„In den ersten Morgenstunden des 14. September lagen nun alle drei
Bataillone des Regiments in vorderster Linie. Südöstlich Rancourt I./246. An
der Südspitze des Pierre Vaast-Waldes II/246. Am Ostabhang der Kuppe
nordöstlich Bouchavesnes III./246. Der Tag sollte einen Großkampf erster
Ordnung bringen.
In den frühesten Morgenstunden setzte bereits das feindliche
Artilleriefeuer ein und steigerte sich von Stunde zu Stunde bis zu einem Wirbel
von Trommelfeuer. Gegen nachmittag 1.30 Uhr hatte es seine größte Heftigkeit
erreicht. Gegenüber dem III. Bataillon bemerkte man um 2 Uhr nachmittags, daß
nördlich von Bouchavesnes einige Franzosen vorgingen und gegen die Straße
Bouchavesnes – Rancourt aufklärten. Östlich der Straße sammelten sich diese
einzeln vorgehenden Gruppen in Granatlöchern. 2.30 Uhr nachmittags wurde das
feindliche Feuer zurückverlegt, gleichzeitig gingen starke feindliche Kräfte
auf Straße Rancourt – Moislains vor und bedrohten den rechten Flügel der 9.
Kompagnie. Gegenüber der 9. und 10. Kompagnie erfolgte der Angriff in
ver-schiedenen Wellen. Aus den Granattrichtern erhoben sich die Verteidiger und
schlugen im Verein mit den auf der Lauer liegenden Maschinengewehren den Feind
zurück. In unserem rasenden Feuer brach der Angriff der Franzosen zusammen.
Kaum war diese Gefahr gebannt, als auch schon neues Unheil drohte. Auf die
Stellung der 9. Kompagnie zu zog sich eine Mulde, in der es dem Feinde gelang,
nahe an unsere Stellung heranzukommen, ohne daß er von unserem Feuer erfaßt
werden konnte. Diese schwache Stelle war aber von Leutnant Gugeler bereits
erkannt, ein Maschinengewehr war auf diesen Punkt eingerichtet. Major Fetzer
beorderte einen Zug des Garde-Regiments Kaiser Franz ebenfalls an diese Stelle.
Als die Franzosen aus der Mulde heraustraten, schlug ihnen Infanterie- und
Maschinengewehrfeuer entgegen, sie brachen im Feuer zusammen und blieben
vollständig aufgerieben liegen.
Die französische Führung wollte aber noch nicht an ihren Mißerfolg glauben.
Von neuem setzte heftiges Artilleriefeuer auf unsere Stellungen ein,
währenddessen sie neue Angriffstruppen bereit stellte. 3.30 Uhr nachmittags
brachen verschiedene Angriffs-kolonnen dicht massiert an fünf Stellen aus
Bouchavesnes heraus und versuchten in die deutsche Stellung einzubrechen.
Hauptangriffspunkte waren der linke Flügel des Batail-lons Seeger und die
Stellung der 12./246. Hinter der ersten französischen Sturmwelle rückten
Unterstützungen in geschlossenen Kolonnen, Offiziere zu Pferd, an. Ein
wun-derbares Schlachtenbild. Der deutsche Verteidiger war einen Augenblick von
diesem Bilde vollkommen eingenommen. Durch die Telephonleitungen der Artillerie
meldeten die Beobachter Großangriff an die Feuerleitung ihrer Batterien, und
schon rollten Granaten aller Kaliber heran, rissen Löcher in die Reihen der
Angreifer. Unsere Infanterie erhob sich, und in knieendem Anschlag gab sie ihr
Feuer ab. Das Dauerfeuer der Maschinengewehre rasselte und mähte die dichten
Linien des Gegners nieder. Im wirkungsvollen Flankenfeuer der Reservezüge der
11. und 12. Kompagnie brachen zwei französische Abteilungen, welche gegen das
hessische Regiment 116 vorgehen und in unsere linke Flanke kommen wollten,
zusammen. Leutnant Bröske und Vizefeldwebel Nanz hatten Gewehre ergriffen und
schossen aus ungedeckter Stellung zurückflutende Franzosen ab. Durch feindliche
Gewehrschüsse fielen beide, sie konnten nicht genug tun, ihren Zügen ein
Beispiel von Mut und Entschlossenheit zu geben. Selbst die feindlichen Flieger
griffen in den Kampf ein und beschossen mit Maschinengewehren unsere
Stellungsbesatzung.
Trotz heftigsten Kampfes waren die Bataillons-Kommandeure während der
ganzen Kampfhandlung über den Verlauf des Gefechts dauernd auf dem Laufenden
und konnten die nötigen Anordnungen treffen. Bereits 4.30 Uhr nachmittags hatte
Haupt-mann Seeger die Meldung, daß der Anschluß an das III./246 noch bestehe,
und die Stellung beider Bataillone restlos gehalten worden sei.
Zum zweiten Male innerhalb kurzer Zeit fluteten die Reste der französischen
Angriffs-kolonnen geschlagen in den Schutz der Häuser von Bouchavesnes zurück.
Aber auch dieser gescheiterte Angriff hatte die französische Führung nicht
entmutigt. Zwischen 5 und 6 Uhr nachmittags erhob sich der Orkan der Geschosse
nochmals und prasselte auf die deutschen Stellungen nieder. Eine neue
französische Division stand bereit. Der Franzose wollte heute noch in den
Besitz des St. Pierre Vaast-Waldes und Moislains gelangen.
Um 6 Uhr abends brachen die Sturmwellen erneut aus Bouchavesnes hervor.
Dieser Angriff erstickte jedoch schon im Sperrfeuer unserer Artillerie.
Inzwischen hatte Hauptmann Seeger seine vordere Linie durch 1½ Züge der 4.
Kompagnie, welche seither Bataillons-Reserve war, verstärkt. Kaum war die
Verstär-kung eingeschwärmt, als ein neuer Angriff gegen die vordere Linie
heranbrauste. Starke Kräfte gingen gegen den ganzen Abschnitt des I. Bataillons
vor und erreichten teilweise unsere Schützenlinien. Sie wurden mit Handgranaten
abgewehrt. Nur am linken Flügel drang der Feind vorübergehend ein. Die 3. Kompagnie
lag an einer besonders gefährdeten Stelle, da der Gegner bei Ausnützung des
Geländes fast vollständig gedeckt an den linken Flügel der Kompagnie
herankommen konnte. Ganz überraschend tauchte er auch dort auf und stand nur
wenige Schritte vor unserer Schützenlinie. Dem Eingreifen des
Kompagnie-Führers, Leutnant Hummel (Erwin), gelang es, die Gefahr abzuwenden.
Er ließ Seitengewehr aufpflanzen und zum Sturm blasen, worauf der Franzose
zurückwich. Leutnant Hummel wurde dabei jedoch schwer verwundet. Leutnant Nuß
ging mit einigen beherzten Leuten der 4. Kompagnie vor und vertrieb den
Franzosen wieder, wobei einige Gefangene gemacht wurden. In dem
zurückgewonnenen Abschnitt wurde vollends der Rest der 4. Kompagnie eingesetzt.
Ebenfalls wurden vier Gruppen der 5./248 dort eingesetzt. Da der
Bataillons-Führer seine ganze Reserve eingesetzt hatte, mußte er auf die 248er,
welche in der Nähe seines Gefechtsstandes lagen, zurückgreifen.
Bis 9 Uhr abends war das Regiment im Besitz der Meldung, daß die Bataillone
ihre Stellungen restlos gehalten und in fester Hand haben.“
aus: „Das
Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 246 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1931
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