Samstag, 10. September 2016

10. September 1916


„Schon am 8. war eine französische Beobachtungsstelle bei 3 Bäumen jenseits des eben beschriebenen Wäldchens durch eine Patrouille der 10. Kompagnie festgestellt worden. Vizefeldwebel Fettinger der 10. Kompagnie hatte den Plan gefaßt, mit Unteroffizier Wormser und 16 Mann seiner Kompagnie diesen Beobachtungsposten nach kurzer Artilleriebeschießung am 10. September, 4.30 Uhr morgens auszuheben und gefangen zu nehmen. Der herrschende dichte Nebel und die Unkenntnis des Geländes ließen die schneidige Patrouille nicht gelingen. Unteroffizier Wormser mit 2 Mann wurden von den Franzosen im Nebel gefangen, vermutlich, wie sie einem Schwerverwundeten Hilfe bringen wollten.
Ein Teil der Patrouille kam von feindwärts her im Nebel auf die eigene vorderste Linie zu. Ein aufgeregter Kamerad vermutete einen feindlichen Angriff, lief aus Leibeskräften zurück und meldete, daß der Feind angreife. Wie so häufig im Kriege, war die Meldung falsch und wurde, je weiter sie nach hinten kam, desto mehr übertrieben. „Der Feind geht in dichten Kolonnen zum Angriff vor,“ kam beim Regiment an. Alle roten Leuchtkugeln, mit denen man Sperrfeuer anforderte, hatten keinen Wert, denn sie wurden bei dem dichten Nebel nicht gesehen. Alle Fernsprechleitungen waren abgeschossen, der Funkverkehr war unterbrochen, Läuferketten gab’s noch keine. So warteten wir voll Spannung auf den feindlichen Angriff und voll Sehnsucht auf das Sperrfeuer der eigenen Artillerie. Die Vorbereitungen zur Abwehr waren von allen Seiten des Regimentsabschnittes pünktlich getroffen. Die Schützen im Graben und die Maschinengewehre waren erwartungsvoll feuerbereit, im linken Abschnitt war ein Zug zur Verstärkung der vorderen Linie von Bouchavesnes nach vorn geschickt, Bereit-schaften und Reserven waren zum Eingreifen bereit. Die Minuten wurden zu Ewig-keiten. Unsere Artillerie schwieg, sie sah die Zeichen nicht und eine andere Verbindung hatten wir nicht. Ich machte mich mit meinem ganzen Stabe gefechtsbereit. Auch vorn herrschte absolute Ruhe. Waren die Franzosen ohne einen Schuß durchgebrochen? Das schien nicht möglich. Endlich nach langen und bangen 20 Minuten setzte ein anfangs schwaches, dann aber mit Macht sich verstärkendes rasendes Sperrfeuer vor die ganze Abschnittsfront ein. Da kam die Meldung von vorn, daß der vermutete Angriff ein Irrtum gewesen war. Das Sperrfeuer hatte zunächst eine lebhafte Feuertätigkeit der französischen Artillerie ausgelöst, beide Artillerien beruhigten sich bald. der übrige Tag verlief verhältnismäßig ruhig.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 248 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1924

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