„Als am 8. März die Sonne aufging, schien sie auf eine schneeige
Landschaft, in der die einschlagenden Granaten große braune Flecken
hinterließen. Schon früh geht’s los. Kaum ist der Kaffee getrunken, so kommen
die ersten Granaten angesaust. Bis mittags ½4 Uhr dauert das Einschießen der
französischen Artillerie, die an die 400 Granaten zu diesem Zwecke opfert. Von
4 Uhr an trommelt der Franzose auf die Stellung Exbrücke in bisher ungekannter
Stärke. Man schätzt 7–8000 Granaten und Minen. Um 6 Uhr erscheint ein
französischer Flieger über der Stellung, um die Wirkung der Artillerie zu
kontrollieren. Gegen 7 Uhr erreicht das Feuer seinen Höhepunkt. Granaten aller
Kaliber, von 7,5 cm bis zu den 15,5 cm-Langgranaten, fahren auf die Stellung
nieder. Das Vor-werk sendet seine Flügelminen herüber. Das Hauptfeuer ruht auf
dem linken Flügel der Stellung und reißt dort mächtige Löcher von 5 Meter
Durchmesser und 1½ Meter Tiefe in die harte Straße und in die im Kies geführten
Gräben, die fast völlig zusammen-geschossen sind und nur noch flachen Mulden
gleichen. Auf dem linken Flügel steht ein betonierter Maschinengewehrstand. Der
hält dem vernichtenden Feuer noch stand. Da drin sind am schußbereiten
Maschinengewehr Sergeant Dietz und 2 Mann. Daneben befindet sich in einem
weiteren betonierten Postenstand der Ersatzreservist Überle und der
Landsturmpflichtige Zimmer der 9. Kompagnie, die seit Anfang Januar in Exbrücke
in Stellung ist. Bei ihnen sind Leutnant Lobmiller und 2 M.-G.-Schützen, die im
feind-lichen Feuer hierher aus ihrem Unterstand vorgekommen sind. Durch die
engen Seh-schlitze suchen sie mit ihren Augen das schnee- und erddurchwirbelte
Vorgelände ab nach dem Gegner, der kommen soll. Nichts zu sehen. Da senkt sich
leise die Dämmer-ung auf das Gelände. Immer schwerer und schwerer kann das Auge
unterscheiden. Da springen plötzlich vor dem völlig zerfetzten Drahtverhau 3
weiße Gestalten auf und laufen unserm Graben zu, überspringen die Mulden, in
die er sich infolge der einge-schlagenen Granaten verwandelt hatte. Den dreien
folgt dichtauf eine größere Schar, 40–50 Mann, alle in Weiß gekleidet. Sie
waren plötzlich aus einem sonst dicht ver-schneiten Wassergraben vor der Front
mit einem Schlage aufgeschnellt, Abteilung um Abteilung folgt, der größere Teil
stürmt über den Graben weg und sucht die Flügel-stellung von hinten her
aufzurollen, ein kleinerer hat die Aufgabe, den deutschen Graben aufzuräumen.
Ehe das Maschinengewehr auf den neuen Gegner herumge-schwenkt werden kann ist
der da. Leutnant Lobmiller springt mit seinen beiden Schützen dem bedrängten
Maschinengewehr zu Hilfe, bricht aber nach kurzem Kampfe mit 3 Wunden schwer
getroffen vor dem Maschinengewehrstand zusammen, der Rest der M.-G.-Besatzung
erliegt im Handgranatenkampf. Wohl bleiben 2 Franzosen tot im Graben liegen,
aber das Maschinengewehr ist verloren. Die beiden Infanterieposten wehren sich
wie die Löwen. Überle schießt nach vorn, was aus dem Gewehr herausgeht, und muß
sich gegen die Bajonette wehren, die durch die Schlitze hereinfahren, Zimmer
schießt aus dem Eingang des Postenhäuschens auf die vorüberstürmenden
Franzosen, drei Franzosen stürzen verwundet zusammen, werden aber von ihren
Kameraden sofort zurückgeschleppt. Überle gelingt es, sich Luft zu verschaffen,
große Blutlachen vor seinem Posten zeugen von den Verlusten der Franzosen. Eine
zweite Abteilung rennt gegen die Stellung an, da fährt im Drahtverhau eine
Granate unter sie und zerreißt ihre Linien.
Weiter
im Graben nach rechts steht in seinem Postenhäuschen der Wehrmann Müller. Als
der die Franzosen sieht, rennt er zum nächsten Unterstand und ruft die Wache
gegen die von Hinten her einschwenkenden Franzosen auf. Sie haben sich
inzwischen auf 70–80 Mann vermehrt. Leutnant Koch nimmt sofort mit seinen Mannschaften
den Kampf auf und bei dem gutsitzenden Feuer der Neuner schwenken die Franzosen
schleunigst ab und kehren um. Die Gräben werden abgesucht, da entdeckt man den
Verlust des Maschinengewehrs und den Tod seiner Bedienung. Die Franzosen nehmen
ihre Toten und Verwundeten auf schon bereitgestellten Tragbahren mit. Leutnant
Strohm stößt sofort mit einer starken Patrouille nach. Er findet keinen
Franzosen mehr, aber viele Ausrüstungsgegenstände und Blutspuren kennzeichnen
den Rückweg der Franzosen. Um ¾9 Uhr lag tiefster Friede über dem Gelände.
Einer der beiden im Graben zurückgebliebenen toten Franzosen hatte eine
Stickgasbombe in seiner Tasche stecken, die so betäubendes Gas ausströmte, daß
Assistenzarzt Dr. Pohl bei der Untersuchung des Toten die eigene Gasmaske
aufsetzen mußte. Die beiden Franzosen gehörten wiederum den 8. Dragonern an,
die, wie es schien, als besonderer Stoßtrupp für ähnliche Vorstöße jedesmal
eingesetzt wurden. In den nächsten Nächten fühlten die Franzosen erneut gegen
die Exbrückener Stellung vor, wurden aber jedesmal von der wachsamen
Grabenbesatzung energisch abgewiesen.“
aus: „Das
Württembergische Landwehr-Inf.-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart
1923
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