„Die oben genannte hohe Schußzahl verlangte einen entsprechenden
Munitionsersatz, d. h. es mußten jede Nacht 12 000 Schuß aus den
Munitionsdepots, die in Bantheville und in der Mitte zwischen Gesnes und Cierges
lagen, mit den Munitions- und Kastenwagen in Stellung gebracht werden. Der Weg
von den Unterkunftsorten und zurück betrug bei den nächstgelegenen Batterien 30
km, bei den entferntesten bis zu 60 km, bei mehrfachen Höhenunterschieden von
50 bis 100 m und bei Wegen, die namentlich innerhalb des Waldes sehr schlecht,
durch Beschießung, verlorene Munition, vielfach regnerisches Wetter und
andauernde Benützung teilweise grundlos wurde. Die Dauer der Abwesenheit der
Pferde aus dem Stall schwankte von 7 Uhr abends bis am anderen Morgen 7 ja bis
10 Uhr; dabei war mit der Belastung der vierspännigen Munitionswagen bis an die
oberste zulässige Grenze gegangen worden. Wenn auch die Höchstzahl der ersten
acht Tage später nicht wieder erreicht wurde, so war doch der Munitionsbedarf
bei den immer wiederkehrenden Angriffen auf beiden Seiten während der nächsten
Monate dauernd ein sehr großer, und so gingen denn diese hohen Leistungen
Monate weiter. Ohne die Ablösung, die durch Mitheranziehung der A.M.K.* und der
Fuhrpark-kolonne ermöglicht wurde, wären diese Leistungen nicht zu erreichen
gewesen. Die angeführten Zahlen lassen erkennen, welche Anforderungen dabei an
Offiziere, Mann-schaften und Pferde gestellt werden mußten, und die
Verhältnisse, unter denen diese Leistungen erbracht wurden, zeigen, welch
großen Anteil auch der Fahrer der Batterie wie der Kolonne, an dem Erfolg der
Tätigkeit seiner Batterie hat. Zu den körperlichen Anstrengungen, der
Geschicklichkeit, Aufmerksamkeit und Energie, die das Fahren bei völlig dunkler
Nacht auf aufgeweichten, von Geschossen durchwühlten, mit Gerät, Gestrüpp,
teilweise mit Geschossen bedeckten Waldwegen, zeitweise im feindlichen Feuer
oder durch Gaszonen hindurch erfordert, tritt für den Fahrer noch etwas
beson-deres hinzu: wenn die Batterie Feuer erhält, so hat der Kanonier einen
mehr oder weniger großen Schutz am Geschütz, Stand oder Unterstand, auch hat er
das Bewußt-sein, daß die Batterie in der Lage ist, sich, wenn auch vielleicht
nicht gerade gegen den direkten, so doch gegen den Gegner überhaupt zu wehren;
der Fahrer, der durch das feindliche Feuer hindurchmuß, hat dieses Bewußtsein
nicht; er muß bei seinen Pferden bleiben, er findet keine Deckung, kann nicht
ausweichen, er kann nicht durch das Feuer durchgaloppieren, er kann nur mühsam
auf den Waldwegen Schritt fahren, muß bei den vielen Stockungen oft stundenlang
stehen bleiben; ihn fesselt an seinen Platz nur ernstes Pflichtgefühl, eiserne
Disziplin und persönlicher Schneid.“
aus:
„Das Württembergische Landw.-Feldartillerie-Regiment Nr. 2 im Weltkrieg 1914-1918“,
Stuttgart 1927
*A.M.K.: Artillerie-Munitions-Kolonne (bei der Division)
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