„Was wohl keiner im ganzen Regiment für möglich gehalten hätte, ist nun
Tatsache geworden. Das meist aus jungen, unerfahrenen Mannschaften
zusammengesetzte Regiment, dessen Offiziere großenteils nur g. v.* waren, ist
nach nur sechswöchigem Aufenthalt in ruhigster Stellung an der Westfront
ausersehen worden, in der bis dahin größten Schlacht des Krieges mitzukämpfen. Ehrlich
gesagt, wohl war es uns allen damals nicht ganz, nicht weil wir den Kampf
gefürchtet hätten, sondern weil uns die Erfahrung gegenüber „alten“ Regimentern
fehlte. Abes was sein mußte, mußte sein. Unterstellt der 1. Armee von Below
(XIV. Reservekorps, Gruppe Stein), ist das Regiment zunächst
Heeresgruppen-Reserve der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht von Bayern, deren
Gefechtsstreifen dicht nördlich der Somme verlief. Bis 9. September wurde nun
fieberhaft an der Ausbildung der Kompagnien für den bevorstehenden Kampf
gearbeitet, es werden Schützengräben und Unterstände gebaut, Drahthindernisse
gelegt, Handgranaten geworfen, Tag und Nacht wird Angriff und Abwehr auf Feldstellungen geübt, kurz, man sucht noch
rasch, uns „sommefähig“ zu kriegen. Am 10. September geht’s nach vorn, zunächst
mit der Bahn von Caudry aus über Cambrai nach Croisilles, ohne Pferde und
Bagage, die in Bullecourt und Cambrai untergebracht werden, während das I.
Batl. in Mory, II. in Noreuil, III. in Bihucourt alarmbereit in Ortsbiwak
liegen, Regimentsstab in Gomiecourt. Mit dem 11. September beginnt für die
Bataillone eine tragische Zeit. War das Regiment schon aus dem ursprünglichen
Verband der 204. Inf.-Division herausgerissen worden und empfand der Schwabe
dabei ein gewisses Heimweh, so wurde nun auch noch das Regiment in zwei Teile
gespalten und 1½ Bataillone (II. Batl. und 3. und 4. Komp.) der 2. Garde-Res.-Division,
1½ Bataillone (III. Batl. und 1. und 2. Komp.) der 52. Inf.-Division
unterstellt; Führer der 1. Gruppe ist Major Menzel, der 2. Gruppe Hauptmann
Jonas. Die Gruppe Jonas (52. Inf.-Div., 104. Inf.-Brig.) rückt am 12. September
über Sapigny, Bihucourt, Achiet le Grand nach Achiet le Petit vor und geht in
der Nacht über Puisieux und Serre in Stellung, wo sie Teile des Inf.-Regts. 169
im 2. und 3. Graben ablöst. S 1 und S 4, Dorfrandstellung, Tübingerstellung,
Schlüsselstellung, Landwehrstellung des Abschnitts Süd sind nun für einige Zeit
ihr Aufenthalt. War auch die eigentliche Sommeschlacht etwas südlicher, so kann
man nicht sagen, daß es bei uns ruhig zugegangen wäre. Störungsfeuer aller
Kaliber, bis zu den berüchtigten 38ern mit Verzögerung, den
Unterstandsknackern, Minen bis zu 2 Ztr., M. G.-Schnellfeuer, Grabengeschütze,
tieffliegende und schießende Flieger waren lauter Attribute dieser ruhigen
Stellung an der Sommefront. Bis zum 24. September lag die Gruppe Jonas westlich
Serre in den oben bezeichneten Stellungen, ein Großangriff erfolgte hier in
dieser Zeit nicht, doch brachte das gut geleitete Störungsfeuer den mit dem
Ausbau der Stellung beschäftigten Truppen reichlich Schaden. Die 6 Kompagnien
der Gruppe Jonas lösten sich in regelmäßigem viertägigem Turnus in den
einzelnen Stellungen ab, wobei die vordersten die begehrtesten waren, denn die „Rollwägele“ waren hauptsächlich den
rückwärtigen Linien zugedacht. Kurz vor der Ablösung fiel der erste Offizier
des Regiments, Leutnant Dolbatsch, Zugführer in der 2. Kompagnie, am 22.
September durch Minensplitter, als er die Bauarbeiten seines Zuges im Abschnitt
S 4 im vordersten Graben beaufsichtigte. In Achiet le Petit haben wir ihn
begraben.“
aus: „Das
Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 413 im Weltkrieg 1916-1918“, Stuttgart
1936
Bild: „Württembergisches Kriegstagbuch“
*g. v.: garnisonsverwendungsfähig
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