„Bei
Tagesanbruch setzte nach verhältnismäßig ruhig verlaufener Nacht heftiges
Artillerie- und Minenwerferfeuer aller Kaliber auf die Abschnitte K 1, K 2, den
Hohlweg Fresnes – Géenermont und die Riegelstellung ein, Licourt wurde vergast.
Dieses war die letzte Vorbereitung und das Zeichen zum allgemeinen Angriff auf
der ganzen Front. Um 1 Uhr nachmittags wurden vor dem Abschnitt des rechten
Neben-regiments (Inf.-Reg. 183) größere Ansammlungen des Gegners festgestellt,
und so mußte auch in unserem Abschnitt mit einem Angriff gerechnet werden. Die
Bataillone und Kompagnien wurden hiervon verständigt. Nach kurzer Zeit meldete
sich der Ausguckposten beim Gefechtsstand des Bataillons rechts, daß die
Franzosen in der Richtung auf Génermont zu in dichten Kolonnen angriffen.
Sofort wurden beim Bataillon Sperrfeuerleuchtzeichen abgegeben. Der Gegner
besetzte, wie gemeldet, in dichten Kolonnen über Höhe 86 vorgehend, den
Meldeweg und Génermont und rollte unsere Linien von links rückwärts auf. Durch
die Mulde bei der Zuckerfabrik in den Rücken unserer vorderen Stellung
durchstoßend, hatte er wahrscheinlich die vorne liegenden Kompagnien
größtenteils in ihren Stollen überrascht. Dabei fielen ihm die noch lebenden
Reste der Besatzung des II. Bataillons und die 1. Kompagnie in die Hände.
Vorerst kam niemand zurück. Wie sich das Gefecht im einzelnen und besonders der
zum Teil wohl mit Hartnäckigkeit geführte Nahkampf abgespielt haben, darüber
läßt sich nichts sagen, da die Überlebende sämtliche in französische
Gefangenschaft gekom-men waren. Das eigene Sperrfeuer setzte erst später ein,
vermutlich weil der Gegner überraschend ganz von links rückwärts vorging.
In
zwischen hatte die 10. Kompagnie und zwei zugeteilte Züge der 3. Kompagnie die
Riegelstellung besetzt. Der Führer der ersteren, Leutnant d. R. Haaga, führte
seine Kompagnie im heftigen Artillerie- und Maschinengewehrfeuer ohne Verluste
vor. Er erhielt Befehl, sofort zum Gegenstoß anzutreten und die zwischen Fresnes
und Géner-mont verlorengegangene Stellung wieder zu nehmen. Hierzu wurde ihm
eines der beim Bataillon in Reserve befindlichen M.-G. beigegeben. Jedoch der
Versuch, von der Rie-gelstellung aus den Angriff gegen Génermont vorzutragen,
mißlang. Der Gegner hatte im Hohlweg Génermont – Fresnes und am Hang südlich des
ersteren Ortes bereits 6 – 8 M.-G. in Stellung gebracht, die ein Vordringen der
Infanterie unmöglich machten. Auch lag schweres feindliches Sperrfeuer vor und
auf der Riegelstellung, wodurch die Kom-pagnien erhebliche Verluste hatten.
Auch
die 6. Kompagnie hatte während des Angriffes vorne die Riegelstellung besetzt.
Als der tapfere Kompagnieführer, Leutnant d. L. Köstlin, bald darauf sich nach
seinem linken Flügel begab, um den Anschluß zu prüfen, wurde er durch
Granatsplitter im Rücken verwundet und mußte ausscheiden, so schwer ihm dies
auch wurde. Auch sein wackerer Leutnant Herrmann, der an diesem Tage zum
Offizier befördert worden war, wurde durch Granatsplitter am Kopf verwundet. Besonders
rühmlich war das Verhalten zweier Geschütze, die am Weg Marchélepot –
Ablaincourt standen. Trotzdem sie fast andauernd unter schwerem Feuer standen,
so daß es manchmal schien, als würden sie von den einschlagenden Granaten
zugedeckt, feuerten sie immer wieder von neuem unermüdlich weiter. Vom
Ruhebataillon waren auch zwei Züge der 2. Kompagnie, die oben erwähnten zwei
Züge der 3. Kompagnie, und die 4. Kompagnie nachmittags hinter den Abschnitt
des II. Bataillons vorgezogen worden und besetzten das Wäldchen nordwestlich
Marchélepot und den Bahndamm westlich der Ortschaft. Das eigene Artilleriefeuer
wurde nun auf den Hohlweg Fresnes – Génermont und die Mulde südlich davon
zurückverlegt. Um 5.30 Uhr abends war die Lage so, daß der Gegner sich in der
Mulde südlich des Weges Zuckerfabrik – Fresnes eingrub und daß die Riegelstellung
zwischen Fresnes und Omiecourt von uns gehalten wurde. Diese letztere wurde im
Laufe des Nachmittags und Abends besetzt und zwar durch: 5. Kompagnie Inf.-Reg.
184 zur Herstellung des Anschlusses nach rechts – daran anschließend 2/3 3.
Kom-pagnie – 11. Kompagnie – 10. Kompagnie – 6. Kompagnie; außerdem wurden der
10. und 11. Kompagnie je drei M.-G. des M.-G.-S.-S.-Trupp 22 und der 11.
Kompagnie die Granatwerferbatterie des Regiments als Infanterie zugeteilt.
Der
Stoß der Franzosen hatte sich mit der Wegnahme unserer vorderen Stellung bei Génermont
offenbar zunächst erschöpft, so daß sie sich mit der Besetzung des genom-menen
Geländes begnügten, ohne weiter vorzudringen.“
aus:
„Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1922
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