„Der
12. November ist einer jener klaren Sonnentage, die man am liebsten friedlicher
Beschaulichkeit weihen möchte. Der Morgen läßt sich verhältnismäßig ruhig an.
Der Gegner prüft mit einigen Schüssen sein Feuer, Da geht’s mittags 3.30 Uhr
schlagartig los. Auf 322 steigen die Staub- und Rauchsäulen in die Höhe,
schwere Schläge dröhnen weithin zu beiden Seiten der Höhe in die Regimentslinie
und scheuchen die sonntäglich gestimmten Leute in harte Kampfaufregung. Und das
Minenfeuer greift sofort auf die ganze Niederaspacher Stellung über bis zum
Trubachgrund. Donnernd entladen sich mit hartem Krach die schweren Minen und
wühlen sich in den harten Boden hinein. Die eigenen Werfer nehmen im Bund mit
der Artillerie das Feuer auf die feindlichen Minenwerfer auf, von denen man
bald 13 erkennen kann. Von 4 Uhr an greift die französische Artillerie ein; aus
den Stellungen von Leimbach bis zum Buchwald zischen die Granaten flankierend
und von vorne herbei, klatschen ihren Takt dazu und werfen neue Erdsäulen auf.
20 Minuten darauf erscheinen zwei feindliche Flieger über der Höhe 322. Sie
leiten allem nach das Feuer und suchen Einblick in unsere Stellung zu gewinnen,
um 5 Uhr steigt hinter Diefmatten der Fesselballon in die Höhe, schwere
Batterien setzen auf die 2. Feuerlinie der Höhe ein, auf der das feindliche
Feuer immer mehr sich zusammendrängt. Da wird alles bereit gestellt zum Empfang
der Franzosen. Die Läufer überbringen im stärksten Feuer die Meldungen, denn
die Telephonleitungen sind bald zerrissen. 5.15 Uhr setzt ein rasendes
Maschinengewehrfeuer der Franzosen ein, das sie viele Tage zuvor eingeübt
hatten, sie kämmen die Gräben ab, um jeden Ausblick auf ihr Vorgehen zu
unterbinden. 5.40 Uhr verstummt das Minenfeuer und das Artilleriefeuer legt
sich ganz auf die hinteren Linien. Jetzt müssen sie kommen. Rote Leuchtkugeln
steigen aus der Pfropfenstellung auf. Da treten sie auch schon heraus aus ihren
Gräben im Kreuzwald in einer Breite von 200 – 300 Meter und schieben sich gegen
die Stellung auf Höhe 322 heran. Da schlägt ihnen aber die deutsche Sturm-abwehr
entgegen, die Maschinengewehre feuern aus rückwärtigen Stellungen nach
eingeschossenen Zielen und streuen das Vorfeld ab. Da stutzt der Angreifer und
kommt nicht mehr vorwärts. Nur auf seinem rechten Flügel gelingt es einer
kleinen Abteilung von 20 – 30 Mann durch einen toten Winkel an die
„Pfropfenstellung“ heranzukommen, sie von der rechten Seite her zu fassen und
in sie hereinzustürmen, da das Drahthin-dernis durch die Minen hier völlig
weggefegt ist. Die beiden vordersten Unterstände sind verschüttet, über sie
rast der Gegner weg und trifft an der Südseite auf Leutnant Kulenkampff, der
hier als Zugführer die Wacht hat. Er wirft sich mit ein paar Leuten dem Gegner
entgegen, schießt zwei nieder, die andern weichen im Handgranatenkampf. Kurz
nach 6 Uhr bringt der Ersatzreservist Vogel dem Kompagnieführer die Meldung,
daß der Angriff hier abgeschlagen ist. Unterstützung eilt nach vorne, um einem
neuen feindlichen Vorstoß die Spitze nehmen zu können. Da steigen aus dem
französischen Graben rote Leuchtkugeln auf und die gegnerische Artillerie läßt
sofort auf der Pfropfenstellung einen eisernen Vorhang nieder, der jeden
Nachstoß unmöglich macht. In dem heftigen Granat- und Minenfeuer fällt der
tapfere Zugführer, neben ihm sinkt Vizefeldwebel Gabler, schwer am Kopfe
verwundet. Er kann aber noch zum Kompag-nieführer sich zurückschleppen, wo er
den Tod des allgemein beliebten Leutnants Kulenkampff meldet. Da flaut das
feindliche Feuer ab und die Nacht breitet ihre Fittiche über das eben noch
kampfdurchzitterte Gelände, in dem nun Totenruhe herrscht. Wie sieht’s aber
hier aus! Die vorderste Stellung ein Trümmerhaufen, die Drahthindernisse
verschwunden, die Unterstände unbrauchbar. Es gelingt rasch die noch Verschütteten
auszugraben. Die Verluste sind an Zahl nicht allzugroß. Tot sind neben dem
Zugführer 1 Unteroffizier und 3 brave Männer, verwundet insgesamt 33
Unteroffiziere und Mannschaften. Vermißt ist kein einziger, so daß der französische
Vorstoß ohne Ergebnis für den Gegner verlaufen war. Die Sturmtruppen, die er
hier eingesetzt hatte, bestanden aus jungen 24 – 25jährigen Leuten und gehörten
vermutlich einem Kommando an, das überall dort eingesetzt wurde, wo es einen
Vorstoß in den deutschen Graben galt. Die Franzosen suchten noch längere Zeit
ihre Gräben wahrscheinlich nach Verwundeten ab.
In
der Nacht selbst noch wurden die zerschossenen Gräben und Hindernisse durch ein
besonderes Kommando von 30 Pionieren so weit als möglich in Stand gesetzt, was
helfen konnte, half mit, eine böse Arbeit, die die hart mitgenommenen Kräfte
aufs neue anspannte, ohne daß die erhoffte Ruhe nach solchem Sturm einem
vergönnt ist.“
aus:
„Das Württembergische Landwehr-Inf.-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1923
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