„Am 28. September, 9 Uhr abends, erhielt die L.-M.-K. I/R.-F.-A.-R. 27 den
Befehl, die bei der Moulin ruiné westlich Miraumont gelegenen Stellungen 777
mit 300, 713 mit 400 und 709 mit 700 Schuß sofort zu ergänzen. Kurz darauf
marschierten die bereitstehenden 14 Munitionswagen unter Führung eines
Offiziers von Sapignies ab. Es war eine finstere, regenschwere Nacht, nur
erleuchtet von den zeitweise aufleuchtenden Signalraketen und dem Aufblitzen
der Geschütze, deren dumpfes Grollen und Rollen die Stille unterbricht. Auf
dunkler Straße gelangt man nach Bihucourt, von da an auf durchweichtem, tiefen
Kolonnenweg nach Achiet-le-Petit, dann zur Ausladestelle Irles und nach
Miraumont. Dieses einst wohlhabende, fast kleinstädtischen Charakter tragende
Dorf bietet infolge der ständigen, heftigen Beschießung ein grauenhaftes Bild
der Verwüstung, kein einziges der vielfach massiv gebauten Häuser, Schlößchen
und Villen steht unversehrt, gespenstisch ragen die Trümmer und das des Turmes
beraubten Kirchenschiff in die Luft. Auf den Straßen steht hoch das Wasser;
über Balken, Dächer und Steinhaufen, die eben noch menschliche Behausungen
bildeten, und tiefe Löcher kommt man mühsam hinweg. Glücklich gelangt man
hinaus aus dieser Stätte der Zerstörung; an der Straße nach Beauregard zweigt
man auf einen zunächst noch guten Weg ab, der aber bald durchweicht und
bodenlos ist. Eine Stunde dauert es, bis eine besonders schlimme Strecke von
300 m überwunden ist, nur mit den größten Mühen und Anstrengungen sind die
Pferde imstande, die Wagen über den Schlamm und die dicht
nebeneinanderliegenden Granatlöcher hinweg oder daraus zu ziehen. Mehrmals
müssen die Protzen ohne den Hinterwagen weiterfahren, um das Vorwärtskommen zu
erleichtern, und dann die Munition der Hinterwagen nachgeholt werden. Die drei
Wagen zur Stellung 777 biegen nun links ab, die übrigen haben einen durchs Feld
führenden Weg einzuschlagen. Gleich zu Beginn desselben befindet sich ein
Trichter, der umgangen werden muß, neben ihm geht es einen Hang hinauf, welcher
infolge der Nässe und Glätte kaum zu nehmen ist. In nächster Nähe und weiter
entfernt hört man Geschosse pfeifen und einschlagen. Brennzünder streuen ihre
Garben aus, man ist nicht weit von den dortigen, dauernd mit schwerem Kaliber
beschossenen Stellungen. Eine kleine Brücke ist zu überfahren, 6 Wagen sind
drüben, die unruhig gewordenen Pferde des 7.
stutzen und sind nicht weiter zu bringen, so daß es einen Aufenthalt
gibt und die letzten 4 Fahrzeuge aufrücken. In diesem Augenblick vernimmt man
ein Surren und einen heftigen Krach, dann mehrere Schreie. Die Gespanne und
drei Wagen liegen am Boden und rühren sich nicht. Drei Mann werden nach Suchen
in der tiefen Dunkelheit schwer verwundet aufgefunden und mit Mühe auf die
zwei, noch mit unversehrten Pferden versehenen Wagen gelegt. Sie müssen in
Sicherheit gebracht, für die Bergung der übrigen Wagen und die Beförderung der
Munition zur Batterie muß gesorgt werden. Der Offizier reitet mit einem
Gefreiten, der inzwischen zwei der vorderen Wagen in Stellung geführt hatte, neue
Gespanne in Sapignies zu holen. Unterwegs trifft er eine andere zurückkehrende
Abteilung der Kolonne, dieser werden die Verwundeten mitge-geben und von ihr
drei Gespanne weggenommen. Letztere werden rasch zu der Stelle geführt, wo die
Wagen liegen, eingeschirrt und so schnell es der Zustand des Weges und der
Kräfte ermöglicht, in die Stellung gebracht. Dort wurde die Munition ungeduldig
erwartet, da die Batterie nur noch mit wenigen 100 Schuß versehen war. Im
Morgen-grauen kehrte man auf demselben weg zurück, der Auftrag war ausgeführt,
leider waren die drei Verwundeten inzwischen gestorben.“
aus:
„Das Württembergische Res.-Feld-Artillerie-Regiment Nr. 27 im Weltkrieg
1916-1918“, Stuttgart 1925
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