„Morgens
6 Uhr wird die Eskadron v. Faber du Faur zu einer Erkundung mit unmit-telbarer
Unterweisung von der Division in die rechte Flanke ausgeschickt. Sie soll über
Sambotin – Turnicesti auf Voinicesti reiten. Die rumänische Front ist links und
rechts von Szurduk durchbrochen worden, rasch sind die unsrigen durch die
breite Lücke vorgerückt und stoßen schon auf Targu Jiu, indessen die
Hauptkräfte der rumänischen Armee noch in weitem Bogen hinauf bis Orsowa an der
Donau mit dem Rücken gegen uns stehen.
Um
9 Uhr sammelt sich die Division auf dem Wege Porceni – Mosneni – Sambotin und
marschiert westlich ausholend an Targu Jiu vorbei, wo lebhaft gekämpft wird,
nach Voinicesti. Dort erhält unser Regiment den Auftrag, weiter auf Ciauru
aufzuklären. Um 4.30 Uhr nachmittags treffen wir dort ein, der Ort ist frei vom
Feinde, aber das Verhalten der Bewohner, die sich sonst geradezu unangenehm
unterwürfig zeigten, ist doch verdächtig. Patrouillen, die weiter vorstoßen,
finden zunächst alles frei, eine Feldwache unter Leutnant Frhr. v. Gemmingen
(Max) wird an den Nordeingang des nächsten Dorfes Balacesti vorgeschoben.
Sicherungen werden auch gegen den Jiul aufgestellt, wir sind der vorderste Teil
in dem Rumänenland, die Infanterie kämpft noch mehrere Kilometer weiter nördlich
bei Targu Jiu. Am Abend hört man plötzlich in der Nähe heftiges Infanteriefeuer
aus östlicher Richtung, die Infanterie scheint noch im Vorrücken. Gleichzeitig
fängt es mal wieder an in Strömen zu regnen. Reitende Patrouillen, von der
Division an den Jiul entsandt, verlieren sich in der finstern Nacht und kommen
in dem Sumpfgelände nicht weiter. Daher immer noch keine klaren Nachrichten vom
Feinde. Eine Husarenpatrouille ist eben von Süden durch Balacesti
zurückgekommen und meldet dem Regiment beim Durchmarsch, daß alles frei sei, da
kommt Leutnant v. Sydow von seiner Erkundung zurück. Er ist mitten in Balacesti
angerufen worden, hat einem Kerl aus nächster Entfernung ins Gesicht geleuchtet
und einen rumänischen Jäger mit seiner Lammfellmütze erkannt. Darauf wurde es
sofort lebendig und von allen Seiten fielen Schüsse, er kam aber noch glücklich
heraus. Kurz danach traf Leutnant d. R. Mauser ein, der zur Erkundung der
Brücke bei Poiana ausgesandt worden war. Er ist auf dem Hin- und Rückweg durch
Balacesti geritten, ohne Feuer zu erhalten. Eine weitere Patrouille wird
ausgesandt, die nun Balacesti stark besetzt von feindlichen Jägern findet, die
wahrscheinlich eben erst, von Targu Jiu kommend, dort eingerückt sind.
Um
5.30 Uhr morgens wird die Eskadron v. Gemmingen als rechte Seitendeckung der
Division über Grosu – Vartu – Matasarii auf Corobaile geschickt. Das Regiment –
da die 5. Eskadron noch nicht zurück, nur zwei Eskadronen stark, und die
Maschinengewehr-Eskadron – bricht am 16. November, 7 Uhr vormittags, auf und
bekommt dicht hinter Ciauru schon die Meldung, daß eine starke feindliche
Schützenlinie von der Häuser-gruppe südlich Balacesti auf Balacesti vorgeht. Die
Schützen des Regiments in Stärke von etwa 70 (!) Mann gehen daraufhin unter
Führung von Rittmeister d. R. Umrath und Rittmeister v. Pagenhardt rechts und
links der Straße auf Balacesti vor. Der Gegner, der anscheinend nur mit
schwachen Kräften noch in Balacesti saß, ging daraufhin zurück und die Schützen
stießen bis an den Südrand des Dorfes nach. Aber ihr wißt doch noch, wie diese
rumänischen Dörfer aussahen, deren charakteristischen eins Balacesti war.
Unendlich langgezogen dehnten sich die kleinen buntbemalten alten Häuschen die
Straßen entlang, dünne Pappelstauden dazwischen. Jedes Häuschen hat seinen Zaun
– o, was hätten wir später gefroren ohne diese guten, heizbaren Zäune! – und
sein Gärtchen dahinter. Glaubt man sich endlich am Rande, dann tauchen neue
Häusergruppen auf. In den Flußtälern ist es unmöglich, zu sagen, wo ein Dorf
aufhört, wo das andre anfängt. Alles ist ein langgezogener bewohnter Strich. So
hörte Balacesti nicht auf, als wir bis zum Südrand durchgestoßen waren; auf
kaum 80 Meter vor uns lagen neue Häuser-gruppen. Von dort her verstärkte sich
der Widerstand. Die Rumänen lagen in Deckung und trafen gut. Auch
Artilleriefeuer setzte ein und fegte über die Dorfstraße.
Rechts
von uns zieht sich ein mächtiger Höhenrücken hin. Dort bei Vartu sieht man
deutlich eine Kolonne, etwa ein Bataillon, sich vorbewegen, eine weitere Kolonne
taucht dahinter auf. Links schiebt sich eine starke feindliche Patrouille den
Jiul entlang, sie scheint Umgehungsabsichten zu haben. Gegen diese entwickeln
sich unsere braven Kavalleriepioniere und die Patrouille verschwindet.
Nach
kurzer Zeit meldet Rittmeister d. R. Umrath, daß der Feind mindestens zwei
Kompagnien Verstärkung erhalten habe und dauernd nach links verlängere.
Trotzdem schätzte er den Gegner moralisch nicht hoch ein und bat um die
Erlaubnis, angreifen zu dürfen. Wenige Minuten, nachdem er die Meldung
geschrieben hatte, machte ein Kopf-schuß dem Leben dieses tapferen,
pflichttreuen und allgemein beliebten Kameraden ein Ende. Dicht neben ihm war
kurz vorher der zu den schönsten Hoffnungen berechtigende erst im Frühjahr zum
Leutnant beförderte Frhr. v. Gemmingen (Max) ebenfalls tödlich verwundet
worden. Ein schwerer Verlust für das Regiment.
In
dem völlig offenen Gelände hatten unsere Schützen schwer unter dem Flankenfeuer
der Rumänen, die vom Höhenrand in die Talebene herabschossen, zu leiden, die
Verlus-te mehrten sich auch noch durch Volltreffer der Artillerie, während die
Sprengwirkung der Granaten in dem tiefen Morast nur sehr gering war. Der Druck
des Gegners auf unsere rechte Flanke machte sich immer stärker fühlbar. Die
noch bei den Pferden befindlichen Mannschaften wurden vorbefohlen, aber wir
waren auch mit ihnen zu schwach, den Angriff weiter durchzuführen und hatten
alle Mühe, unsere bisherige Stellung zu behaupten. So wurden die Verstärkungen
schon am Dorfrand angehalten und nachdem diese rückwärtige Stellung besetzt
war, krochen die vorderen Schützen – bei dem tiefen, zähen Boden und dem
starken feindlichen Feuer keine leichte Arbeit! – ebenfalls dorthin zurück.
Allmählich wurde das Wetter unsichtiger und im Lauf des Nachmittags schlief das
Feuergefecht ein.
Gegen
Abend wurden wir vom Dragoner-Reg. 25 abgelöst und kamen nach Ciauru zurück, wo
wir in Bereitschaft lagen. Der Tag hatte uns schwere und schmerzliche Opfer
gekostet, 8 Tote und 20 Verwundete mußten gemeldet werden.“
aus: „Dragoner-Regiment
„König“ (2. Württ.) Nr. 26 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1921
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