„10 Uhr abends traf ein Divisionsbefehl ein, der einen
Gegenangriff am 4. Mai morgens anordnete. Hierzu sollten im 1. Graben je 1
Stoßtrupp von 123 und 124 mit Flam-menwerfern vorgehen, um in dieser Linie die
Verbindung herzustellen und alles andere dadurch abzuschneiden. 1 Uhr nachts
traf I. Res.-Inf.-Regt. 15 ein, das zwischen Rien-court und Cagnicourt
bereitgestellt wurde. 4.45 Uhr vormittags begann nach kurzer aber kräftiger
Artillerievorbereitung der Gegenangriff. In beiden Gräben ging es anfangs gut vorwärts,
250 Meter waren zurückgewonnen, je näher aber die Flammenwerfer an die
Einbruchsstelle herankamen, desto mehr verstärkte sich der Widerstand. Außerdem
versagte die Wirkung dieser Waffe, da ein Graben als Anlehnung fehlte und der
in den Trichtern verteilt liegende Feind zu viel Angriffspunkte bot. Minen und Gewehrgranaten hielten die
Stoßtrupps soweit ab, daß Handgranaten wirkungslos blieben. Jetzt trat auf beiden Seiten eine kurze Pause
mit verhältnismäßiger Ruhe ein. Die Reste der 9./124, deren Führer, Leutnant d.
R. Beck, vermißt war, wurde in die Katakombe nach Rien-court gezogen. Gegen 4
Uhr nachmittags stieß der Gegner erneut mit starken Kräften vor und dehnte sich
bei beiden Regimentern auf die am Morgen innegehabte Stellung aus. Der sofort
angesetzte Gegenstoß, an dem sich die in Riencourt befindlichen Teile von
Res.-Inf.-Regt. 15 beteiligten, warf den Gegner wieder zurück. 5.45 Uhr
nachmit-tags nahmen die Engländer wieder die Stellungen, auch verstärkten sie
ihre Bemühun-gen, auf Riencourt Boden zu gewinnen. Dieser Ort sollte das Ziel
des ersten Kampftages sein, sie hatten auch am zweiten noch keine Aussicht, es
zu bekommen. Vorläufig verhinderte unser Feuer aus C 4 und 5 und dem Calwer
Graben, sowie die Artillerie jedes Vordringen. 7.50 Uhr abends war beim
Regiment C 1 – 3 in beiden Linien ver-loren, beim rechten Nachbar die ganze
vordere Linie. 8.30 Uhr abends fiel durch M.-G.-Schuß der Führer der 12.
Kompagnie, Leutnant d. R. Gundermann. Allmählich spitzte sich aber die Lage zu,
die abgekämpfte Truppe büßte Stunde für Stunde mehr von ihrer Widerstandskraft
ein, auch die Artillerie, die Tag und Nacht durchgefeuert hatte, begann zu
ermatten, das Material stand an der Grenze der Höchstleistung. Noch einmal galt
es an diesem Tag, alle Kräfte anzuspannen, 10.30 Uhr abends sollte ein großer
Gegenangriff stattfinden, hierzu waren am Nachmittag zur Verfügung gestellt
worden II. Lehr-Inf.-Regt. und 2 Bataillone Res.-Inf.-Regt. 98. Bis 10 Uhr
abends hatte die Artil-lerie ein ruhiges Störungsfeuer zu unterhalten, von 10 –
10.30 Uhr abends sollte sie es steigern und es mit Beginn des Angriffs
vorverlegen. Von der Artillerieschutzstellung hatten vorzustoßen
II./Lehr-Inf.-Reg. rechts, I. Bataillon 98 links, den Cannstatter Gra-ben sollte
das Regiment selbst wieder nehmen. Auch dieser Angriff glückte infolge starker
feindlicher Gegenwirkung nicht. Gegen 2 Uhr vormittags war es einem Sturm-trupp
von 123 und 124 gelungen, im vordersten Graben Fühlung zu bekommen, das Gelände
konnte aber nicht behauptet werden.“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „König Wilhelm I“ (6. Württ.) Nr. 124 im Weltkrieg
1914–1918ׅ, Stuttgart 1921
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen