„Am 2. September arbeitete der Feind vor allem mit Fliegern an der
Feststellung seiner bisher erreichten Vorteile und ließ uns so Zeit, unsere
Stellung durch eifriges Schanzen zu stärken. Schon der nächste Tag belohnte
unsere Mühe. Mit bisher von uns nicht gesehener Heftigkeit bereiteten Die
Franzosen einen neuen Angriff vor. Schuß auf Schuß lag in unserer Stellung,
unsere Munition geriet in Brand,
feindliche Flieger standen den ganzen Tag über uns, gleichzeitig riefen rote Leuchtkugeln
zum Sperrfeuer. Am hellen Nachmittag trat der Feind tiefgestaffelt zum Angriff
an, wir schossen mit höchster Feuergeschwindigkeit. Schon brachten wir die
ersten Opfer. Ein Volltreffer am 2. Geschütz tötete die Gefreiten Hauser und
Hahn, zwei liebe Kameraden, die mit uns ins Feld gezogen waren. Verwundete
zurückgehende Infanteristen erzählten uns, daß der Feind zwar in die Stellungen
eingedrungen, doch zum Stehen gebracht worden sei. Ob aber weiteren Angriffen
gegenüber standgehalten werden könne, sei bei den schweren Verlusten fraglich.
Unsere Protzen im Waldlager Manancourt wurden fürsorglich alarmiert und bei der
Gouvernements-Ferme bereitgestellt. Der Feind kam aber trotz aller Versuche
nicht weiter vor, auch seine Verluste waren zu schwer gewesen. Mit Einbruch der
Dämmerung erschien die L. M. K.* zur Munitionsergänzung. Kaum war sie
eingefahren, als feindliches Feuer zwischen uns schlug, die Fahrer Rau und
Gößler und den Kanonier Maucher verwundete und einige Pferde tötete. Wir waren
froh, als die Kolonne wieder in Sicherheit war. Das feindliche Feuer hielt in
unverminderter Stärke die ganze Nacht an, wir streuten unsererseits das
Vorgelände ab. Es graute der vierte Tag an der Somme, wohl der blutigste, den
die Batterie dort erlebt hat. Waren wir bisher meist nur mit Streufeuer bedacht
worden, so setzte jetzt eine planmäßige Bekämpfung unserer Artilleriestellungen
ein. Nachmittags 3 Uhr erschien ein feindlicher Flieger über uns und
gleichzeitig eröffneten mehrere Batterien mittleren Kalibers ihr Feuer auf uns.
Gräßlich heulten die Geschosse heran und lagen nur zu gut im Ziel. Erst gab es
wieder Brände in den Munitionsstapeln, doch es sollte noch schlimmer kommen.
Ein Volltreffer zerstörte das 3. Geschütz vollkommen, mit ihm den größten Teil
der Bedienung. Drei sturmerprobte Kameraden, Unteroffizier Käuffert, der Bruder
des bei Becelaere gefal-lenen Feuerwerksleutnants Käuffert, Unteroffizier
Krautter und Kanonier Giraud waren gefallen, Gefr. Schittenhelm, Kanonier Jehle
verwundet. Kanonier Lambarth wurde beim Abtransport der Verwundeten selbst
getroffen.
Weitere mit größter Kraft geführte Angriffe drangen in die Stellungen
unserer Infanterie ein, trotzdem die Batterie mit den drei übrigen Geschützen
Schnellfeuer vorlegte. Plötzlich wurde auch das 1. Geschütz getroffen, dabei
fielen die Gefreiten Bleyhl und Kolb, die Unteroffizier Drück und Hehr und
Kanonier Noe wurden verwundet. Durch das Vordringen des Feindes war indessen
die Sperrfeuerentfernung so kurz geworden, daß wir aus der Stellung die Höhe
vor uns nicht mehr überschießen konnten. Die beiden übriggebliebenen Geschütze
wurden nun von den noch vorhandenen Offizieren und acht Mann in tollem Feuer
auf die Höhe vorgeschoben, von wo aus wir bis spät in die Nacht den Feind unter
direktes Feuer nahmen. Wir ermöglichten es der Infanterie damit, ihre
Stellungen, die unhaltbar geworden waren, im Schutze unseres Feuers zu räumen,
ohne daß der Feind nachdrängte. So waren unsere schweren Verluste und die fast
übermensch-lichen Anstrengungen wenigstens nicht ganz vergeblich gewesen. Noch
einen Tag und eine Nacht mußten wir in dieser Hölle aushalten, auch das 2.
Geschütz wurde noch unbrauchbar, wobei Gefr. Sautter fiel.“
aus: „Das
Württembergische Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 54 im Weltkrieg 1914-1918“,
Stuttgart 1929
*L. M. K.: Leichte Munitions-Kolonne
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