„Am 10. morgens erging der Angriffsbefehl für den 11. Juli. Zugleich begann
das Zerstörungsschießen unserer schweren Artillerie. Mit Einbruch der
Dunkelheit wurde das III. Bataillon unter Major Frhr. v. Hügel in die Stellung
vorgezogen und übernahm den rechten Flügel derselben. Auch dieses Bataillon
erlitt beim Aufstieg auf den Vauxberg nicht unbeträchtliche Verluste und die 9.
Kompagnie wurde durch einen Feuerüberfall teilweise zersprengt. Zum Angriff war
das Regiment wie folgt gegliedert: III. Bataillon mit 6 und II. Bataillon mit 4
M.-G. im ersten Treffen – mit je zwei Kompagnien in 1., einer in 2. und einer
in 3. Linie. Die tiefe Gliederung war mit Rücksicht auf die gefährdeten Flanken
notwendig. Vom I. Bataillon (im zweiten Treffen) war die 2. Kompagnie mit 4
M.-G. als Fortbesatzung verwendet, 1. und 4. Kompagnie als Brigadereserven auf
dem Hardaumont und in der La Plume-Ferme bereitgestellt, die 3. Kompagnie war
für Stafetten- und Trägerdienste aufgeteilt. Regimentsverbandplatz, Pionier-
und Munitionsdepot befanden sich in der Méraucourt-Ferme, eine vorgeschobene
Verbandsstelle im Fort Vaux. Leutnant d. R. Pezold stand mit einer
Sturmabteilung von 2 Stoßtrupps des II. Bataillons, 2 Gruppen Pioniere, 1 Zug
M.-G. unter Leutnant d. R. Lauxmann im Fort Vaux bereit, um nach Gelingen des
Angriffs den Osteingang des Tavannes-Tunnels zu besetzen, wo starke Reserven
des Gegners festgestellt waren.
Der Beginn des Angriffs war auf 5.45 Uhr morgens festgesetzt. Erstes
Angriffsziel für das Regiment war die Linie 577 – Batterie h. Sobald der linke
Flügel der 1. Division ebenfalls Punkt 577 erreicht hatte, sollte der Abgriff
nach erneutem Wirkungsfeuer der Artillerie gegen die feindlichen Linien
nördlich Fort Tavannes fortgesetzt werden.
Nach Mitternacht hatte das feindliche Artilleriefeuer, wohl infolge des
Grünkreuz-schießens, das am 10. 7. abends begonnen, merklich nachgelassen. 4 Uhr
morgens meldeten die Bataillone ihre Bereitstellung. Punkt 5.45 Uhr traten sie
nach gleichge-stellten Uhren zum Angriff an. Das III. Bataillon traf jedoch auf
einen von dem Vorbereitungsfeuer wohl kaum berührten, völlig unerschütterten
Gegner und erhielt schon beim Verlassen der Gräben lebhaftes Infanterie- und
Maschinengewehrfeuer, do daß der Angriff mitten zwischen beiden Stellungen unter
großen Verlusten zusammen-brach, wobei der schneidige Führer der 11. Kompagnie,
Leutnant Lange, durch Kopf-schuß schwer verwundet wurde. Der Nachbar zur Rechten
– Inf.-Regt. 43 – war unter dem feindlichen Feuer aus seinen Gräben überhaupt
nicht herausgekommen. Ein 1.30 und 4 Uhr nachmittags wiederholter
Angriffsversuch diese Regiments hatte keinen besseren Erfolg. So blieb die Lage
auf dem rechten Flügel bis zum Abend unverändert.
Auch auf dem äußersten linken Flügel des Regiments (rechts der 7.) unter Leutnant
d. R. Nauen, die, dem auch ihr entgegenschlagenden Frontalfeuer trotzend, in
die Nähe des feindlichen Grabens gelangte. Als sie dann mit Hurra zum Sturm
ansetzte, ergab sich die Besatzung, nur ein Maschinengewehr feuerte weiter, bis
die Bedienung niedergemacht war. 30 - 40 Franzosen wurden gefangen, 2
Maschinengewehre erbeutet. Vizefeldwebel d. R. Hinderer, obwohl am Kopfe schwer
verwundet, und Vizefeldwebel Schmidt zeichneten sich hierbei besonders aus. Ein
weiteres Vorgehen wurde durch M.-G.-Feuer aus der rechten Flanke verhindert.
Die Kompagnien gruben sich ein. Die schweren Verluste der 7. Kompagnie wurden
durch Teile der 8. ersetzt und die offene rechte Flanke der 6. Kompagnie durch
Postierungen einigermaßen gesichert.
Der Festungskommandant, Major von Görschen (vom Inf.-Regt. 172), erkannte
gegen Mittag die gefährdete Lage des vorgeprellten II. Bataillons: im
Altkirchgraben standen die Franzosen Mann an Mann, anscheinend zum Gegenstoß
bereit; auch die östlich und westlich anschließenden Gräben waren stark
besetzt. Mit Minenwerfern und Maschinen-gewehren ließ er diese Ziele unter Feuer
nehmen mit dem Erfolg, daß sich etwa 50 Franzosen ergaben, als sich die 7. und
8. Kompagnie bald darauf zum Angriff anschickten.
5 Uhr nachmittags begab sich der Kommandeur des II. Bataillons, Major
Blezinger, der die Meldung erhalten hatte, Inf.-Regt. 143 habe die Batterien f
und h in Besitz genommen, von seinem Gefechtsstand in Fort Vaux in die vordere
Linie, um die für die Fortsetzung des Angriffs erforderlichen Maßnahmen an Ort
und Stelle zu treffen. Infolge des andauernden Infanterie- und
Maschinengewehrfeuers drangen indessen die Befehle nur langsam durch, ihre
Ausführung nahm ebenfalls viel Zeit in Anspruch, und noch ehe sie durchgeführt
waren, brach der Gegner seinerseits mit aufgepflanztem Seitengewehr zu beiden
Seiten der Batterie f und des Altkirchgrabens in dichten Kolonnen aus der
Tavannes-Schlucht heraufsteigend zum Angriff vor. Der Angriff wurde restlos
abgewiesen und das gutsitzende Feuer unserer Musketiere und der M.-G.-Schützen,
sowie das Sperrfeuer unserer Artillerie brachten dem Gegner schwere Verluste
bei.
Major Blezinger entschloß sich sofort, diese Lage zu einem Gegenstoß
auszunützen und befahl der 5. Kompagnie den Angriff vorzutragen. Jetzt zeigte
sich, welch prächtiger Angriffsgeist trotz der schweren Verluste an Führern und
Mannschaften in dem tapferen Bataillon lebte. Kaum war die Verstärkung in der
vorderen Linie eingetroffen, so stürzten sich die Kompagnien unter Führung der
noch vorhandenen wenigen Offiziere auf den Feind, der in Granatlöchern Schutz
gesucht hatte. Diesem Ansturm vermochte er nicht zu widerstehen, und da ihm der
Rückzug durch unser noch anhaltendes Sperrfeuer verlegt war, ergab er sich nach
kurzem Kampf. Der heldenhafte Führer aber, Major Blezinger, mußte schwer
verwundet vom Platze getragen werden. Einige Widerstandsnester mußten mit
Kolben und Bajonett genommen werden, wobei sich Leutnant Kirchhauser durch
rücksichtsloses Draufgehen auszeichnete. 4 Maschinen-gewehre wurden erbeutet und
gegen 200 Mann von den Regimentern 217 und 358 gefangengenommen.
Ein weiteres Vorgehen verhinderte starkes M.-G.-Feuer aus der linken
Flanke. Das Angriffsziel war auch im wesentlichen erreicht und zum Schutz der
jetzt schon weithin offenen Flanken fehlte es an Reserven. Wohl hatte sich die
tapfere 10. Kompagnie dem Angriff des II. Bataillons angeschlossen und dem
völlig überraschten Gegner 2 Maschinengewehre und 60 Gefangene abgenommen.
Dafür hatte aber Inf.-Regt. 143 seine anfänglich großen Erfolge teilweise
wieder aufgeben müssen und schloß jetzt östlich des Steinbruchs an das Regiment
an, dessen Lage infolgedessen keine beneidenswerte war, falls der Gegner
frische Truppen ins Gefecht führen konnte.“
aus:
„Das 8. Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 126 „Großherzog Friedrich von
Baden“ im Weltkrieg 1914-1918ׅ, Stuttgart 1929
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen