„Abgesehen von einzelnen nächtlichen Patrouillenkämpfen und den gewohnten
Beschießungen, die da und dort Zerstörung von Stellungsteilen und leider fast
täglich blutige Verluste verursachten, verlief der Monat Juni im allgemeinen
ruhig. Eine sogenannte „ruhige“ Stellung war die bei Richebourg allerdings
nicht, vielmehr war dauernde, gespannte Aufmerksamkeit bei Tage und besonders
bei Nacht geboten, aber auf einen ernstlichen, umfangreichen Angriff oder auch
nur auf eine Unternehmung größeren Stils deutete nichts hin.
Da! Am 29. Juni – das Wetter war kühl, trüb, regnerisch – 12 Uhr mittags
setzte schweres Minenfeuer auf K 5 ein, hauptsächlich auf die Drahthindernisse.
Um 1 Uhr beginnt feindliches Artilleriefeuer, das sich mehr und mehr steigert.
Augenscheinlich handelt es sich um ein feindliches Wirkungsschießen auf die
Abschnitte K 3, K 4 und K 5, sowie auf Stützpunkt C. Von 3 Uhr ab tritt eine
weitere Steigerung des feindlichen Artillerie- und Minenfeuers aller Kaliber
ein. Um 4 und 5 Uhr je 15 Minuten Feuer-pause! Um 6 Uhr hört das Feuer ganz auf.
In K 5 lag die 12. Kompagnie unter Leutnant d. R. Stäbler. Als dieser
erkannt hatte, daß es sich nicht um einen der gewohnten feindlichen
Feuerüberfälle, sondern um ein planmäßiges
Wirkungsschießen handelte, ließ er, um bei Tage unnötige Verluste zu
vermeiden, den größeren Teil seiner Kompagnie nach links zum Abschnitt des
Nachbarregiments 246, die anderen nach rechts nach dem Abschnitt K 4
ausweichen. Wenn dann der Feind je den Abschnitt A 5 angriff, stand hier ja das
durch einen Betonklotz geschützte M.-G. 8, bei dem sich noch ein Teil der 12.
Kompagnie und Leutnant Stäbler selbst befanden. Hier wollte dieser das Ende des
feindlichen Feuers abwarten. Als der Graben zerstört war und nur noch der
betonierte M.-G.-Stand aus den Trümmern hervorragte, lenkte der Engländer sein
Feuer auch auf diesen. Es traten Verluste ein: ein Mann wurde getötet, Leutnant
Stäbler und einige Leute wurden verwundet. Leutnant Stäbler versuchte, nach K 4
zu gelangen, um sich verbinden zu lassen. Unterwegs stieß er im vorderen Graben
auf einige Leute seiner Kompagnie, die ihn verbanden. Dort blieb er zunächst.
In einer Feuerpause ging er wieder nach K 5 zurück und traf bei M.-G. 8 noch
etwa 8 Mann in Unterständen. Bei diesen blieb er. Verteidigung und Abwehr war
sehr erschwert, denn der Graben war großenteils zerstört, Handgranaten und
Patronen waren verschüttet. Die einzige Rettung war das Maschi-nengewehr, wenn
es gelang, es in Stellung zu bringen.
Zweimal war es von seinem Stande heruntergeschossen worden, ohne daß es
kampf-unfähig geworden wäre, obgleich der Betonklotz durch Volltreffer schwer
beschädigt worden war.
Die Gräben waren furchtbar zusammengeschossen. Leutnant Rentschler und
Vizefeld-webel Kobler (Off.-Asp.), die mit ihren Leuten nach 246 ausgewichen
waren, kamen zu Leutnant Stäbler, um zu berichten, daß sie mit 30 Mann den
Verbindungsweg nach 246 halten. Sie erhielten den Befehl, dort zu bleiben.
Leutnant Stäbler selbst sammelte die übrige Kompagnie in K 4. Als der Feind
weder sein Feuer fortsetzte, noch sonst irgend etwas unternahm, besetzte die
12. Kompagnie mit etwa 60 – 70 Mann bei Einbruch der Dunkelheit wieder K 5.
Die Kompagnie, die schon 7 Tage in diesem anerkannt schwierigsten Abschnitt
einge-setzt und dem schweren Feuer der letzten Tage ausgesetzt war, hatte an
Gefechtskraft stark eingebüßt. Man mußte mit der Fortsetzung des Feuers und mit
einem feindlichen Angriff am anderen Morgen rechnen. Da waren frische Kräfte
nötig. Auf Antrag des Bataillonskommandeurs wurde daher vom Regiment befohlen,
daß die 12. Kompagnie in der kommenden Nacht durch die 8. Kompagnie in K 5
abgelöst würde. 10.15 Uhr abends wurde der Befehl ausgegeben; gegen 1 Uhr
morgens war die Ablösung voll-zogen.“
aus:
„Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 248 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1924
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