Mittwoch, 14. September 2016

14. September 1916


„In den ersten Morgenstunden des 14. September lagen nun alle drei Bataillone des Regiments in vorderster Linie. Südöstlich Rancourt I./246. An der Südspitze des Pierre Vaast-Waldes II/246. Am Ostabhang der Kuppe nordöstlich Bouchavesnes III./246. Der Tag sollte einen Großkampf erster Ordnung bringen.
In den frühesten Morgenstunden setzte bereits das feindliche Artilleriefeuer ein und steigerte sich von Stunde zu Stunde bis zu einem Wirbel von Trommelfeuer. Gegen nachmittag 1.30 Uhr hatte es seine größte Heftigkeit erreicht. Gegenüber dem III. Bataillon bemerkte man um 2 Uhr nachmittags, daß nördlich von Bouchavesnes einige Franzosen vorgingen und gegen die Straße Bouchavesnes – Rancourt aufklärten. Östlich der Straße sammelten sich diese einzeln vorgehenden Gruppen in Granatlöchern. 2.30 Uhr nachmittags wurde das feindliche Feuer zurückverlegt, gleichzeitig gingen starke feindliche Kräfte auf Straße Rancourt – Moislains vor und bedrohten den rechten Flügel der 9. Kompagnie. Gegenüber der 9. und 10. Kompagnie erfolgte der Angriff in ver-schiedenen Wellen. Aus den Granattrichtern erhoben sich die Verteidiger und schlugen im Verein mit den auf der Lauer liegenden Maschinengewehren den Feind zurück. In unserem rasenden Feuer brach der Angriff der Franzosen zusammen. Kaum war diese Gefahr gebannt, als auch schon neues Unheil drohte. Auf die Stellung der 9. Kompagnie zu zog sich eine Mulde, in der es dem Feinde gelang, nahe an unsere Stellung heranzukommen, ohne daß er von unserem Feuer erfaßt werden konnte. Diese schwache Stelle war aber von Leutnant Gugeler bereits erkannt, ein Maschinengewehr war auf diesen Punkt eingerichtet. Major Fetzer beorderte einen Zug des Garde-Regiments Kaiser Franz ebenfalls an diese Stelle. Als die Franzosen aus der Mulde heraustraten, schlug ihnen Infanterie- und Maschinengewehrfeuer entgegen, sie brachen im Feuer zusammen und blieben vollständig aufgerieben liegen.
Die französische Führung wollte aber noch nicht an ihren Mißerfolg glauben. Von neuem setzte heftiges Artilleriefeuer auf unsere Stellungen ein, währenddessen sie neue Angriffstruppen bereit stellte. 3.30 Uhr nachmittags brachen verschiedene Angriffs-kolonnen dicht massiert an fünf Stellen aus Bouchavesnes heraus und versuchten in die deutsche Stellung einzubrechen. Hauptangriffspunkte waren der linke Flügel des Batail-lons Seeger und die Stellung der 12./246. Hinter der ersten französischen Sturmwelle rückten Unterstützungen in geschlossenen Kolonnen, Offiziere zu Pferd, an. Ein wun-derbares Schlachtenbild. Der deutsche Verteidiger war einen Augenblick von diesem Bilde vollkommen eingenommen. Durch die Telephonleitungen der Artillerie meldeten die Beobachter Großangriff an die Feuerleitung ihrer Batterien, und schon rollten Granaten aller Kaliber heran, rissen Löcher in die Reihen der Angreifer. Unsere Infanterie erhob sich, und in knieendem Anschlag gab sie ihr Feuer ab. Das Dauerfeuer der Maschinengewehre rasselte und mähte die dichten Linien des Gegners nieder. Im wirkungsvollen Flankenfeuer der Reservezüge der 11. und 12. Kompagnie brachen zwei französische Abteilungen, welche gegen das hessische Regiment 116 vorgehen und in unsere linke Flanke kommen wollten, zusammen. Leutnant Bröske und Vizefeldwebel Nanz hatten Gewehre ergriffen und schossen aus ungedeckter Stellung zurückflutende Franzosen ab. Durch feindliche Gewehrschüsse fielen beide, sie konnten nicht genug tun, ihren Zügen ein Beispiel von Mut und Entschlossenheit zu geben. Selbst die feindlichen Flieger griffen in den Kampf ein und beschossen mit Maschinengewehren unsere Stellungsbesatzung.
Trotz heftigsten Kampfes waren die Bataillons-Kommandeure während der ganzen Kampfhandlung über den Verlauf des Gefechts dauernd auf dem Laufenden und konnten die nötigen Anordnungen treffen. Bereits 4.30 Uhr nachmittags hatte Haupt-mann Seeger die Meldung, daß der Anschluß an das III./246 noch bestehe, und die Stellung beider Bataillone restlos gehalten worden sei.
Zum zweiten Male innerhalb kurzer Zeit fluteten die Reste der französischen Angriffs-kolonnen geschlagen in den Schutz der Häuser von Bouchavesnes zurück.
Aber auch dieser gescheiterte Angriff hatte die französische Führung nicht entmutigt. Zwischen 5 und 6 Uhr nachmittags erhob sich der Orkan der Geschosse nochmals und prasselte auf die deutschen Stellungen nieder. Eine neue französische Division stand bereit. Der Franzose wollte heute noch in den Besitz des St. Pierre Vaast-Waldes und Moislains gelangen.
Um 6 Uhr abends brachen die Sturmwellen erneut aus Bouchavesnes hervor. Dieser Angriff erstickte jedoch schon im Sperrfeuer unserer Artillerie.
Inzwischen hatte Hauptmann Seeger seine vordere Linie durch 1½ Züge der 4. Kompagnie, welche seither Bataillons-Reserve war, verstärkt. Kaum war die Verstär-kung eingeschwärmt, als ein neuer Angriff gegen die vordere Linie heranbrauste. Starke Kräfte gingen gegen den ganzen Abschnitt des I. Bataillons vor und erreichten teilweise unsere Schützenlinien. Sie wurden mit Handgranaten abgewehrt. Nur am linken Flügel drang der Feind vorübergehend ein. Die 3. Kompagnie lag an einer besonders gefährdeten Stelle, da der Gegner bei Ausnützung des Geländes fast vollständig gedeckt an den linken Flügel der Kompagnie herankommen konnte. Ganz überraschend tauchte er auch dort auf und stand nur wenige Schritte vor unserer Schützenlinie. Dem Eingreifen des Kompagnie-Führers, Leutnant Hummel (Erwin), gelang es, die Gefahr abzuwenden. Er ließ Seitengewehr aufpflanzen und zum Sturm blasen, worauf der Franzose zurückwich. Leutnant Hummel wurde dabei jedoch schwer verwundet. Leutnant Nuß ging mit einigen beherzten Leuten der 4. Kompagnie vor und vertrieb den Franzosen wieder, wobei einige Gefangene gemacht wurden. In dem zurückgewonnenen Abschnitt wurde vollends der Rest der 4. Kompagnie eingesetzt. Ebenfalls wurden vier Gruppen der 5./248 dort eingesetzt. Da der Bataillons-Führer seine ganze Reserve eingesetzt hatte, mußte er auf die 248er, welche in der Nähe seines Gefechtsstandes lagen, zurückgreifen.
Bis 9 Uhr abends war das Regiment im Besitz der Meldung, daß die Bataillone ihre Stellungen restlos gehalten und in fester Hand haben.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 246 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1931


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