„Das Regiment war am westlichen Ufer des oberen Stochod auf
dem rechten Flügel der Division eingesetzt. Vom Wald südöstlich Kisielin zog
sich die Stellung in 5 Kilometer Luftlinie und etwa 7 Kilometer Grabenlinie
nordwärts bis an den Podblociebach, geteilt in die Unterabschnitte A Nord und A
Süd, die bald die heimatliche Benennung Aalen-Nord und -Süd erhielten und in
sieben Kompagnieabschnitte zerfielen. Der Bataillonsgefechtsstand von Aalen-Süd
lag im Kloster Kisielin, von Aalen Nord im „Bataillonswädchen“ der
Regimentsgefechtsstand zunächst in Twerdyn. Rechts lag ein Jägerbataillon der
Nachbardivision, links im Abschnitt „Bruchsal“ Landwehr-Inf.-Reg. 121, weiter links
im Abschnitt „Cannstatt“ Landwehr-Inf.-Reg. 126. Hier am oberen Stochod war im
Sommer 1916 Brussilows Massenangriff durch General v. Linsingens Gegenstoß zum
Stehen gekommen. Überall erinnerten alte Schützenlöcher an die schweren Kämpfe.
Allerorten las man an den mit hellschimmerndem Birkenreis Einzel- und
Massengräbern die Namen der ruhenden Helden vom X. Armeekorps. Mancher
Kompagnieabschnitt hatte seinen Soldatenfriedhof. Das schlichte Holzkreuz
zierte ein verwitterter Helm mit preußischem Adler. Auch den namenlosen Gegner
hatte der deutsche Sieger geehrt. „Hier liegt ein tapferer Russe“ las man auf
dem russischen Kreuz mit dem doppelten Querbalken.
Die russische Stellung lag 800 – 1000 Meter entfernt auf dem höher
gelegenen Ostufer des Stochod. Nur gegenüber dem rechten und linken Flügels des
Regimentsabschnittes hatten die Russen zwei Feldwachen auf 600 – 400 Meter
Entfernung über den Fluß vorgeschoben. Die Stellung des Regiments lag in ebenem
Wald- und Sumpfgelände. In der ersten Verteidigungslinie machte fast überall
der sumpfige Untergrund es unmöglich, tiefere Gräben auszuheben; mit
Rasenstücken, Balken und Erde mußte vielmehr aufgesetzt werden. Brust-
Schulter- und auch Rückenwehren waren fast durchweg zu steil und gegen
Artilleriefeuer zu schwach und nieder, die Gräben waren zu eng. I der zweiten
und dritten Linie waren nur zum Teil Gräben vorhanden, zum Teil waren sie
trassiert und im Stangengerippe bezeichnet. Die Hindernisse waren durchlaufend
aus Stacheldraht, jedoch streckenweise in Sumpf versunken. Die Unterstände
waren als Blockhütten aus Baumstämmen,
frei oder in den Boden gelassen, gebaut und kaum als splittersicher
anzusprechen.
Zwischen A 1 und 2 war auf 700 Meter freies, halbsumpfiges
Gelände; die Jägerinsel, besetzt mit einigen Gruppen und M.-G., sperrte diese
Lücke. Hinter ihr vermittelte ein schmaler Laufsteg den von feindlichen
Baumschützen beobachteten Verkehr. Eine Blende verdeckte den Einblick. Im
ganzen Abschnitt war der Boden derart mit Wasser vollgesogen, daß viele
Kilometer lang Holzroste und Laufstege gelegt waren, damit man sich in dunklen
Nächten zurechtfinden konnte. Zum verteidigungsfähigen Ausbau der Stellung wurden
vor allem die Hindernisse ausgebessert, die Brustwehr verstärkt, desgleichen
die Unterstände und die Verbindungs- und Annäherungswege instand gesetzt. In
Aalen-Süd waren drei Kompagnien mit je zwei Zügen in vorderster Linie
eingesetzt, eine Kompagnie befand sich als Reserve in Kisielin in einem
schußsicheren Keller, ferner waren 4 leichte Minenwerfer, 8 Granatwerfer und 1
Grabengeschütz eingesetzt. In Aalen-Nord waren vier Kompagnien mit je zwei
Zügen in vorderer Linie. Als Bataillonsreserve waren sechs Gruppen
herausgezogen und der Pionierzug Schuler; 10 M.-G. waren im Abschnitt, 3 als
Bataillonsreserve in der Brennerei aufgestellt, außerdem im Abschnitt 4 leichte Minenwerfer, 16 Granatwerfer.
Bei dem russischen Gegner herrschte seit der Absetzung des Zaren
halbe Waffenruhe. Wir hatten Befehl, zurückhaltend zu sein und nur bei
lohnenden Zielen zu schießen und als Vergeltung Kampfhandlungen und
Unternehmungen zu machen. Die russische Infanterie war des Krieges satt; bei
Nacht war sie ängstlich auf der Hut, nicht überrascht zu werden. Aus Furcht
hiervor schossen die Russen nachts blindlings drauflos; eine Leuchtkugel, eine
Patrone, eine Handgranate folgte der anderen.“
aus:
„Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1922
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