„Am 26. September 1.30 Uhr nachmittags setzte auf der ganzen Linie Thiepval
– Serre und Thiepval – Courcelette Trommelfeuer ein, unmittelbar gefolgt von
einem Infanterie-angriff auf der Südfront von Thiepval nach Osten. Der in Wellen
vorgetragene Angriff zieht sich mit seinem linken Flügel gegen C 7 und den
südlichen Teil von C 6 am Schnittpunkt mit der Straße Thiepval – Authuille.
Wie bei einem starken Angriff nicht anders zu erwarten war, ging das von
einem Zuge der 2. und Postierungen der 2. und 3. Kompagnie besetzte
vorgeschobene Dreieck Mau-erweg – C 7 – Braunerweg verloren; den ersten
nachhaltigen Widerstand bot der Mauerweg.
Die erste Welle der Angreifer war, noch ehe sie das Hindernis erreichte,
durch unser Infanterie- und Maschinengewehrfeuer fast völlig vernichtet, die
zweite, dichtere Welle flutete unter stärksten Verlusten wieder zurück.
Plötzlich kam vom Wald von Authuille herauf ein Panzerautomobil (Tank) und
unter seinem Schutze dahinter und daneben eine dritte Welle, der es gelang, die
zurückgehenden Engländer aufzuhalten und im Verein mit dem Tank bis vor das
Hindernis sich heranzuarbeiten. Dort kommt aber auch diese Welle zum Stehen.
Angreifer und Verteidiger liegen sich im Feuerkampf gegenüber.
Diese Lage erfährt eine ungünstige Wendung, als plötzlich der linke Flügel
und fast gleichzeitig auch schon die Mitte und der linke Flügel der 3.
Kompagnie im Rücken stark mit Handgranaten bedrängt werden. Die Engländer
scheinen an der Südost- und Ostfront von Thiepval eingedrungen zu sein und
drücken nun, von Kirche und Schloß herkommend, mit immer stärkeren Kräften nach
Süden und Südwesten.
In der Front und im Rücken angegriffen sowie in der Flanke bedroht, mußte
sich die 3. Kompagnie, vom linken Flügel her abbauend, auf C 6 zurückziehen.
Auch hier war es dem Gegner nicht gelungen, von Süden her über den Mauerweg in
C 6 einzudringen, doch griff er unausgesetzt aus Thiepval heraus an, bis
schließlich nach zähester Verteidi-gung die Barrikade an der Einmündung des
Mauerwegs in C 6 weiter zurückverlegt werden mußte, um vom Gegner nicht
umgangen zu werden.
Derselbe Umstand, der es den Engländern ermöglichte, die Westfront von
Osten und die Südfront von Norden zu fassen, erlaubte ihnen auch eine rasche
Besitzergreifung vom Nordost- und Ostteil Thiepvals. Es gelang dem Gegner im
Martinspfad und einem Teil des Bulgarenwegs Fuß zu fassen. Den hier liegenden
schwachen Kräften blieb zunächst nur die Möglichkeit, ein weiteres Ausbreiten
des Gegners zu verhindern. Dies geschah durch Errichtung von Barrikaden und
zwar im Hohen und Tiefen Steg gegen den Martinspfad, im Schwaben-Graben östlich
des Schnittpunktes mit dem zweiten Graben und im Bulgarenweg etwa 100 m
nordöstlich der Einmündung der Mordiogasse.
In der grünen Stellung und im Zollern-Graben war der Gegner schon etwa 30
bis 40 Minuten nach Beginn des Angriffs soweit vorgekommen, daß er durch
erstere und von hier aus über freies Feld mit starken Kräften in den
Hessen-Graben eindringen konnte. Etwa 30 bis 40 Engländer hatten sogar um diese
Zeit den Hessenweg bereits überschritten und waren im Vorgehen auf den Lachweg
begriffen. Sie wurden von der 9. Kompagnie zurückgetrieben, die dann südöstlich
des Schnittpunktes der Grünen Stel-lung und Bulgarenweg eine Barrikade
errichtete.
Von all diesen Ereignissen erhielt das Regiment erst spät Kenntnis, die
erste aus Thiep-val selbst kommende Meldung ist eine Brieftaubenmeldung an die
Division ab 6.30 Uhr abends, die folgendermaßen lautet:
„1 Unteroffizier 17 Mann des Unterstabes I. Bataillons liegen noch im
Bataillons-unterstand, abgeschnitten von allen Kompagnien und umzingelt von
Engländern.
gez. Gossers, Patrouillenführer. Belthle, Bataillonstambour.“
Im Abschnitt des Inf.-Regts. 66 von St. Pierre-Divion bis zu C 4 blieb
alles ruhig, ein Angriff von Westen her erfolgte nicht.
Nach Lage der Dinge hatte nun das III. Bataillon von der Feste Staufen aus
die Sicher-ung und Abriegelung nach Süden zu übernehmen, während im Laufe des
Abends eintreffende Verstärkungen anderer Regimenter in der zweiten Stellung
und Staufen-Riegel als Rückhalt dienten.
Über die am 26. September nachts in Thiepval herrschende Lage geben
einigermaßen Aufschluß folgende am Morgen des 27. September eingehende
Meldungen:
1. des Leutnants d. R. Mayer, Kompagnieführer 1./180:
„Stand des Kampfes abends 9 Uhr siehe Skizze.
Soviel sich jetzt übersehen läßt, besteht 2. und 3. Kompagnie noch je aus 1/4, 1. und 4. Kompagnie aus nur je 1/3 ihres Bestandes.
gez. Mayer, Leutnant d. R. 1./180.“
2. Der Offizierspatrouille des Leutnants d. R. Mutschler:
„Engländer sitzen im Hohen Steg an Straße Grandcourt – Thiepval bis
Bulgaren-weg 100 m östlich der Einmündung der Mordiogasse. Gegenangriff des
Inf.-Regt. 66 eingeleitet.“
Die Verpflegung des Regiments erfolgte am heutigen Tage durch eiserne
Portion. Weitere Verpflegungs- und Nahkampfmittel wurden durch Trägertrupps
vorgebracht .“
aus:
„Das 10. Württ. Infanterie-Regiment Nr. 180 in der Somme-Schlacht 1916“,
Stuttgart 1917
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