„Das Regiment befand sich am linken Flügel der Division;
rechts war ihm das Regiment 127, links eine preußische Division benachbart. Der
eigene Abschnitt war in drei Unterabschnitte eingeteilt, die von je einem
Bataillon besetzt waren. Hierbei wurden die drei Dörfer als Vorpostendörfer von
je einer Kompagnie besetzt, zwei Kompagnien befanden sich in der eigentlichen
Stellung und eine Kompagnie war in Ruhe in Eschen am Wald. Obwohl es bei Tage
nicht möglich war, zu den vorgeschobenen Kompagnien zu gelangen, und diese
selbst sich nur schwer bei Tage bewegen konnten, wollten die Leute nicht
abgelöst werden. Ein Zeichen für die Kampfesfreudigkeit des jungen Regiments!
Und leicht hatten sie es da vorne nicht. Dem Feind war nicht zu trauen; ständig
mußte das Selleufer abpatrouilliert werden, die große Ausdehnung jedes
Kompagniebereichs erforderte viele Posten und daneben galt es tüchtige Arbeit
zum Ausbau der wenig den neuesten Erfahrungen entsprechenden Stellung zu
leisten. So mußten Stützpunkte in großer Zahl ausgehoben, neue
Maschinengewehrnester angelegt und Hindernisse gezogen werden. Auch der Bau von
Feld- und Förderbahnen war dringend nötig, denn weither mußte das Baumaterial
gebracht werden.
Die Kriegführung war nicht sehr lebhaft. Man paßte gegenseitig
auf, ob der andere nichts Böses im Schilde führe; man war manchmal schlecht
aufgelegt und erwiderte feindliches Feuer mit einem Feuerüberfall, aber sonst
ließ man sich in Ruhe. Die Kräfte waren beiderseits zu sehr in Anspruch
genommen, um den Ausbau der Stellung zu fördern, als daß man viel Zeit und Lust
zu größeren Kämpfen gehabt hätte. Die Erkundung der feindlichen Stellung bot
infolge des Hindernisses der über ihre Ufer getretenen Selle große
Schwierigkeiten, so daß man in der Hauptsache auf Beobachtung angewiesen war.
Und dazu saßen an allen Ecken und Enden kleine Beobachtungsposten, die so rasch
als möglich alles Gesehene durch das Telephon übermittelten. Lohnende Ziele
erhielten dann den Gruß der Artillerie. In dieser Beziehung waren wir dem
Franzosen gegenüber etwas im Nachteil. An der Bahnlinie Château Salins – Delm,
die im Rücken unserer Stellung nur etwa 6 – 8 Kilometer vom Feinde entfernt in
vollem Betrieb war, war zwischen Kolters und Eschen eine Weiche angebracht, die
für die Abzweigung von Materialzügen bestimmt war. Aus technischen Gründen
mußte die „Kriegsweiche“ an einem der feindlichen Beobachtung ausgesetzten
Punkt angebracht werden. Wohl war dieser Platz wie auch die ganze von Kolters
zur Weiche führende Straße durch Masken geschützt; allein der Franzose war sehr
neugierig und sah uns bei guter Sicht stets mit seinen Fesselballonen in unser
Treiben hinein. Sah er dann Bewegung, so sandte er sofort seine eisernen Grüße.
Da jedoch der Materialtransport in der Hauptsache bei Nacht geschah, so waren diese
Grüße hier auch häufiger und unangenehmer. An der „Kriegsweiche“ hatte das
Regiment seinen ersten Toten zu beklagen.“
aus:
„Das Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 475 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921
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