„1915/16
hatten wir keinen richtigen russischen Winter kennen gelernt, dies blieb uns
1916/17 nicht erspart. Der Januar hatte schon in seinem zweiten Teil Kältegrade
bis zu 29 Grad Celsius und reichlich Schnee gebracht, aber der eigentliche
Winter sollte nach Aussagen der Landeseinwohner erst im Februar und in der
ersten Hälfte des März sein grimmiges Gesicht zeigen. Es war auch so. Im
Februar nahm die Kälte zu, um am 24. die Höhe von 37 Grad Celsius zu erreichen
und erst in der zweiten Hälfte des März (am 17. März noch 22 Grad Celsius)
langsam abzuflauen.
Die
Schneisen, welche vom Landw.-Inf.-Reg. 107 durch den Sumpfwald geschlagen waren
und jetzt eine ausgezeichnete Verbindung nach der Stellung und hinter der Front
darstellten, waren in ihren Anfängen geknüppelt. Sie mußten aber weiter gebaut
werden, um auch in der nassen Zeit Wert zu haben. Außer einem einzigen Wege,
welcher über eine Sanddüne nach dem Brückenkopf von Wygonoschtschi führte, war
nicht einer ohne zahlreiche Sumpfstellen. Am schlimmsten stand es beim III.
Bataillon (Die Sachsen hatten seither Lebensmittel, Munition und Materialien
nach dem Brückenkopf von W. fahren, bei Nacht auf Kähne verladen und durch den
Kanal über den dort 4 Kilometer breiten See nach ihren völlig abgeschnittenen
zwei Kompagnien nördlich des Sees verbringen müssen. Um diesem Übelstande
abzuhelfen, hatten sie eine 12 Kilometer lange, für Fahrzeuge und Förderbahn
geeignete Schneise – „Wettin-Schneise“ – in Angriff genommen und auf etwa 8
Kilometer fertig gebaut.)
Das
II. Bataillon hatte verhältnismäßig die besten Zufahrten, das I. hatte nur eine
einzige, die bei Tage eingesehen war und auch bei Nacht gefährdet war, da sie
hinter dem Brückenkopf entlang führte. Mit Gehwegen in der Stellung war es
ebenso übel bestellt. Am rechten Flügel ließen die stellenweise trockenen
Waldstellen einen leidlichen Verkehr zu. In der Mitte der Stellung führte in
gedeckter eingegrabener, aber bei Tage unter russischem Feuer liegender Weg,
der Sumpfhofweg. Er machte am meisten Arbeit, da er entweder vom Schnee oder
vom Sand zugeweht wurde oder die Böschungen bei Beschießung oder infolge der
Witterungseinflüsse zusammenstürzten.
Außerdem
führten zwei Fußwege nach der 5 Kilometer langen Stellung des I. Batail-lons,
der Theniuspfad, schlecht und gefährlich, und die Kniebreche, welche mit runden
Birkenhölzern geknüppelt 3 Kilometer weit durch niederen Birkenwald sich
hin-schlängelte und ihrem Namen alle Ehre machte. (Sumpfhofweg 1380 Meter lang,
Theniuspfad 1200 Meter lang.)
Die
Stellungswege entlang des Kanals waren sämtlich mit Knüppeln belegt, die stets
wiederherstellungsbedürftig waren, da das Holz durchgetreten wurde oder faulte.
Die Stellungsarbeiten waren mannigfach. Die im Durchschnitt kleineren Sachsen
hatten eine für uns Schwaben zu niedere Brustwehr angelegt, der weiche
Sumpfboden gab vermut-lich infolge der Belastung durch Baumstämme und Boden
allmählich nach, wir mußten daher fast überall die Brustwehr erhöhen. Mit den
Unterkünften, welche bis zum Brückenkopf einschließlich in die Brustwehr
eingebaut waren und von da ab hinter der Brustwehr standen, war es ähnlich. Wir
konnten in ihnen nicht aufrecht stehen und mußten sie, soweit es möglich war,
abändern. Die freistehenden leicht gebauten Hütten waren gegen Wind und Wetter
zu wenig geschützt; sie wurden von uns verstärkt, da bei dieser Winterkälte das
Heizen allein nicht genügte. In der Nähe des Ofens verkohlten wir fast und in einiger
Entfernung bekamen wir Eisbeine.“
aus:
„Das 1. Württ. Landsturm-Infanterie.-Regiment Nr. 13 im Weltkrieg 1915–1918“,
Stuttgart 1920
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