„Am 31. März löste das I. Bataillon Res.-Reg. 119 das
II./Res.-Reg. 121 in Noreuil ab und übernahm die Sicherung der
Siegfriedstellung. Der 1. April verlief ruhig. Nichts deutete auf eine
Erneuerung der Angriffe hin. Aber die Stellung hatte sich seit dem Verluste von
Lagnicourt bedeutend verschlechtert. Die 3. und 4. Komp., die in Noreuil
standen, waren im Süden gefährlich umfaßt. Wie ein Eckpfeiler sprang das Dorf
scharf in die englische Linie vor. Ein Angriff war daher sehr wahrscheinlich,
aber schien doch nicht unmittelbar bevorzustehen. Die Gefahr drohte auch mehr
von Süden her, wo Hohlwege Anschleichen und Massierung des Gegners
begünstigten. Am 2. April, morgens 5.15 Uhr setzte überraschend heftiges
Trommelfeuer auf der Linie Ecoust – Noreuil ein, das besonders schwer auf der
Höhe zwischen den beiden Dörfern lag. Eine Viertelstunde später begann der
Angriff, der zunächst im frontalen Feuerkampf abgewiesen wurde, dem Angreifer
blutige Verluste und starke Einbuße an Gefangenen brachte. Leutnant d. Res. Eisenhardt,
der in Noreuil die Führung hatte, meldete den günstigen Verlauf des Gefechtes.
Schon schien der Angriff zu stocken. Da brachen 5.45 Uhr neue Schützenwellen
vor. Die deutsche Artillerie steigerte ihr Sperrfeuer. Die Verbindungen der
Feuerlinie rissen ab. Kurz nach 6 Uhr meldeten grüne Leuchtkugeln auch südlich
Noreuil die Not der Infanterie. Mit aller Macht stieß der Gegner vor. Noch
hielt das I. Batl. seine ganze Stellung. Da strömte plötzlich deutsche
Infanterie aus Ecoust-St. Mein zurück. Dort war dem Feind der Einbruch gelungen
und er drückte nun zur Umfassung ausholend nach Süden. Die Lage des I. Batl.
war aufs höchste gefährdet. Schon drangen die Engländer über die Höhe nördlich
Noreuil. Im Dorfe entspannen sich wilde Nahkämpfe. Leutnant d. Res. Steinhilber
fiel im Nahkampf, Leutnant Eisenhardt durch den Kopf geschossen. Die
Dorfbesatzung wehrte sich mit Erbitterung, aber die Übermacht erdrückte sie.
Was nicht getötet wurde, fiel in Gefangenschaft. Schon stießen die Engländer
über Noreuil hinaus. Von den Beobachtungsposten der Artillerie sah man sie
vorstürmen. Um 6 Uhr 30 morgens war Ecoust und Noreuil verloren.
Durch Leichtverwundete, die zurückströmten, erhielt der
Vorpostenkommandeur die widersprechendsten Meldungen. Die Lage war noch ganz ungeklärt,
als die beiden Dörfer schon verloren waren. Am Bahndamm fing die 2. Komp. unter
Leutnant Calwer den englischen Stoß auf, am Hohlweg östlich Noreuil brachte
Leutnant Malblanc mit Resten der 1., 3. und 4. Komp. den Gegner zum Stehen,
wurde aber in seiner ausgesetzten Lage von Maschinengewehren im Süden stark
flankiert, so daß seine Stellung bald unhaltbar werden mußte. Um 9 Uhr 45 trat
die 2. Komp. nach starker Feuervorbereitung zum Sturm auf die Höhe nördlich
Noreuil an, trieb die Engländer zurück und grub sich ein. Am Mittag war der
Angriff verebbt. Es trat Ruhe ein. Aber das I. Batl. war zerschlagen. Es hatte
fast die Hälfte seines Bestandes eingebüßt, 22 Tote, 66 Verwundete und 149
Vermißte meldete es am Abend dem Regiment. Mehrere hundert Engländer waren beim
ersten Ansturm in die Hände der 1. und 3. Komp. gefallen. Aber auf dem
Rücktransport geriet der Zug in englisches Maschinengewehrfeuer, das die
eigenen Landsleute rücksichtslos niedermähte. 89 Gefangene kamen zurück,
darunter 4 Offiziere. Noch am Abend des 2. April wurde das I. Batl. abgelöst
und zurückgezogen, um seine gelichteten Reihen aufzufüllen. Vierzehn Tage lang
hatten die Vorposten eine ganze australische Division aufgehalten und in
hartnäckigen Kämpfen zerrieben.“
aus:
„Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg
1914–1918“, Stuttgart 1920
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