Sonntag, 2. April 2017

2. April 1917 (Sonderbeitrag)

Auf Wunsch der Angehörigen, Familie Schöllhorn, Rot an der Rot:






„Am 31. März löste das I. Bataillon Res.-Reg. 119 das II./Res.-Reg. 121 in Noreuil ab und übernahm die Sicherung der Siegfriedstellung. Der 1. April verlief ruhig. Nichts deutete auf eine Erneuerung der Angriffe hin. Aber die Stellung hatte sich seit dem Verluste von Lagnicourt bedeutend verschlechtert. Die 3. und 4. Komp., die in Noreuil standen, waren im Süden gefährlich umfaßt. Wie ein Eckpfeiler sprang das Dorf scharf in die englische Linie vor. Ein Angriff war daher sehr wahrscheinlich, aber schien doch nicht unmittelbar bevorzustehen. Die Gefahr drohte auch mehr von Süden her, wo Hohlwege Anschleichen und Massierung des Gegners begünstigten. Am 2. April, morgens 5.15 Uhr setzte überraschend heftiges Trommelfeuer auf der Linie Ecoust – Noreuil ein, das besonders schwer auf der Höhe zwischen den beiden Dörfern lag. Eine Viertelstunde später begann der Angriff, der zunächst im frontalen Feuerkampf abgewiesen wurde, dem Angreifer blutige Verluste und starke Einbuße an Gefangenen brachte. Leutnant d. Res. Eisenhardt, der in Noreuil die Führung hatte, meldete den günstigen Verlauf des Gefechtes. Schon schien der Angriff zu stocken. Da brachen 5.45 Uhr neue Schützenwellen vor. Die deutsche Artillerie steigerte ihr Sperrfeuer. Die Verbindungen der Feuerlinie rissen ab. Kurz nach 6 Uhr meldeten grüne Leuchtkugeln auch südlich Noreuil die Not der Infanterie. Mit aller Macht stieß der Gegner vor. Noch hielt das I. Batl. seine ganze Stellung. Da strömte plötzlich deutsche Infanterie aus Ecoust-St. Mein zurück. Dort war dem Feind der Einbruch gelungen und er drückte nun zur Umfassung ausholend nach Süden. Die Lage des I. Batl. war aufs höchste gefährdet. Schon drangen die Engländer über die Höhe nördlich Noreuil. Im Dorfe entspannen sich wilde Nahkämpfe. Leutnant d. Res. Steinhilber fiel im Nahkampf, Leutnant Eisenhardt durch den Kopf geschossen. Die Dorfbesatzung wehrte sich mit Erbitterung, aber die Übermacht erdrückte sie. Was nicht getötet wurde, fiel in Gefangenschaft. Schon stießen die Engländer über Noreuil hinaus. Von den Beobachtungsposten der Artillerie sah man sie vorstürmen. Um 6 Uhr 30 morgens war Ecoust und Noreuil verloren.
Durch Leichtverwundete, die zurückströmten, erhielt der Vorpostenkommandeur die widersprechendsten Meldungen. Die Lage war noch ganz ungeklärt, als die beiden Dörfer schon verloren waren. Am Bahndamm fing die 2. Komp. unter Leutnant Calwer den englischen Stoß auf, am Hohlweg östlich Noreuil brachte Leutnant Malblanc mit Resten der 1., 3. und 4. Komp. den Gegner zum Stehen, wurde aber in seiner ausgesetzten Lage von Maschinengewehren im Süden stark flankiert, so daß seine Stellung bald unhaltbar werden mußte. Um 9 Uhr 45 trat die 2. Komp. nach starker Feuervorbereitung zum Sturm auf die Höhe nördlich Noreuil an, trieb die Engländer zurück und grub sich ein. Am Mittag war der Angriff verebbt. Es trat Ruhe ein. Aber das I. Batl. war zerschlagen. Es hatte fast die Hälfte seines Bestandes eingebüßt, 22 Tote, 66 Verwundete und 149 Vermißte meldete es am Abend dem Regiment. Mehrere hundert Engländer waren beim ersten Ansturm in die Hände der 1. und 3. Komp. gefallen. Aber auf dem Rücktransport geriet der Zug in englisches Maschinengewehrfeuer, das die eigenen Landsleute rücksichtslos niedermähte. 89 Gefangene kamen zurück, darunter 4 Offiziere. Noch am Abend des 2. April wurde das I. Batl. abgelöst und zurückgezogen, um seine gelichteten Reihen aufzufüllen. Vierzehn Tage lang hatten die Vorposten eine ganze australische Division aufgehalten und in hartnäckigen Kämpfen zerrieben.

aus: „Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920




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