Samstag, 30. Juli 2016

30. Juli 1916


„ROBERT NEUNER
geboren am 17. April 1883 in Ulm
gefallen am 30. Juli 1916 bei Neuve Chapelle

Neuner war der Sohn des Eisenbahn-Betriebsinspektors Karl Neuner in Ulm. Nach Erledigung der Schuljahre studierte er von 1901 an in Tübingen, Leipzig und München die Rechtswissenschaft und war bei Ausbruch des Krieges Rechtsanwalt in Waiblingen. Am Kriege nahm er teil als Vizefeldwebel im Reserve-Infanterie-Regiment 247. Im Felde, in Belgien und Frankreich, konnte er mehrfach mit dem Bundesbruder Engelmann verkehren, der Feldintendant der 54. Reserve-Division war. Aus einem Heimaturlaub zurückgekehrt, meldete er sich als Freiwilliger für eine Unternehmung, ein größeres Grabenstück, dessen Besitz wichtig war, den Franzosen abzunehmen. Der nächtliche Überfall hatte auch Erfolg, aber ein feindliches Maschinengewehr hatte Neuner ein Bein zerschmettert. Neuner wurde im eigenen Graben notdürftig verbunden. Noch in der Nacht wurde ihm der Fuß am Knöchel abgenommen. Die Verletzung schien zunächst nicht lebensgefährlich. Engelmann konnte ihn am anderen Morgen im Feldlazarett besuchen, sich von ihm erzählen lassen und ihm noch eine Erquickung durch Übersendung von Mineralwasser verschaffen. Als Engelmann ihn am zweiten Tage darauf besuchen wollte, war Neuner in der Nacht vorher an Blutvergiftung verstorben. Wahrscheinlich war der erste Verband im Graben nicht sorgfältig genug gemacht und nicht sofort desinfiziert worden. Auch ein kurz vor dem Tode noch zugezogener chirurgischer Spezialist hatte nicht mehr helfen können. Neuner wurde auf dem Regimentsfriedhof in der Nähe der Reservestellungen bei einer Ortschaft Gondecourt südlich von Lille beerdigt. Am Grabe sprach der Bataillonskommandeur und hob in warmen Worten die Pflichttreue und Zuverlässigkeit Neuners hervor. Engelmann legte namens der Bruderschaft einen Kranz nieder. Engelmann schildert den Eindruck, den er von Neuner aus seinem Verkehr im Felde gewann, als den eines ruhigen selbstbeherrschten Menschen, der sich in die harten Anforderungen, die an ihn gestellt waren, sachlich eingliederte und seine Pflicht als etwas Selbstverständliches erfüllte, schlicht und ohne viel Worte. Auf seinem Krankenlager war keine Klage über sein Schicksal von seinen Lippen gekommen.“


aus: „Die Gefallenen der Burschenschaft Germania zu Tübingen, Gedenkschrift für die im Weltkrieg gefallenen Bundesbrüder 1914–1919“, Stuttgart ohne Jahr

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen