„Die
Artillerie beschoß auf unser Ansuchen hin nach Kräften die vermuteten
feindlichen Batterien und Artilleriebeobachtungsstellen. Im Laufe der schweren
feindlichen Be-schießung waren die durch Remenauville führenden Laufgräben und
die vordere Stel-lung stark zusammengeschossen. Die Verbindung zwischen dem
Gefechtsstand des I. Batl. und den vorderen Kompagnien war von 4 Uhr
nachmittags ab nur durch unsere hervorragend tapferen Meldeläufer, welche um
Remenauville herum den feindlichen Feuerriegel durchdrangen, aufrecht zu
erhalten und fiel zu gewissen Zeiten ganz aus.
Auch
nach rückwärts war die telephonische Verbindung zwischen den Stäben zeitweise
durch das feindliche Feuer unterbrochen und wurde in schwierigem Dienst durch Läuferketten
ersetzt. Feindliche Flieger leiteten das Feuer auf uns und erkundeten zeit-weise
seine Wirkung.
5.45
Uhr nachmittags schickte der Kompagnieführer der 4. Komp., Leutnant d. L. Dürr,
Meldung, daß unsere Stellung sehr stark beschädigt, der Kompagnieführerunterstand
durch Volltreffer verschüttet und nur ein schmaler Schacht offen sei; die
Besatzung – auch der Kompagnieführer – sei durch Oxydgas erkrankt; durch
Anwendung des Sauerstoffapparates seien bis jetzt schwerere Erkrankungsfälle
behoben worden. Diese Meldung traf trotz des anhaltenden lebhaften Feuers auch
Umwegen durch beherzte Läufer 7.15 Uhr abends auf dem Bataillonsgefechtsstand
ein.
Als
von dem in der zweiten Linie befindlichen Regimentsbeobachtungsoffizier
gemeldet wurde, daß auch das Drahthindernis vor Abschnitt Remenauville
beschossen werde, ordnete das Regiment für alle Teile die höchste
Gefechtsbereitschaft und das Vorziehen der Reserve-Maschinengewehre in die
vorbereiteten Maschinengewehrstände an und hielt die Artillerie behufs rechtzeitiger
Abgabe des Sperrfeuers auf dem Laufenden mit den Vorgängen.
Das
vor dem Abschnitt eingebaute Starkstromhindernis war durch das feindliche Feuer
zerstört und deshalb unwirksam. Von 7 Uhr abends ab war ganz Remenauville und
Umgebung in Rauch gehüllt; rings herum krachten die feindlichen Granaten.
Mann
hatte von rückwärts den Eindruck, also ob vorne nichts mehr am Leben sein
könne.
In
dieser kritischen Zeit ist der Feind – wie sich nachher feststellen ließ –
unter dem Schutze einer Feuerglocke an der Grenze zwischen 2
Kompagnieabschnitten, bei A 2 a und b überraschend in unseren Graben
eingedrungen, solange die durch das stunden-lange starke Feuer wie betäubte
Besatzung in den noch erhalten Unterständen fest-gehalten war. Infolge des
Rauches und des Lärms der krachenden Geschosse war von der Nachbarbesatzung das
Vorgehen der Franzosen nicht wahrgenommen worden.
Unsere
Verluste durch die andauernde Beschießung und dem darauf folgenden feindlichen
Einbruch waren: Offizierstellvertreter (Vizefeldwebel) Ullrich und 6 Mann tot,
9 Mann verwundet, 1 Offizier (Dürr) und 6 Mann gaskrank, 4 Mann vermißt
(gefangen). Unter den Vermißten war auch der tapfere Wehrmann Bräuninger (2.),
der trotz des starken Feuers immer wieder vom Unterstand auf die Brustwehr
sprang und zu beobachten versuchte.
Die
Gefangennahme einer Stollenbesatzung hat Vizefeldwebel Herrmann durch
Heraus-springen und Angriff auf den bis an den Stolleneingang vorgedrungenen
Feind verhin-dert und ihn zum schleunigen Rückzug – von ihm und seiner Leute
Feuer verfolgt – gezwungen. Hierbei hat sich auch Unteroffizier Ilg besonders
ausgezeichnet. Einige Kisten Sprengmunition hatten die Franzosen auf der Flucht
zurückgelassen. Vizefeld-webel Herrmann, der, als er die Gefahr erkannt, sofort
eine gelbe Leuchtkugel abge-schossen hatte zum Zeichen, daß der Feind angriff,
erhielt für sein umsichtiges und tapferes Verhalten das E. K. I.
Wenn
auch das feindliche Eindringen in die Stellung und die Verluste sehr
beklagens-wert waren, so muß doch der Grabenbesatzung des I. Batls. und ihren
Führern für ihr tapferes Verhalten und Aushalten im stärksten feindlichen Feuer
volles Lob gespendet werden. Abgeschnitten durch Feuer und Rauch nach den
Seiten und nach rückwärts war sie nach stundenlangem Ausharren in feindlicher
Beschießung ganz auf sich selbst angewiesen. Die nächsten Nachbarabschnitte –
selbst beschossen – hatten das Vorgehen des Feindes nicht beobachten können.
Unser Artilleriesperrfeuer setzte ein, als die Franzosen schon wieder auf dem
Rückzug waren.
Die
Stellung sah am folgenden Morgen übel aus und mußte mit Einsetzung aller Kraft
ganz aufgebaut werden; die meisten Unterstände waren durch die schweren feindliche
Granaten eingedrückt, die Gräben vielfach eingeebnet, das Hindernis stark
beschädigt.“
aus:
„Das Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 478 und seine Stammtruppen
Brigade-Ersatz-Bataillone Nr. 51, 52, 53 und Ersatz-Infanterie-Regiment Nr.
51“, Stuttgart 1924
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