„Etwas früher als wir angenommen hatten, war am 9. April der
erwartete Angriff der Engländer an der Arrasfront losgebrochen. Die dort recht
beträchtlichen Anfangserfolge unserer Gegner hatten bei der geringen Entfernung
dieses Frontabschnitts natürlicher-weise eine Gefährdung unseres Abschnitts zur
Folge. Besonders unangenehm war es, daß die feindliche Angriffsrichtung
unmittelbar in unsere Flanke, ja sogar in unseren Rücken führte. Es galt für
die 27. Division, sorgsam auf der Hut zu sein, wenn auch zwischen der
angegriffenen Front und der unsrigen 2 – 3 Divisionsbreiten lagen und
herangeführte Reserven bei Arras zunächst dem Feinde ein weiteres Vordringen
ver-wehrten. Jeden Augenblick konnte aber eine Verbreiterung der feindlichen
Angriffsfront in Richtung Cambrai frontale Angriffe auf die Division zur Folge
haben oder weiterer feindlicher Geländegewinn vor Arras nach Osten hin ein
Eingreifen der Division nach der rechten Flanke erforderlich machen. Die
Tatsache, daß vor den Gräben des Regi-ments und seiner Nachbarn – rechts 220.
Division, links Regiment 124 – bis zum 9. April noch kaum ein feindlicher
Infanterist, geschweige denn ein feindlicher Graben zu erblicken war, ließ uns
zunächst die Gefahr der Verbreiterung etwas unglaubhaft er-scheinen. Am 10.
April, 5.45 Uhr vormittags, griff nach etwa einstündiger heftiger
Feuervorbereitung ein englisches Bataillon, das bei Nacht unauffällig in den
vielen Hohlwegen vor unserer Front bereitgestellt worden war, bei Bullecourt
an. Es gelang ihm, da unsere vorgeschobenen Posten und Patrouillen sich im
Trommelfeuer in die hinter einem Hang liegenden Gräben hatten zurückziehen
müssen, überraschend vor unserem Drahthindernis aufzutauchen. Unser gut
liegendes und rechtzeitig einsetzendes Artilleriefeuer, sowie wohlgezieltes
Infanterie- und Maschinengewehrfeuer der sofort kampfbereiten Grabenbesatzung
riß große Lücken in die anstürmenden Reihen der Engländer, die, bald das
Aussichtslose ihres Tuns einsehend, schleunigst zurückfluteten. Sieben
Engländer, die größtenteils verwundet im Drahthindernis liegen geblieben wa-ren,
wurden als Gefangene geborgen; sie verschafften uns durch ihre Aussagen wichtige
Aufschlüsse über die feindlichen Absichten und die Truppenverteilung. Ein neues
Kampfmittel, der sogenannte Gasminenwerfer, das unsere Gegner hier zum ersten
Male in Anwendung brachten, verursachte leider beim Regiment, besonders bei
seinem I. Bataillon, einen bedeutenden Ausfall an Gastoten und Erkrankten. Da
unsere Leute fremd dieser Waffe gegenüberstanden, wußten sie sich in der
Mehrzahl nicht in der richtigen Weise gegen ihre verheerende Wirkung zu
schützen. Die Abwehr des eigent-lichen Infanterieangriffs kostete uns fast keine
Verluste.“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „Kaiser Wilhelm, König von Preußen“ (2. Württemb.) Nr.
120 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1922
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