„Wie
stand es überhaupt mit der Frage der Verluste zu dieser Zeit? Auch wir hatten
viel verloren, was bei der Art dieses Abwehrkampfes leider unvermeidlich war.
Aber unsere Truppen hatten doch noch die volle Kraft bewahrt, dem Ansturm des
Feindes standzu-halten. Wie die Verhältnisse beim Feinde lagen, darüber schreibt
ein sachkundiger Bericht aus diesen Tagen ebenso treffend wie maßvoll und
gerecht: „Es ist selbstver-ständlich schwer, auch nur annähernd die Verluste des
Gegners in dieser blutigen Schlacht abzumessen, aber es herrscht diesmal eine
seltene Einstimmigkeit in allen von dieser Front kommenden Berichten über die
riesige Dezimierung, die die englischen Bataillone in den Kämpfen der letzten
Tage erlitten haben. Unter anderem mag das einem Angriff so ungünstige Wetter
ein Grund für diese Tatsache sein; die Ancre-schlacht ist mit Recht als eine
„Schlacht im Schlamme“ bezeichnet worden. Das aufge-weichte Gelände, wo man von
Granatloch zu Granatloch bei jedem Schritte tief in die einem Morast ähnliche
Erde einsinkt, muß das Vorkommen der englischen Infanterie ganz außerordentlich
verzögert haben und dadurch unseren sorgsam behüteten Maschi-nengewehren ein
umso längeres Ziel für ihre gefürchtete Tätigkeit gegeben haben. Bei einem
derartigen Einsatz von Menschenmaterial mußte die englische Heeresleitung um
jeden Preis einen Sieg, ja einen Durchbruch erzwingen, wenn anders nicht die
Gesamt-heit ihrer Aktion trotz des Geländegewinnes zu einer schweren Niederlage werden
sollte.“ Es war in der Tat eine schwere Niederlage geworden. Sogar ein
englisches Blatt, der „Observer“, schrieb über diese Lage: „Unmerklich war eine
ganz veränderte Lage geschaffen worden. Der Feind hat besser als je gekämpft –
so bewunderungswürdig gekämpft mit Mut und Verstand, daß wir wirklich hoffen,
daß es fernerhin kein ober-flächliches Getratsch über die vermeintliche
Demoralisierung und den gebrochenen Mut des Feindes geben wird. Statt gebrochen
zu sein, hat sich seine Moral ganz im Gegenteil von der rauhen Erschütterung,
die wir ihr zwischen Juli und Oktober versetzt haben, wieder voll erholt. Es
wird für den Verband nicht nur keinen Durchbruch, noch sonst etwas derartiges
dieses Jahr im Westen geben, sondern zwischen jetzt und Weihnachten wird auch
keine ausgedehnte Zurücknahme der deutschen Linien zwischen Arras und Noyon
stattfinden. So wird das Geringste, was man im Oktober als glänzendes und
schwerwiegendes Ende des gegenwärtigen Feldzuges erhofft hatte, nicht erreicht werden.““
aus: „Der
Krieg 1914/19 in Wort und Bild“ Band 2, Leipzig ohne Jahr
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