht schweren“ Pferde betrugen 3 kg Hafer, 1,5 Heu und 2,5 Stroh. Jede
Benützung von Stroh zu Streu- oder Lagerzwecken wurde streng verboten; hierfür gab
es Torfmull und Sägmehl, bzw. Holzwolle. Die Tabakwaren als Teil der Feldkost
für Offiziere und sonstige Gehaltsempfänger kamen in Wegfall. Die Ablieferung
von Eiern und Butter seitens der Gemeinden gegen Bezahlung wurde genau
geregelt. Vermehrte Ackerbestellung, besonders Hafer-, Kartoffel- und
Gemüseanbau wurde im ganzen Bereich veranlaßt; nur dem feindlichen Feuer
dauernd ausgesetzte Grundstücke durften brach liegen. Die nötigen Zivilarbeiter
wurden unter Aufsicht der Kolonnenmannschaften beschäftigt und hiezu über die
Arbeitswoche gemeinschaftlich in Wirtschaftshöfen untergebracht. Jeder
Divisionsbereich war in mehrere Landwirtschaftsbezirke eingeteilt, unter
Aufsicht der Ortskommandanten und sachverständiger Offiziere und
Unteroffiziere; in den Bezirken wurden Ortsausschüsse unter Heranziehung
geeigneter Einwohner gebildet. Die Oberaufsicht lag in der Hand einer aus dem
Divisionsintendanten und mehreren landwirtschaftlichen Sachverstän-digen
gebildeten Kommission. Die Ernte 1916 im Gebiet des XIII. Armeekorps wurde auf
2 300 t Weizen, 5 000 t Hafer, 1 500 t Heu und 17 000 t Heu Stroh geschätzt;
hievon wurde ein Teil für die Ernährung der Einwohner und ihrer Viehbestände
verwilligt.
Rückführung von Altmaterial, wie Gummi, Metall, Kork, Packkisten usw., ferner
von ausgetragenen Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken und Leibwäsche erfolgte
in die Sammelstellen der Etappe in Menin und Bahnhof Wervicq. Der Rückleitung
an die Hauptsammelstelle der Kriegswirtschafts-A. G. ging Desinfektion bzw.
Entlausung voraus in einer der zahlreich für das Armeekorps eingerichteten
Anstalten, „Lausoleum“ genannt! Alle Tierhäute aus den streng geregelten
Schlachtungen für die Zivilbevöl-kerung mußten, wie dies seitens der
Militärschlächtereien schon seit 1914 geschah, an die Kriegsleder-A. G.
abgeliefert werden.
Für die Vorführung der Lebensbedürfnisse von den Magazinen zu den Truppen
war eine Förderbahn gebaut worden, die mit Gleisanschluß an die Hauptbahn bei
Menin-Wervicq versehen war und über Gheluwe – Klytmolen – America – Tenbrielen
bis Zandvoorde und Kortewilde Munition, Verpflegung und Post nach den vorderen
Stellungen brachte. In den Unterständen der I. Stellung und in den
Bereitschaftsunterkünften, die vorwärts der III. Stellung lagen, wurde für
unvorhergesehene Störungen des Nachschubs dauernd eine zweitägige Verpflegung
für die Besatzung in eisernen Portionen, sowie Trink-wasser bereitgehalten.
Mineralwasser lieferte die Etappe; ferner stellte die vom XIII. Armeekorps
errichtete Sodawasserfabrik in Menin täglich bis zu 3 000 l her. Zur Ernährung
der im besetzten Gebiet beschäftigten russischen Gefangenen wurde das Fleisch
der Pferdeschlächterei Welveghem verwendet und, soweit es hiefür nicht
erfor-derlich war, an die Einwohner verkauft.“
aus:
„Feldverwaltung, Etappe und Ersatzformationen im Weltkrieg 1914–18“, Stuttgart
1925
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708
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