„Für den Abend des 8. Juni war ein Angriff großen Stils durch das I.
Bayerische und Teile des Alpenkorps südwestlich vom Fort Douaumont geplant. Um
die Aufmerk-samkeit des Gegners von den Vorbereitungen zu diesem Unternehmen
abzulenken, sollten die 1. und 50. Division am frühen Morgen dieses Tages den
ihnen gegen-überliegenden Feind angreifen.
Das Vorbereitungsfeuer für diesen Angriff hatte schon am 7. Juni,
nachmittags 3 Uhr, begonnen; die Erwiderung desselben blieb nicht aus, so daß
der Aufstieg des II. Bataillons und der 2. M.-G.-Kompagnie in der Nacht zum 8.
auf den Vauxberg dauernd unter Feuer lagen ein, viel Zeit ging verloren; so
konnte die Ablösung erst ¼ Stunde vor dem auf 4 Uhr morgens
festgesetzten Beginn des Angriffs beendet werden. Trotzdem gelang es der
Tatkraft des Bataillonskommandeurs, Major Blezinger, und seiner
Kompagnieführer, die Bereitstellung zum Angriff noch rechtzeitig durchzuführen.
Vom rechten zum linken Flügel standen zum Angriff bereit: 5. Kompagnie in der
Kehle, 8. und 7. in der Ostflanke des Forts, die 6. in dem Anschlußgraben bei
der Liesesappe. Außer dem II. Bataillon befanden sich noch die zuletzt
abgelösten Teile des I. Bataillons (meist von der 1. Komp.) im Fort, die nun
von dem Führer derselben, Leutnant d. R. Schumacher, gesammelt wurden.
Planmäßig begann 4 Uhr morgens der Angriff, aber ehe er noch recht in Gang
gekommen war, setzte ein mächtiger, das Fort von drei Seiten umfassender
franzö-sischer Gegenangriff ein, der sich hauptsächlich gegen die Kehle des
Werks richtete, wo der tapfere und vielbewährte Oberleutnant Großrau (5. Komp.)
das Kommando führte. Welle auf Welle drangen die französischen Schützen aus dem
Bergwald vor, starke Schützenlinien stiegen aus den Gräben von Batterie a – 766
a, während die französische Artillerie zum Trommelfeuer überging. Aber die
Kompagnien, die rasch die Ausgangs-stellung wieder eingenommen hatten, hielten
in ihren zerschossenen Gräben stand und eröffneten ein wirksames Feuer auf den
Angreifer, unterstützt durch ihre herbeieilenden Reservezüge, durch die
M.-G.-Kompagnie, die aus überhöhender Stellung dem Feind schwere Verluste
zufügte und durch das auf Zeichen einsetzende Sperrfeuer, das unter den
Angreifern mächtig aufräumte. Trotzdem gelangten Teile desselben bis in nächste
Nähe der Gräben, wurden aber im Nahkampf mit Bajonett und Handgranate
zurück-gewiesen. 4.15 Uhr war der gefährliche Angriff abgeschlagen; der Franzose
flutete in seine Ausgangsstellungen zurück.
In einer Kampfschilderung des Oberleutnants Großrau heißt es über die
Abwehr des französischen Angriffs gegen die 5. Kompagnie:
„Furchtlos und treu
hatte die Grabenbesatzung unter ihrem tapferen Führer, Unteroffizier Metzger
aus Neuenbürg, in dem Eisenhagel, der auf sie niederging, ausgehalten. Noch ehe
der Angriff begonnen hatte, war das Grabenstück eingeebnet und die Mannschaft
größtenteils tot und verwundet; auch Unteroffizier Metzger hatte den Heldentod
gefunden. Trotzdem verließ Punkt 4 Uhr morgens die erste Sturmwelle den Graben,
als der Alarmruf ertönte: Die Franzosen kommen!
Da hätte man unsere
Schwaben sehen sollen! Aus dem Fortinneren quoll es hervor, sich drängend und
schiebend; jeder wollte der erste oben sein als ein Glied in der lebenden
Mauer, die sich, wie aus der Erde gezaubert, nun schützend zwischen Feste und
Angreifer aufrichtete. Und es war in der Tat höchste Zeit. In zahlreichen
Wellen und dahinter in dichten Kolonnen kamen die Franzosen daher, fest
entschlossen, sich die verlorene Panzerfeste wieder zu holen. Die Verluste
waren schwer auf beiden Seiten; aber nur über unsere Leichen wäre für den
Franzmann der Weg ins Fort gegangen. Mit Gewehr und Handgranaten wurden alle
Stürme restlos, zum Teil aus allernächster Nähe, abgeschla-gen.“
Als ein Vorbild von
Unerschrockenheit erwies sich dabei die Gefechtsordonnanz des Kompagnie-führers,
der Gefreite Karl Heinzelmann. Stehend freihändig schoß er auf die
Anstürmenden, kalten Blutes wie auf dem Übungsplatz, schleuderte er seine
Handgranaten in die feindlichen Reihen. Ein Kopfschuß machte zwei Stunden
später seinem jungen Leben ein Ende.
Auf dem linken Flügel,
im Abschnitt der 7. Kompagnie, war der Unteroffizier Otto Steiner aus
Rottenburg a. N. der Held des Tages. Trotz des Befehls, auf die Stellung
zurückzugehen, blieb er mit seinem Stoßtrupp vor dem französischen Sappenkopf
(bei 763) liegen und verhinderte zwei Versuche der Franzosen, von hier aus
vorzubrechen, mit seinen unfehlbar sicher geworfenen Handgranaten. Erst um 4
Uhr nachmittags, als die letzte Granate verbraucht war, kroch er mit seinem
verwegenen Trüpplein in den Graben der Kompagnie zurück.
Auch Unteroffizier
Sülzle der 1. Kompagnie mit seinem Stoßtrupp konnte sich erst zum Rückzug auf
die Stellung entschließen als auch ihm die Handgranaten ausgegangen waren.
Glücklich erreichte er nun die eigene Linie; aber – ein Mann fehlte, der vorn
noch neben ihm gelegen hatte. Da gibt es für Sülzle kein Zögern. Bald kriechend,
bald springend, arbeitet er sich von Trichter zu Trichter vor, bis er den
verwundet liegengebliebenen Kameraden findet; und mitten durchs Feuer bringt er
ihn auch glücklich wieder zurück. Ein paar Augenblicke später sät das deutsche
Sperrfeuer Tod und Verderben auf jene Stelle.
Sehr wesentlich wirkten
bei der Sturmabwehr die Maschinengewehre mit. Mitten im wütenden Eisenhagel
wurden sie unter der entschlossenen Führung des jugendlichen Leutnants
Teichmann aus dem Fort heraus auf das Glacis in Stellung gebracht. Immer wieder
schlugen Volltreffer in die Stände und begruben Mannschaften und Maschinen;
immer wieder gruben sich die Schützen aus, brachten die Gewehre instand und
hämmerten von neuem los.“
(„Schwäbische Kunde“,
Band 3.)
Um 5 Uhr morgens schlug im Rücken der Kämpfer ein Volltreffer in den
rechten Schul-terpunkt des Forts, verschüttete den dort befindlichen einzigen
Zugang und entzündete zugleich ein kleines Depot von Handgranaten und
Kartuschen, so daß hier eine Panik entstand, der jedoch Leutnant d. R.
Schumacher (1. Komp.) und Leutnant Müller (3. Komp.) bald Herr werden konnten.
Leutnant Schumacher ließ dann durch seine Leute den Ausgang wieder freilegen.
7.45 Uhr nachmittags erneuerten die Franzosen nach heftiger
Feuervorbereitung ihre Angriffe, diesmal mit noch stärkeren Kräften, aber
wiederum ohne Erfolg. Der Gegner erlitt auch jetzt wieder schwere Verluste;
trotzdem setzte er 9.45 Uhr abends nach ausgiebiger Feuervorbereitung zum
drittenmal zum Sturm gegen das Fort an. In dichten Kolonnen sah man ihn aus dem
Bergwald vorrücken; aber Sperrfeuer und M.-G.-Feuer zerschlugen seine Reihen,
nur einzelne Wellen gelangten in die Nähe des Forts, wurden aber von der
standhaft aushaltenden Grabenbesatzung tapfer zurückgewiesen, Das feindliche
Artilleriefeuer jedoch blieb die ganze Nacht mit geringen Pausen auf dem Fort,
den Anschlußgräben und dem Hintergelände liegen.“
aus:
„Das 8. Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 126 „Großherzog Friedrich von
Baden“ im Weltkrieg 1914-1918ׅ, Stuttgart 1929
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