„Die Gebirgsartillerie sollte nun zum erstenmale auch auf dem westlichen
Kriegsschau-platz als Träger artilleristischen Offensivgeistes die Infanterie
beim Sturm durch Unter-stützung mit direktem Schuß aus nächster Entfernung
unterstützen, eine Aufgabe, wie sie zwei Jahre später bei den großen
Angriffsschlachten des Jahres 1918 noch einmal gestellt und unvergleichlich
besser gelöst wurde. Die Aufgabe des Alpenkorps bestand darin, das Dörfchen
Fleury bei Douaumont zu nehmen, und darüber hinaus gegen das Hauptziel Verdun
vorzustoßen.
Der Grund des Versagens des Einsatzes der Gebirgsartillerie, um dies gleich
vorneweg zu nehmen, lag hauptsächlich darin, daß die Urheber der Idee von
falschen Voraus-setzungen ausgingen. Sie hatten die leichte Beweglichkeit
unserer auf Tragtiere verlasteten Geschütze im Gebirge bewundert und gedachten
nun diese Eigenschaft bei dem sumpfigen Wegnetz vor, beim Anstieg auf die Côte-Lorraine und im darauf-folgenden Trichtergelände
ausnützen zu können. Man hatte aber nicht bedacht, daß diese leichte
Beweglichkeit nur dank dem großen Apparat von Tragetieren usw. möglich war.
Gehörte doch zu den zwölf kleinen Geschützen ein Aufgebot von über 1200 Mann
und über 940 Pferden. Sowie also durch feindliches Artilleriefeuer große
Verheerungen unter dieser Karawane eintraten, was nützte es dann, glücklich die
Hälfte der Geschützteile unter den größten Verlusten in vorderste Linie
gebracht zu haben, wenn der Rest hinten in Trichtern und Gräben lag und man
nicht schießen konnte? Und gerade die Hauptbe-dingung eines Durchbruches im
Stellungskriege. das Überraschungsmoment und das damit verbundene Niederhalten
des feindlichen Artilleriefeuers während des Sturmes mußte hier bei Verdun
entbehrt werden. Außerdem war es ein Grundfehler, die Gebirgs-artillerie im
Abteilungsverbande geschlossen zu verwenden, dies hat sich immer gerächt. Nur
einzelne Geschütze und Züge mit schneidigen jungen Offizieren als Führern, die
in engster Verbindung mit ihren Infanteriesturmtrupps und Kompagnien diesen den
Weg zum Vorwärtskommen bahnen, vermögen etwas zu leisten. Kronzeuge dafür ist
der Einsatz des Jahres 1918, wo die Mitwirkung der württembergischen
Gebirgsartillerie von den Infanterieregimentern in alle Himmel erhoben wurde.
in der Nacht vor dem Sturme auf Fleury stand die Geb.-Art.-Abteilung 2 bei
der Ornesmühle bereit, um bei fortschreitendem Angriff über Bezonvaux,
Cailettewald zu folgen. Der bayrische Zug der Geba 8 war schon seit einigen
Tagen beim Ouvrage de Hardaumont, wo auch ein Abteilungs-Munitionslager
errichtet worden war, in Stellung gegangen. Trotz starken Sperrfeuers gelang es
der Geba 6 ohne Verluste den sumpfigen Grund des Bezonvauxbaches zu
überschreiten, die Höhen des Ouvrage de Bezonvaux zu erklimmen. Hier in dem
noch beinahe intakten Vorwerk befand sich eine pomphafte Inschrift der früheren
französischen Besatzung: „S‘ ensevelir sous le ruines de l‘ ouvrage, plutôt que de se rendre“. Was sie seinerzeit aber nicht
verhindert hat, schon auf den moralischen Eindruck unserer 42 Zentimeter hin
bei noch ganz unbeschädigten Kasematten das Fort zu räumen! Durch das Wäldchen
von Hardaumont, in dem es bös aussah, streckten doch nur noch einige entlaubte
Bäume ihre Äste wie Besenstiele in die Luft, wurde nun bis an den andern Rand vorgezogen
und in Feuerstellung gegangen. Die Geba 8 war schneidig bis in den
Cailettegrund hinabgestiegen, aber nach sehr schweren Verlusten – der tüchtige
Offizierstellvertreter Lupfer des württembergischen Zuges büßte hier mit vielen
anderen sein Leben ein – wurde unverrichteter Dinge zurückge-kehrt, da der
Infanterieangriff infolge mangelnder artilleristischer Niederkämpfung
betonierter Maschinengewehrnester nicht weitergekommen war. Diese Batterie
bezog nun auch anschließend an die Geba 6 in dem Wäldchen von Hardaumont
Feuer-stellung.“
aus: „Die
württembergische Gebirgs-Artillerie im Weltkrieg 1915-1918“, Stuttgart 1920
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