Mittwoch, 22. Februar 2017

22. Februar 1917


„1915/16 hatten wir keinen richtigen russischen Winter kennen gelernt, dies blieb uns 1916/17 nicht erspart. Der Januar hatte schon in seinem zweiten Teil Kältegrade bis zu 29 Grad Celsius und reichlich Schnee gebracht, aber der eigentliche Winter sollte nach Aussagen der Landeseinwohner erst im Februar und in der ersten Hälfte des März sein grimmiges Gesicht zeigen. Es war auch so. Im Februar nahm die Kälte zu, um am 24. die Höhe von 37 Grad Celsius zu erreichen und erst in der zweiten Hälfte des März (am 17. März noch 22 Grad Celsius) langsam abzuflauen.
Die Schneisen, welche vom Landw.-Inf.-Reg. 107 durch den Sumpfwald geschlagen waren und jetzt eine ausgezeichnete Verbindung nach der Stellung und hinter der Front darstellten, waren in ihren Anfängen geknüppelt. Sie mußten aber weiter gebaut werden, um auch in der nassen Zeit Wert zu haben. Außer einem einzigen Wege, welcher über eine Sanddüne nach dem Brückenkopf von Wygonoschtschi führte, war nicht einer ohne zahlreiche Sumpfstellen. Am schlimmsten stand es beim III. Bataillon (Die Sachsen hatten seither Lebensmittel, Munition und Materialien nach dem Brückenkopf von W. fahren, bei Nacht auf Kähne verladen und durch den Kanal über den dort 4 Kilometer breiten See nach ihren völlig abgeschnittenen zwei Kompagnien nördlich des Sees verbringen müssen. Um diesem Übelstande abzuhelfen, hatten sie eine 12 Kilometer lange, für Fahrzeuge und Förderbahn geeignete Schneise – „Wettin-Schneise“ – in Angriff genommen und auf etwa 8 Kilometer fertig gebaut.)
Das II. Bataillon hatte verhältnismäßig die besten Zufahrten, das I. hatte nur eine einzige, die bei Tage eingesehen war und auch bei Nacht gefährdet war, da sie hinter dem Brückenkopf entlang führte. Mit Gehwegen in der Stellung war es ebenso übel bestellt. Am rechten Flügel ließen die stellenweise trockenen Waldstellen einen leidlichen Verkehr zu. In der Mitte der Stellung führte in gedeckter eingegrabener, aber bei Tage unter russischem Feuer liegender Weg, der Sumpfhofweg. Er machte am meisten Arbeit, da er entweder vom Schnee oder vom Sand zugeweht wurde oder die Böschungen bei Beschießung oder infolge der Witterungseinflüsse zusammenstürzten.
Außerdem führten zwei Fußwege nach der 5 Kilometer langen Stellung des I. Batail-lons, der Theniuspfad, schlecht und gefährlich, und die Kniebreche, welche mit runden Birkenhölzern geknüppelt 3 Kilometer weit durch niederen Birkenwald sich hin-schlängelte und ihrem Namen alle Ehre machte. (Sumpfhofweg 1380 Meter lang, Theniuspfad 1200 Meter lang.)
Die Stellungswege entlang des Kanals waren sämtlich mit Knüppeln belegt, die stets wiederherstellungsbedürftig waren, da das Holz durchgetreten wurde oder faulte. Die Stellungsarbeiten waren mannigfach. Die im Durchschnitt kleineren Sachsen hatten eine für uns Schwaben zu niedere Brustwehr angelegt, der weiche Sumpfboden gab vermut-lich infolge der Belastung durch Baumstämme und Boden allmählich nach, wir mußten daher fast überall die Brustwehr erhöhen. Mit den Unterkünften, welche bis zum Brückenkopf einschließlich in die Brustwehr eingebaut waren und von da ab hinter der Brustwehr standen, war es ähnlich. Wir konnten in ihnen nicht aufrecht stehen und mußten sie, soweit es möglich war, abändern. Die freistehenden leicht gebauten Hütten waren gegen Wind und Wetter zu wenig geschützt; sie wurden von uns verstärkt, da bei dieser Winterkälte das Heizen allein nicht genügte. In der Nähe des Ofens verkohlten wir fast und in einiger Entfernung bekamen wir Eisbeine.“


aus: „Das 1. Württ. Landsturm-Infanterie.-Regiment Nr. 13 im Weltkrieg 1915–1918“, Stuttgart 1920

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