„Der 26. Juni fing besonders lebhaft an, denn um 1.15 Uhr nachts begann das
Trommelfeuer gegen die Abschnitte P 5, P 6 und teilweise auch P 7; daran schloß
sich eine englische Patrouillenunternehmung an und gegen 2 Uhr morgens hörte
das feind-liche Artilleriefeuer ganz auf. Mit Einsetzen des Trommelfeuers hörte
eine Patrouille der 9. Kompagnie, die seit Einbruch der Dunkelheit am
feindlichen Drahthindernis gegenüber P 5 lag, laute englische Kommandos und sah
eine feindliche Schützenlinie, 40 bis 50 Mann stark, aus dem englischen Graben
steigen. Alsbald ging die Patrouille zurück und meldete dies dem Offizier vom
Grabendienst, der sofort alarmierte. An unserem Drahthindernis angelangt,
wurden die Engländer mit kräftigem Maschinen-gewehr- und Infanteriefeuer empfangen,
während unser Artilleriesperrfeuer, herbeige-führt durch Abschuß roter
Leuchtkugeln, sofort wirkungsvollst einsetzte. So zerschellte dieses
Unternehmen an der Rührigkeit und Aufmerksamkeit unserer braven Truppe und der
baldigsten Eröffnung des Abwehrfeuers.
Gefreiter Fetzer der 9. Kompagnie stand zu dieser Zeit auf Posten. Während
der andere Mann des Doppelpostens die Besatzung alarmierte, wurde er plötzlich
von den drei vordersten Engländern angegriffen, indem er mehrere Schläge auf
den Kopf erhielt. Fetzer schoß nach dem ihm zunächst stehenden Engländer, der
mit einem Schrei zusammensank. Die zwei anderen Engländer versuchten nun,
Fetzer mit einer Mist-gabel, deren Zinken umgebogen waren, in die Höhe und aus
dem Graben zu ziehen, da er sich aber kräftig zur Wehr setzte, so ließen ihn
die Engländer fallen und verschwan-den in der Dunkelheit unter Mitnahme ihres
verwundeten Kameraden.
Eine nach Aufhören des Artilleriefeuers ins Vorgelände abgeschickte
Patrouille brachte folgende Beutestücke zurück: 2 Gewehre mit aufgepflanztem
Seitengewehr. Bei einem derselben war am vorderen Laufende mittelst
Gummibändern eine elektrische Hand-laterne in Röhrenform angebracht, deren
vorderes Ende mit einer elektrischen Birne und Ovalglas abgeschlossen war.
Mittelst einer Schnur konnte nun der Schütze im Anschlag den kleinen
Scheinwerfer zur Tätigkeit bringen und dann den geblendeten Gegner mit
Sicherheit abschießen. 5 Stahlhelme (darunter einer mit Offiziers- und einer
mit Unter-offiziers-Abzeichen), 2 Drahtscheren, 2 Hämmer (eine Art von
Totschläger), 3 Mist-gabeln mit umgebogenen Zinken, 2 Handgranaten, 1 Zeltbahn
und 1 aus einem Stück Eisen roh hergestelltes dolchartiges, sehr spitzes
Messer, das in einem ausgehöhlten Stück Holz als Scheide steckte. Letzteres
erinnert lebhaft an die Expedition der briti-schen Nation gegen wilde Völker,
obwohl sie dreist behaupten, für Menschlichkeit und wahre Kultur zu kämpfen.
Von 4 Uhr morgens setzte dann wieder heftiges Artillerie- und Minenfeuer
ein gegen den Regimentsabschnitt, das in wechselnder Stärke den ganzen Tag über
andauerte. Zu wiederholten Malen blies der Gegner Gas ab gegen unseren, sowie
gegen die Neben-abschnitte, das aber teilweise in die feindlichen Stellungen
zurückging. Um 11.00 Uhr vormittags erschienen auch starke Rauchwolken aus
Krone-Nord und Krone-Süd. Zu ihrer Erzeugung scheinen sowohl ein Blasverfahren
wie Nebelbomben verwendet worden zu sein. Die Rauchwolke zog gegen P 3 und P 4
und war so stark, daß die feindliche Linie dadurch der Sicht entzogen wurde.
Die Verluste, die bis jetzt ziemlich gering waren, vermehrten sich
zusehends. Heutige Verluste: Leutnant d. R. Stöckle und Leutnant d. R. Ricker
tot, Leutnant Münst schwer verwundet, 16 Mannschaften tot, 38 Mannschaften
verwundet, 1 Mann vermißt.“
aus:
„Das 10. Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 180 in der
Somme-Schlacht 1916“, Stuttgart 1917
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen